Gerichtsnotorische rechte Aktivistin

Die rechtsextreme Multifunktionärin Melanie Dittmer wurde vom Amtsgericht Wetzlar wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe und Sozialstunden verurteilt.

Montag, 04. Dezember 2017
Michael Klarmann

Vorgeworfen worden war der Neonazi-Aktivistin aus dem Rhein-Sieg-Kreis, bei einem von einem NPD-Lokalpolitiker organisierten Aufmarsch gegen Ausländer und Flüchtlinge gehetzt zu habe. Unter anderem habe sie laut „Frankfurter Rundschau“ im Oktober 2016 in Wetzlar Geflüchtete mit der Pest im Mittelalter verglichen. Das Amtsgericht sah den Vorwurf der Volksverhetzung demnach als erwiesen an und verurteilte Dittmer zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, über drei Jahre ausgesetzt zur Bewährung. Die 39-Jährige aus dem Rheinland muss zudem 100 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Das Urteil soll noch nicht rechtskräftig sein.

Melanie Dittmer kann auf eine lange Karriere im rechtsextremen Spektrum zurückblicken, unterbrochen von einer Phase, in der sie als Aussteigerin galt. Derzeit firmiert sie als „Leiterin“ einer offen neonazistischen Abspaltung der „Identitären Bewegung“ (IB) namens „Identitäre Aktion“ (IA) mit Postfachanschrift in Eitdorf. Vor Jahren gehörte sie kurz dem Vorstand der „Bürgerbewegung pro NRW“ an und war kurzzeitig im Organisationsteam von „Pegida NRW“ aktiv. Wegen ihrer Radikalität und ihres Hangs zur Selbstdarstellung ging man dort indes ebenso wie bei der IB wieder auf Abstand zu ihr. Seitdem tritt sie unter anderem als Chefin der IA, als Rednerin bei Aufmärschen oder Saalveranstaltungen in Erscheinung. In Einzelfällen erteilten Behörden ihr jedoch bei öffentlichen Versammlungen per Auflagenbescheid Redeverbot.

„Größtmögliche Provokation" bei Aktionen erreichen und „ausschlachten“

Ihre „Identitäre Aktion“ war es auch, die im Frühjahr 2016 die „Halal Challenge“ propagierte. Dabei sollten Mitstreiter in Supermärkten Schweinefleisch zu „Halal“-Produkten legen, dies fotografieren und entsprechendes Bildmaterial an eine Facebook-Seite zwecks Veröffentlichung einsenden. Ebenso ging der Aufruf, Stolpersteine zum Gedenken an die von den Nazis ermordeten Juden zu schänden, auf die IA zurück. Zeitweise wurde deswegen gegen Dittmer ermittelt. (bnr.de berichtete) Sie selbst bezweifelte Mitte 2016 in einem Interview allerdings, dass diese Ermittlungen gegen sie berechtigt seien, weil sie die „Steine lediglich als Streetart-Plattform“ nutze.

Mitte 2016 hatte Dittmer bei einem Vortrag während einer rechtsextremen Tagung mitgeteilt: „Wir haben die Halal Challenge gemacht“ und auch die „Stolperstein-Aktion“. Die IA „ziehe“ derlei unter anderem mittels Facebook auch mit eigenen Profilen und Seiten so „auf“, dass andere nicht erkennen könnten, dass die IA oder sie dahinter stecke. Bei den Aktionen, etwa jener gegen die Stolpersteine des „jüdischen Künstlers“ Gunther Demnig, wollten IA und sie demnach die „größtmögliche Provokation“ erreichen, um so etwa Berichte in zahlreichen Medien zu erlangen und derlei letztlich „ausschlachten“ zu können, so Dittmer bei dem Vortrag.

Mehrfache Verurteilungen wegen Volksverhetzung und Beleidigung

In den letzten Jahren war die heute 39-Jährige in zwei Instanzen vor dem Amts- und Landgericht in Köln zu einer geringen Geldstrafe verurteilt worden, weil sie eine Polizistin beleidigt haben soll. Vor dem Amtsgericht Düsseldorf war sie 2016 unter anderem wegen Volksverhetzung und der Beleidigung von Polizisten in erster Instanz zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. (bnr.de berichtete) Ein für Mitte 2016 terminierter Prozess wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (www.bnr.de) wurde offenbar abgesagt.

Dittmer teilte seinerzeit dazu mit, der Grund sei, „weil es ein weiteres größeres Verfahren gibt wo die Gesamtstrafe höher ausfallen könnte“. Soweit bekannt ist ging und geht Dittmer gegen Urteile rechtlich vor und bemüht die jeweils nächsthöhere Instanz. Auch gegen das Urteil am Amtsgericht Düsseldorf, so schilderte sie es 2016 gegenüber der „Neuen Westfälischen“, will sie Berufung eingelegt haben. In einem Interview mit einem rechen Szeneportal sagte sie Mitte 2016, dass eine Haftstrafe sie nicht beeindrucken würde, auch wenn sie keine solche anstrebe. „Zudem würde der Staat sich mit einer Haftierung meiner Person komplett lächerlich machen. Jeder, der sich meine Reden ansieht, weiß, dass sie nicht schlimm sind“, so Dittmer seinerzeit. Das Amtsgericht Wetzlar sah dies nun anders.

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