Aufruf zum Totschlag

„Hängt die Grünen!“ - Funktionäre des Dritten Weg verurteilt

Klaus Armstroff, stellvertretender Vorsitzender der neonazistischen Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ und Karl-Heinz Statzberger, stellvertretender Landesvorsitzender Bayern, wurden heute wegen Volksverhetzung und der Aufforderung zum Totschlag verurteilt – sie waren verantwortlich für „Hängt die Grünen!“-Plakate im Bundestagswahlkampf.

Dienstag, 25. Oktober 2022
Tina Maier
Die Dritte Weg-Kader Klaus Armstroff und Karl-Heinz Statzberger mussten sich heute vor Gericht verantworten.
Die Dritte Weg-Kader Klaus Armstroff und Karl-Heinz Statzberger mussten sich heute vor Gericht verantworten.

Gegenstand der Verhandlung am Münchner Amtsgericht waren Wahlplakate zur Bundestagswahl im September 2021. Diese Plakate trugen prominent den Schriftzug „Hängt die Grünen!“ und waren an insgesamt 20 Stellen in München, in Oberschleißheim sowie in Roding und Cham in der Oberpfalz positioniert – in München unter anderem vor dem ehemaligen Parteibüro der Grünen und in der Nähe der Synagoge am Sankt-Jakobs-Platz.

Dass die Plakate in wesentlich kleinerer Schriftgröße den Zusatz trugen, dass sich das „Grün“ auf die Parteifarbe des „Dritten Wegs“ beziehen sollte, wurde von den meisten Zeug*innen nicht bemerkt. Sie behielten lediglich den Slogan und allenfalls noch das Partei-Emblem im Gedächtnis. Mitglieder der Grünen, die die Plakate gesehen hatten, berichteten von ihrer großen persönlichen Betroffenheit angesichts des Aufrufs zur Gewalt. Sie seien schockiert gewesen und hätten sich bedroht gefühlt.

Notizen von Zeug*innen gemacht

Beide Angeklagten wollten sich vor Gericht nicht selbst äußern. Parteivize Armstroff diffamierte aber die im Gerichtssaal anwesenden Fotograf*innen vor Prozessbeginn als „Schmeißfliegen“ und Statzberger, der auch Leiter des „Stützpunkts München/Oberbayern“ ist, machte sich einige Notizen, vor allem wenn Zeug*innen ihre Personalien vortrugen.

Szeneanwältin Nicole Schneiders, die Klaus Armstroff vertrat, deutete an, dass dieser, obwohl er als Verantwortlicher auf den Plakaten stand, vielleicht nichts über Inhalt, Herstellung und Verteilung der Plakate gewusst habe. Dem mochte sich das Gericht nicht anschließen. Zu weit hergeholt sei diese Vermutung, da Armstroff zu diesem Zeitpunkt noch Bundesvorsitzender der Partei war. Es sei undenkbar, dass eine solche Wahlkampagne ohne „Wissen, Wollen und Billigung“ des Parteivorsitzenden stattfände – noch dazu bei einer so kleinen Partei mit einer überschaubaren Zahl an Mitgliedern. Die Behauptung sei ein „untauglicher Versuch, sich aus der Verantwortung zu stehlen“.

Richter sieht andere Bewertungen als „nicht nachvollziehbar“ an

Karl-Heinz Statzbergers Anwalt, Andreas Wölfel, der wie Schneiders schon einige prominente Rechtsextreme verteidigt hat, zweifelte an, dass Statzberger auf den von der Partei selbst veröffentlichten Fotos, die ihn beim Plakatieren zeigten, eindeutig erkennbar gewesen sei und er argumentierte, dass mit „die Grünen“ nicht nur Parteimitglieder, sondern alle Personen gemeint sein könnten, die sich für Umweltschutz engagieren – also auch Aktivist*innen von Fridays for Future, Greenpeace, der ÖDP etc. Mithin sei der Kreis der Betroffenen nicht eingrenzbar. Auch diesen Argumenten wollte der Richter nicht folgen. Statzberger sei anhand seiner Statur eindeutig erkennbar und im Wahlkampf-Kontext seien sicher die grüne Partei und ihre Mitglieder gemeint gewesen und nicht andere Öko-Aktivist*innen.

Statzberger und Armstroff auf der Anklagebank am Amtsgericht München
Statzberger und Armstroff auf der Anklagebank am Amtsgericht München

Die rechtliche Würdigung anderer Gerichte in Zwickau und Chemnitz, wonach Plakate dort nicht zu entfernen gewesen seien, nannte der Richter „abseitig“, „abwegig“ und „nicht nachvollziehbar“.

Freiheitsstrafe für Statzberger

Der Staatsanwalt forderte für Armstroff eine Geldstrafe in Höhe von 170 Tagessätzen zu 50 Euro und für Karl-Heinz Statzberger, der zahlreiche einschlägige Vorstrafen hat, eine Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung wegen Volksverhetzung und der Aufforderung zum Totschlag. Nicole Schneiders und Andreas Wölfel forderten Freisprüche für ihre Mandanten.

Klaus Armstroff wurde schließlich zu 140 Tagessätzen zu 50 Euro verurteilt. Ihm hielt der Richter zugute, dass er nicht vorbestraft ist. Bei Karl-Heinz Statzberger sah er – anders als der Staatsanwalt – keine positive Sozialprognose und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Anwalt Wölfel kündigte bereits an, für seinen Mandanten in Berufung gehen zu wollen.

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