Wien
Haftstrafen für Nazi-Rap und Hass-Website
Mit hohen Haftstrafen endete am Wiener Landesgericht ein Prozess gegen den Neonazi-Rapper Philip H. sowie dessen Bruder, der die Hetz-Website „Judaswatch“ betrieben hatte. Die beiden Rechtsextremen wurden zu zehn bzw. vier Jahren Haft verurteilt.
Die beiden Männer aus der Gemeinde Pternion im Süden Österreichs wurden wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung zu zehn Jahren (für die neonazistische Musik) bzw. vier Jahren Haft (für das Betreiben einer Website zur Diffamierung politischer Feinde) verurteilt. Die zahlreichen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Wien gegen die Brüder Philip und Benjamin H. wurden in einer zwei Stunden dauernden Lesung von den acht Geschworenen und einem Richtersenat abgearbeitet.
Die Verlesung dutzender Songtexte des NS-Rappers war aufgrund der Akustik im Schwurgerichtssaal kaum verständlich, einzelne Fetzen waren aber durchaus ausreichend, um einen Eindruck zu gewinnen: „Ihr seid Untermenschen“, “wir bleiben das Volk, das 1933 salutiert hat“ oder „Adolf ist zurück, jetzt wird in Deutschland wieder scharf geschossen.“
Durch Hausdurchsuchung auf Bruder gestoßen
Zwischen 2016 und 2019 hatte Philip H. als „Mr. Bond“ neonazistischen Rap online verbreitet. Er hatte nicht nur bekannte Hits in rechtsextremer Form umgetextet. Manche seiner Lieder waren Hymnen auf rechtsextreme Massenmörder. So widmete er dem Attentäter von Christchurch ein Lied, in dem er diesen heilig sprach. Gleich ein ganzes Album benannte er nach dem Neonazi, der in Pittsburg 2018 bewaffnet eine Synagoge stürmte.
Philip H. hatte den Behörden zufolge seinen Lebensunterhalt über Spenden für seine Musik generiert. Das dafür genutzte Spendenkonto wurde dem Rechtsextremen schließlich zum Verhängnis. Über seinen Paypal-Account wurde der Mann von der Polizei schließlich ausfindig gemacht. Erst die Hausdurchsuchung bei Philip H. machte die ErmittlerInnen auf seinen Bruder Benjamin und dessen Tätigkeiten aufmerksam.
Nur zentrale Anklagepunkte zugegeben
Die bestand darin – von 2016 bis 2020 – eine Website namens „Judaswatch“ zu betreiben, auf der er eigenen Angaben zufolge „Traitors of White“ listete. Politisch unliebsame Menschen wurden dort mit Fotos, Webauftritten und Kontaktdaten „präsentiert“. Jahrelang versuchten die Betroffenen dagegen vorzugehen und fast ebenso lang war es den Behörden unmöglich, dem Betreiber der Website habhaft zu werden.
Die beiden Angeklagten bekannten sich in den zentralen Anklagepunkten schuldig, weigerten sich aber gegenüber dem Gericht, weitere Angaben zu machen. Während sich der seit einem Jahr inhaftierte Philip H. bereits am ersten Tag für seine Taten entschuldigte, nutzte Benjamin H. erst das Abschlussplädoyer am zweiten Tag, um etwas verklausuliert bekanntzugeben, dass er seine Meinung geändert haben will: „Negative Aktionen fördern immer Negatives. In diesem Sinne tut es mir auch leid, was ich getan habe.“
Dem scheinen die Geschworenen und das Gericht jedoch nicht sehr viel Glauben geschenkt zu haben. Und selbst innerhalb ihrer neonazistischen Online-Fangemeinschaft wurde die Entschuldigung der Angeklagten kritisiert. Eine Telegram-Userin postete: „Jeder, der Mr.Bond kennt weiß, dass solch eine Entschuldigung nur erfunden sei kann.“
Indes hält sich in der extremen Rechten die Solidarität mit dem seit über einem Jahr in Untersuchungshaft sitzenden Rapper nach außen in Grenzen. Nur ganz wenige, so etwa die deutsch-kanadische Holocaust-Leugnerin Monika Schäfer, bekundete ihre Solidarität mit dem österreichischen Neonazi. Vor Ort waren abgesehen von dem Video eines Bannerdrops („Free Mr. Bond“) darüber hinaus keine Zeichen der Unterstützung wahrnehmbar.
Rechtskraft hat das Urteil gegen die beiden Brüder allerdings noch nicht. Innerhalb der nächsten Tagen erst wird sich entscheiden, ob die Verteidigung oder die Staatsanwaltschaft Revision beantragen wird.