Hamburg: „Querdenken“-Orga-Ebene mit AfD-„Flügel“

Hamburgs Innenbehörde hat bundesweit den ersten Verfassungsschutzbericht des Jahres vorgelegt. AfD-Aktivisten der Gruppierung „Der Flügel“ mischen auf Organisationsebene bei den Protesten gegen Corona-Maßnahmen mit. Verantwortliche und Initiatoren der Corona-Leugner bezeichnet Hamburgs Verfassungsschutzchef Torsten Voß als Verfassungsfeinde, die als Verdachtsfall beobachtet werden.

Mittwoch, 31. März 2021
Horst Freires

Namentlich benannt werden „Querdenken 40“ und „Hamburg steht auf“. Schnittmengen gibt es neben dem AfD-„Flügel“-Anteil dabei auch mit Aktivisten aus den Reihen der früheren „Merkel muss weg“-Demonstrationen, die dann fortan ihren Namen in „Michel wach endlich auf“ änderten. Ferner sind bei den Corona-Protesten Kräfte aus dem Reichsbürger-Milieu anzutreffen.

NPD mit eigenem Parteiorgan

Unter erstmaliger Einrechnung von 40 „Flügel“-Angehörigen der AfD stieg das Personenpotenzial zum Rechtsextremismus von 330 auf insgesamt 380. Davon wird 120 Personen eine Gewaltbereitschaft attestiert. Die offiziell erklärte „Flügel“-Auflösung seitens der AfD sieht der Verfassungsschutz nur als taktisches Manöver. In der Elbmetropole wird der Bezirksverband Mitte zum „Flügel“-Lager der Partei gerechnet.

Auf Parteiebene dümpelt zudem die NPD mit unverändert 110 Mitgliedern und somit als bundesweit zweitkleinster Landesverband vor sich hin. Unter der Regie von Lennart Schwarzbach fährt man laut Verfassungsschutz einen Oppositionskurs gegen den NPD-Bundesvorstand. Somit sei es auch nicht verwunderlich gewesen, dass im Vorjahr als Antwort auf das offizielle Parteiorgan „Deutsche Stimme“ in der Hansestadt „Stimme Deutschlands“ unter Schwarzbach-Verantwortung herausgegeben wurde.

Drohschreiben gegen Senatsmitglieder

Unter Beobachtung bleibt die stramm rechte Burschenschaft Germania, die ihr Klageverfahren auf angeblich rechtswidrige Nennung im Verfassungsschutzbericht 2019 mit Entscheidung vom 25. Januar 2021 vor dem Oberverwaltungsgericht verloren hat. Knapp zehn Prozent der Reichsbürger bilden Überschneidungen mit dem Rechtsextremismus. Insgesamt wurden 175 Reichsbürger gezählt und damit zehn mehr als im vorhergehenden Berichtsjahr. Trotz Verbot des Vereins „Geeinte Deutsche Völker und Stämme“ vor einem Jahr durch das Innenministerium sind einzelne Mitglieder mit Drohschreiben gegen einige regierende Senatsmitglieder in Hamburg in Erscheinung getreten.

In der Statistik der politisch motivierten Kriminalität ist die Zahl der Delikte, die dem Rechtsextremismus zugerechnet werden, stark gestiegen. Registriert wurden 411 Fälle nach 304 ein Jahr zuvor. Angestiegen ist in diesem Zusammenhang auch die Zahl der erfassten Gewalttaten von 25 auf 34.

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