Gericht ist sich sicher: Rechtsterroristin plante tödlichen Anschlag

Nach 17 Verhandlungstagen fällte der Strafsenat des Oberlandesgerichts München heute sein Urteil im Verfahren gegen die mittelfränkische Neonazi-Aktivistin Susanne G. und verurteilte sie wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu sechs Jahren Haft.
Der Vorsitzende Richter begann die Urteilsbegründung heute mit dem Wort „Staatsfeind“. Eins der zahlreichen Tattoos, das die 55-jährige Heilpraktikerin aus Mittelfranken auf ihrem Körper trägt, neben einem Hakenkreuz oder dem Wahlspruch der SS. Er zitierte aus den „Turner Diaries“, einer ideologischen Richtschnur für Rechtsterroristen. Die Szene sieht sich im Krieg gegen das System. Dieser Krieg sein kei Krieg mit Worten. G. hatte das Buch zumindest besessen.
Es „sei ja noch nichts passiert“
Aus dieser Haltung heraus startete sie Ende 2019 die Drohbriefserie gegen den Landrat des Landkreises Nürnberger Land und den Bürgermeister der Stadt Schnaittach, beide auch im Vorstand des Fördervereins des Jüdischen Museums Franken, sowie gegen einen Helferverein für Geflüchtete und einer türkisch-islamischen Gemeinde. Alle Drohungen, verschickt in Form von Grußkarten, deuteten Tötungsdelikte an, etwa durch die Beigabe von Munition oder direkte Anspielungen auf die Ermordung von Walter Lübcke. Die Bedrohten hätten die Botschaften ernst genommen und hätten beispielsweise finanzielle Lasten auf sich genommen, um den Eigenschutz zu erhöhen. Deshalb könne – was dem Richter wichtig war zu betonen – keine Rede davon sein, es „sei ja noch nichts passiert“.
Abfällige Bemerkungen zu bedrohten Personen
Auch wenn es an den verschickten Drohkarten keine Fingerabdrücke oder DNA-Material von ihr gab, hatte das Gericht keine Zweifel, dass sie die Karten gekauft und verschickt hatte. Ihrem Payback-Konto waren entsprechende Käufe identischer Karten zugeordnet. Sie hatte Material zu allen bedrohten Personen und Institutionen auf einem USB-Stick gespeichert und mit abfälligen Bemerkungen versehen.
Ebenfalls war das Gericht davon überzeugt, dass Susanne G. einen Bandanschlag plante und dieser unmittelbar bevorstand. Dafür sprachen vor allem die griffbereit mitgeführten Bestandteile einer Benzinhandbombe nach Anleitung im Buch „Die Autobombe“. Das Werk hatte sich die Rechtsextreme im Mai 2020 bestellt und die Anleitung dazu extra vermerkt. Alle Bauteile wie Benzin, Flaschen, Böller, Zündschnüre und Klebeband waren vorhanden und hätten jederzeit zusammengesetzt werden können. Daneben standen Gaskartuschen, die die Brandwirkung mit einer Explosion noch verstärkt hätten.
Führungsaufsicht nach Haftentlassung
Alle Erklärungen von Seiten der Verteidigung, warum sich diese Gegenstände zufällig in ihrem Auto befanden, wertete das Gericht als Schutzbehauptung und schon fast lächerlich. Zudem suchte sie im Netz nach Chemikalien, die ebenfalls häufig im Buch „Die Autobombe“ Erwähnung fanden. Der Richter war überzeugt, dass nur das Eingreifen der Polizei mit der Festnahme am 7. September 2020 einen weiteren Anschlag im Ausmaß von Hanau, Halle oder gar Christchurch verhindert habe. Er ging auch davon aus, dass Susanne G. als überzeugte Nationalsozialistin nichts von ihrer Gesinnung und Gewaltbereitschaft einbüßen würde. Nach Entlassung steht sie unter Führungsaufsicht.
Neonazis im Gerichtssaal
Mit sechs Jahren Haft folgte der Senat den Forderungen des Generalbundesanwaltes. Die Vertreter der beiden bedrohten Kommunalpolitiker hatten acht Jahre gefordert. In einer ersten Reaktion zeigten sich beiden Anwälte von beiden mit der Höhe und Begründung zufrieden. Anwalt Harald Straßner gab allerdings zu bedenken: Die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ermöglicht Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren. Wenn das Gericht überzeugt sei, dass ein Anschlag unmittelbar bevorstand, stelle sich die Frage, warum der Senat den Strafrahmen nur rund zur Hälfte ausgeschöpft habe.
Zwei Neonazis verfolgte die Urteilsverkündung im Gerichtssaal. Sie standen als Zeichen der „Ehrerbietung“ auf, als die Angeklagte aus der U-Haft vorgeführt wurde und suchten nach Ende erneut den Blickkontakt. Gegen das Urteil kann noch Revision eingelegt werden.