Hagida gescheitert
Gegendemonstranten haben in Hannover am Montag etwa 200 Pegida-Anhänger blockiert. Das Publikum des rechten Aufmarsches war durchwachsen und reichte vom CDU-Rechtsaußen bis zur militanten Neonazi-Szene.
Eins zu hundert: Knapp 20 000 Menschen protestierten in der niedersächsischen Landeshauptstadt gegen Fremdenfeindlichkeit und den Aufmarsch von Hagida, den örtlichen Ableger der Pegida-Bewegung. Weil über 1000 Anti-Rechts-Aktivisten den Zug der Islamfeinde nach wenigen Metern aufhielten, brach Hagida die Kundgebung vorzeitig ab.
Vor allem aus den Reihen der rechtspopulistischen Wählervereinigung „Die Hannoveraner“ versammelten sich auf dem Steintorplatz. Immerhin war mit Friedemann Grabs ein „Die Hannoveraner“-Abgeordneter in der Regionsversammlung als Redner angekündigt gewesen. Ein älterer Mann reckte ein Holzkreuz empor. Und auch CDU-Ratsherr Kurt Fischer nahm teil. Sogar ein Hagida-Sympathisant mit Regenbogen-Fahne fand sich ein. Wie die „Hannoversche Allgemeine“ berichtete, sei ein Mitglied des Organisationsteams „stark in der rechtsextremen Szene verwurzelt“. Anmelder Olaf S. engagiere sich für die „Identitäre Bewegung“. AfD-Funktionärin Anette Schultner hatte ihren eigentlich geplanten Rednerauftritt bereits im Vorfeld abgesagt. Von den „Hannoveranern“ fand Kevin Schumann den Weg zur Hagida-Demo, ebenso wie Siegfried Schmitz, Aktivist der „German Defence League“.
Neonazis greifen Pressevertreter an
Nachdem zu der bis dahin recht friedlich verlaufenen Hagida-Demo rund 30 Neonazis und rechtsextreme Hooligans gestoßen waren, eskalierte die Situation mehrmals. Die teilweise angetrunkenen Rechtsextremisten standen dicht an dicht mit den Gegendemonstranten, versuchten immer wieder zu ihnen durchzubrechen. Viele der Rechten waren vermummt – einer gar mit einer Sturmhaube. Eine geworfene Glasflasche verfehlte einen Polizeibeamten und einen Fotografen nur knapp. Auch der Hitlergruß wurde gezeigt.
Als Wortführer der Gruppe gewalttätiger Neonazis fungierte Ronny Damerow, der auch selbst mit einem Regenschirm auf Fotografen losging. Nachdem zwei Aktivisten durch die Polizeikette, die die Neonazis von den Gegendemonstranten trennte, gelangten, griffen sie auch gleich einen Pressevertreter an, beschädigten die Ausrüstung. „Kameraden“ versuchten, die anschließende Festnahme zu verhindern, prügelten auf behelmte Beamte ein. Polizisten ermahnten Fotografen und Kameraleute immer wieder, nicht zu „provozieren“ und einen Sicherheitsabstand einzuhalten. Offenkundig hatten die Beamten mit den Gewalttätern von Rechtsaußen nicht gerechnet.
Hagida-Anhänger mit „Support 81“-Mütze
Die Neonazis kamen überwiegend aus dem Umfeld der verbotenen Kameradschaft „Besseres Hannover“ und der rechtsextremen Fußball-Fanszene von Bundesligist Hannover 96. Auch aus dem Umland waren Rechtsextremisten angereist, so etwa mehrere Anhänger der militanten Kameradschafts-Szene aus dem Landkreis Schaumburg sowie der ehemalige Kopf der „Kameradschaft 73 Celle“ Dennis Bührig. Einer der Hagida-Leute bekannte sich auch zum kriminellen Rockerclub „Hells Angels“: „Support 81“ war auf seiner Mütze zu lesen. Direkt neben ihm stand Hannovers NPD-Chefin Christina Krieger, die sich sonst mit Gleichgesinnten an weniger belebten Orten trifft. Für die monatlichen Stammtische genügt der Partei in Hannover meist ein Tischchen in einem Schnellimbiss im Stadtteil Mittelfeld.
Insgesamt nahm die Polizei vier Rechtsextremisten fest, leitete Verfahren wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigung, versuchter Gefangenenbefreiung und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ein. „Solange ihr uns hasst, haben wir alles richtig gemacht!“ war auf der Jacke eines Festgenommenen zu lesen.
Im Hauptbahnhof geleitete die Polizei kleinere Neonazi-Gruppen zu den Gleisen. Als Hagida-Anhänger Migranten anpöbelten, schritten die Beamten umgehend ein. Auch hier hatte die „Deeskalation“ oberste Priorität: Die Beleidigten wurden von den Polizisten aufgefordert, sich zu entfernen.
Für kommenden Montag hat sich Pegida in Niedersachsens zweitgrößter Stadt Braunschweig sowie in Hameln angekündigt, ab dem 26. Januar soll dann wöchentlich in Hannover aufmarschiert werden. Der Hamelner Organisator ist offenkundig ein Rechtsextremist.