Gewalttätige Übergriffe auf dem Chemnitzer Stadtfest bringen Security-Firma und Fußball-Fanszene in die Diskussion

An einem rechtsextrem motivierten Hintergrund der gewalttätigen Übergriffe auf dem Chemnitzer Stadtfest (28./29.8.) besteht nach Aussage von Juliane Wetendorf und André Löscher von der Chemnitzer Opferberatung RAA kein Zweifel. Mehrere Opfer hätten ausgesagt, von einer marschierenden Gruppe von 30-40 Personen erst verbal, dann körperlich attackiert worden zu sein und erstatten nun Anzeige.

Mittwoch, 23. September 2009
Hanka Kliese
Die Angreifer wurden der Bekleidung und den Äußerungen nach der Neonaziszene zugeordnet. Sie entstammten „speziell der Chemnitzer Fußballfangruppe NS“, sagen die Vertreter der Opferberatung. Die Aussage, es habe sich um Fußballfans gehandelt, bestätigte auch eine Sprecherin der Polizei in der „Jungen Welt“. Mitglieder der NS (New Society) gelten nach Aussagen des CFC-Sprechers Sven-Uwe Kühn gegenüber der Frankfurter Rundschau und taz im September 2008 als gewaltbereit und rechtsextrem und wurden deshalb u.a. vom Verein mit Stadionverboten belegt. Auf dem Stadtfest hätten sie sich gezielt eine Gruppe alternativer Jugendlicher als Opfer gesucht. Für den gesamten Zeitraum des Festes kamen mehrere Angriffe dieser Art bei der Opferberatung zur Meldung, einige Attacken fanden direkt auf dem Gelände statt, andere außerhalb. Für den Sicherheitsdienst sollte nach Aussage von Juliane Wetendorf sichtbar gewesen sein, „dass sich eine große zusammenhängende Gruppe gewaltbereiter Personen über das Gelände des Stadtfestes bewegte.“ Das bringt die auf dem Stadtfest präsente Firma „Haller Security“ in die Diskussion. Diese steht in dem Ruf, Angestellte zu beschäftigen, die in der rechtsextremen Szene und/oder verfassungsfeindlichen Organisationen aktiv sind. Der Chef des „Fördervereins Chemnitzer Stadtfest“, Jürgen Rotter, sieht keinen Grund, an der jährlich gebuchten Sicherheitsfirma zu zweifeln: „Vielleicht hatten die irgendwann vor hundert Jahren Kontakt zu rechten Szene“, so schätzt er die politische Verankerung des Sicherheitsdienstes ein. Die zeitliche Dimension der Kontakte von Haller zur rechtsextremen Szene lässt sich exakter ausmachen: Vor zweieinhalb Jahren, im Februar 2007, hatte der Firmenchef Thomas Haller dem Fußballmagazin „Rund“ offenbart, Gründer der „Hoonara“ (Hooligans-Nazis-Rassisten) zu sein. Der Chemnitzer FC, für dessen Stadionsicherheit Haller bis dahin zuständig war, kündigte Haller infolge des Interviews wegen vereinsschädigender Äußerungen den Vertrag auf. Der Sächsische Verfassungsschutz hatte „Hoonara“ als rechtsextrem eingestuft. Für den Betreiber des Chemnitzer Stadtfestes und andere Institutionen war dies jedoch kein Grund, die Arbeit mit Haller zu beenden.

In Chemnitz wurden bislang noch keine Konsequenzen aus dem Vorfall gezogen. Nach Auffassung der größten Chemnitzer Tageszeitung „Freie Presse“ war der Übergriff auf dem Stadtfest entgegen der Aussagen der Opfer nicht politisch motiviert. Sie schreibt von einem „vermeintlichen Neonazi-Überfall“. Auch die „Freie Presse“ beauftragte in diesem Jahr erneut „Haller Security“ als Sicherheitsfirma für ihr großes Pressefest.
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