Haftstrafe ohne Bewährung

Neonazi-Rocker zu 13 Monaten Gefängnis verurteilt – die Richterin spricht ihm eine günstige Sozialprognose ab.

Dienstag, 13. November 2012
Horst Freies

Geht es nach dem Amtsgericht in Neumünster, muss Alexander H. eine 13-monatige Haftstrafe antreten. Er gilt als eine schillernde Figur in der Neonazi-Rockerszene. Das jetzt ergangene Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, da der verurteilte 32-Jährige noch Berufung dagegen einlegen kann.

Der fast drei Monate währende Prozess endete nun mit einer Verurteilung in nahezu allen Anklagepunkten. Lediglich der Aspekt des illegalen Waffenbesitzes (Stahlrute) wurde fallen gelassen. In drei Fällen ging es darum, dass H. heimliche Tonmitschnitte von Gesprächen mit Polizeibeamten sowie mit der heutigen schleswig-holsteinischen Landtagsabgeordneten der Piratenpartei, Angelika Beer, angefertigt und dann verbunden mit eigenen Kommentaren ins Internet gestellt haben soll.

Beim Vorspielen der Aufnahmen hatten mehrere Zeugen und Betroffene die Stimme des Angeklagten wiedererkannt. Ferner wurde H. vorgeworfen, auf seiner Facebook-Seite für kurze Zeit das verbotene Emblem eines Totenschädels der 3. SS-Panzerdivision zur Schau gestellt zu haben. H.s Verteidiger behauptete zu diesem Punkt, dass es sich um einen Fake-Account unbekannter Herkunft gehandelt habe, der mitnichten von H. stamme. Bei den illegalen Mitschnitten räumte er lediglich die Tat beim Gespräch mit der Politikerin Beer ein. In der Betrachtung der rechtlichen Einordnung nannte der Rechtsanwalt M. das zur Anklage geführte Delikt allenfalls einen „Dummen-Jungen-Streich“. Folglich forderte er einen Freispruch, allenfalls eine minimale Geldstrafe für seinen Mandanten. Die Staatsanwaltschaft wollte H. dagegen 16 Monate hinter Gittern sehen.

Einer der führenden Köpfe bei den „Bandidos“

Die Richterin sah jeweils eine Täterschaft von H. als erwiesen an. Außerdem sprach sie ihm eine günstige Sozialprognose ab. Daher könne die von ihr verhängte Haftstrafe auch nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, schilderte sie bei der Urteilsbegründung. Nach Verlesung aus dem Bundeszentralregister könnte man H. auch als einen Intensivtäter sehen, finden sich dort doch mehr als 20 Verurteilungen, wobei etliche gesetzliche Verfehlungen wie im aktuellen Fall zusammen verhandelt und abgeurteilt wurden.

Im Chapter der im April 2010 vom Innenministerium Schleswig-Holstein verbotenen „Bandidos Neumünster“ war H. einer der führenden Köpfe. In der Vergangenheit wurden ihm im Zusammenhang mit einem Anschlag auf den jüdischen Friedhof in Neustadt/H. Verbindungen zum rechtsextremen Zirkel „Combat 18“ nachgesagt. Wie im Vorjahr in Neumünster gab es auch seinerzeit eine Hausdurchsuchung bei ihm. Dass H. in der Neonazi-Anlaufstelle „Club 88“ in Neumünster, für die Christiane Dolscheid seit nunmehr 16 Jahren eine Konzession besitzt, ein- und ausgeht, gilt nach wie vor. Zuletzt wurde er dort Ende September bei einer Gegendemonstration gesehen.

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