Geschichtsrevisionistisches Stelldichein

Unter dem Motto „Deutsche Identität. 500 Jahre nach Luther“ veranstaltet die rechtsextreme „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP) vom 25. bis 27. August ihren diesjährigen Jahreskongress mit Mitgliederversammlung.

Montag, 24. Juli 2017
Anton Maegerle

Stattfinden soll der anstehende GfP-Kongress offenbar wieder im Hotel Erfurter Kreuz (vormals Hotel Fachwerkhof) im thüringischen Kirchheim im Ilm-Kreis. Das Hotel wird seit dem Jahr 2009 maßgeblich von Rechtsextremisten für Veranstaltungen genutzt.

In Österreich sorgt aktuell ein Auftritt des FPÖ-Politikers Johannes Hübner beim letztjährigen GfP-Kongress für landesweite Schlagzeilen. Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete hatte bei seiner erst jetzt öffentlich bekannt gewordenen Rede bei der GfP antisemitisch geprägte Anspielungen geäußert. So diffamierte er Hans Kelsen, einen der „Väter“ der österreichischen Verfassung, als „Hans Kohn“. Die seit Jahrzehnten in extrem rechten Kreisen verwendete Verhöhnung von Kelsen soll auf dessen jüdische Herkunft hinweisen. In einem anderen Zusammenhang ergibt der Seitenhieb kaum erkennbaren Sinn, denn Kelsen hieß in Wahrheit nie Kohn.

Der FPÖ-Politiker Hübner sprach bei seinem GfP-Auftritt auch von einer „Umvolkung“ Österreichs durch Massenzuwanderung – ein gleichfalls in der rechtsextremen Szene geläufiger Begriff, der ursprünglich aus der NS-Ideologie stammt.

Personen aus dem rechtsextremen Spektrum zusammenführen

Die 1960 von ehemaligen SS-Offizieren und NSDAP-Funktionären gegründete „Gesellschaft für freie Publizistik“ mit Sitz in München gilt als mitgliederstärkste rechtsextreme Kulturvereinigung. Ihr gehören rund 500 Publizisten, Redakteure, Buchhändler und Verleger an. Im Mittelpunkt der geschichtsrevisionistisch geprägten GfP stehen die Relativierung der Kriegsschuld, die „Ausländerfrage“ und die Meinungsfreiheit für die „nationale Publizistik". Von der GfP veranstaltete Kongresse dienen dazu, Personen aus dem rechtsextremen Spektrum zusammenzuführen und den organisationsübergreifenden Zusammenhalt zu stärken.

Referenten der diesjährigen GfP-Tagung im August sind unter anderem die pensionierten  Bundeswehroffiziere Gerd Schultze-Rhonhof und Alfred Zips, der  Düsseldorfer Szene-Anwalt Björn Clemens, der Buchautor Mario Kandil und der ehemalige FPÖ-Europaabgeordnete Andreas Mölzer.

Björn Clemens, GfP-Vorstandsmitglied und unter anderem bekennender Burschenschafter („Rheinfranken Marburg“) spricht über „Deutsche Identität im Jahre 500 nach Luther“. Bis zu seinem Parteiaustritt im Dezember 2006 war Clemens stellvertretender Bundesvorsitzender der Republikaner.

Der gebürtige Rheinländer Kandil referiert über „Die deutsche Frage von 1949 – 1989. Ringen um Wiedervereinigung und Wahrung der nationalen Identität“. Kandil greift regelmäßig für die „Deutsche Militärzeitschrift“ (DMZ), „Deutschland in Geschichte und Gegenwart“ (DGG) und die österreichischen Blätter „Die Aula“ und „Neue Ordnung“ zur Feder.

Verbale Entgleisungen des einstigen FPÖ-Chefideologen

Bundeswehrgeneral a. D. Schultze-Rhonhof, seit langen Jahren publizistisch und als Referent in geschichtsrevisionistischen Zusammenhängen aktiv, äußert sich über „Deutsche Politik und Tradition“.

Der „deutschbewusste"“ Österreicher, Grazer Corpsstudent und Herausgeber der von ihm gegründeten Wochenzeitung „Zur Zeit“ Mölzer referiert zu „200 Jahre Wartburgfest, 200 Jahre freiheitliche Werte“. Der einstige FPÖ-Chefideologe sorgte zuletzt 2014 mit verbalen Entgleisungen für Schlagzeilen. So verglich Mölzer die EU mit dem Dritten Reich. Die EU sei eine Diktatur, dagegen „das Dritte Reich wahrscheinlich formlos und liberal“ gewesen. Außerdem meinte Mölzer, die EU müsse sich fragen, ob sie ein „Negerkonglomerat“ sei, beherrscht von einer „Bande von Lobbyisten“.

Den Huttenpreis 2017 soll der in Kanada ansässige Publizist James Bacque (Jg. 1929) erhalten. Bacque, dessen Bücher auch beim einschlägigen Verlag Pour le Merite (Verlagskomplex von Dietmar Munier) erschienen sind,  behauptet in seinen Machwerken, die US-Amerikaner hätten nach 1945 den Tod deutscher Kriegsgefangener bewusst herbeiführen wollen und der „Morgenthau-Plan“ sei von diesen zielstrebig weiter angestrebt worden. Die Laudatio auf Bacque hält Oberstleutnant a.D. Alfred Zips. Zips war vormals Vorstandsmitglied des revanchistischen „Witikobundes“ und  Regionalbeauftragter der extrem rechten „Deutschland-Bewegung“.

„Schriftleiter“ von FPÖ-naher Zeitschrift

An der Spitze der GfP amtiert seit dem Juni 2010 der aus Franken stammende Burschenschafter Martin Pfeiffer. Pfeiffer, „Schriftleiter“ der FPÖ-nahen Monatszeitschrift „Die Aula“ (Graz), ist laut Vereinsregisterauszug seit Jahren Vorsitzender des NS-apologetischen „Kulturwerks Österreich"“ (Landesgruppe Kärnten). Im März 2016 nahm er an einer Veranstaltung der politischen Stiftung Europa-Terra-Nostrum teil, die der rechtsextremen „Alliance for Peace and Freedom" (APF) nahesteht. In der APF ist auch die NPD auf europäischer Ebene organisiert.

Anmeldungen für die Tagung im August nimmt GfP-Vorstandsmitglied Margret Nickel im hessischen Lippoldsberg (Gemeinde Wahlsburg) entgegen. Nickel war über Jahrzehnte Bürochefin der 2009 verstorbenen Holle Grimm, vormals Gründungsmitglied und spätere GfP-Ehrenvorsitzende. Seit Grimms Tod steht Nickel als selbständige Verlegerin dem Klosterhaus-Verlag und Versand vor. Das Hauptwerk des Vaters von Holle Grimm, Hans Grimm (1875 – 1959), „Volk ohne Raum“ war in der Weimarer Republik meist verkauftes Buch. Mit dem Werk lieferte Grimm die propagandistische Formel und Rechtfertigung für die Eroberungs- und Vernichtungspolitik der NS-Diktatur.

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