Geplantes Rechtsrock-Festival wird zum Fiasko
Neonazis stehen sich die Beine in den Bauch, der ursprüngliche geplante Beginn verzögerte sich um Stunden
Kurz vor 20 Uhr beendeten am Samstagabend die Organisatoren das „Rock gegen Überfremdung“ in Apolda – weniger als eine Stunde nach Beginn. Kurz zuvor war es zu massiven Ausschreitungen von Neonazis gegenüber der Polizei gekommen, dabei wurden Flaschen auf die Beamten geworfen, auch wurde versucht, einen Schleusungspunkt zu durchbrechen.
Zudem seien acht Beamte leicht verletzt worden, teilte die Polizei auf Twitter mit. Anschließend wurde mit der Räumung des Marktes begonnen, erneut kam es zu Tumulten, die Polizei Thüringen schreibt von „massiver Gegenwehr“. Wenige Minuten später musste ein Hubschrauber per Scheinwerfer Unterstützung leisten.
„Eines Tages würden sie sich wünschen, wir würden nur Musik machen...“
Zuvor hatte NPD-Funktionär Sebastian Schmidtke die Veranstaltung beendet – nicht, ohne eine wenig subtile Drohung auszusprechen: „Eines Tages würden sie sich wünschen, wir würden nur Musik machen...“. Auch Neonazi-Kader Dieter Riefling wiederholte die Aussage auf Twitter. Bei den rechtsextremen Organisatoren lagen die Nerven blank – das Wochenende endete für sie mit einem Debakel. Nachdem der erste Anlauf für das „Rock gegen Überfremdung 3“ in Mattstedt geplatzt war, machten vor allem auf Facebook rechte Festival-Gänger ihrem Unmut Luft. Immerhin 35 Euro mussten für den Eintritt berappt werden, Gerüchte machten die Runde, dass bereits Tickets im vierstelligen Bereich verkauft worden seien. Organisator Steffen Richter, der zur militanten rechtsextremen Gruppierung „Turonen“ zählt, ließ über verschiedene Kanäle die Nachricht verbreiten, dass das Neonazi-Festival nachgeholt würde. „Ihr habt uns einen Tag genommen, jetzt nehmen wir euch zwei“, lautete das Motto. Die Veranstaltung sollte auf zwei Tage ausgedehnt werden. Sowohl in Apolda als auch in Magdala wurden politische Versammlungen angemeldet, mobilisiert wurde letztendlich nach Magdala. Auf einem Feld wurde ein riesiges Zelt aufgebaut, Dutzende Dixi-Klos bereitgestellt.Etliche Strafanzeigen
Doch die 2.000 Einwohner-Gemeinde machte den Neonazis einen Strich durch die Rechnung, kurz vor Beginn am Freitagabend wurde die Zufahrt zum Gelände verwehrt, somit musste Apolda als Ausweichort herhalten. Kurzfristig wurde auf dem dortigen Markt Technik aufgebaut und drei Bands konnten vor rund 750 Neonazis spielen.
In dem riesigen Zelt in Magdala sollte das Festival ursprünglich stattfinden
Massiver Rückschlag
Ein Grund für die späteren Ausschreitungen dürfte somit auch der angestaute Frust der Neonazis gewesen sein: Neben Irrwegen quer durch das Bundesland und den teilweise gezahlten Eintrittsgeldern spielten weder Stahlgewitter noch die Lunikoff Verschwörung, und somit auch keine der „Headliner“. Ein Festival-Feeling wie in Themar oder Ostritz dürfte zu keinem Zeitpunkt aufgekommen sein.Es ist zudem das erste große Rechtsrock-Festival, gegen das die Behörden erfolgreich vorgegangen sind. Für die rechtsextreme Szene Thüringens und die Turonen im Speziellen kommt dies einem Fiasko gleich. Neben den möglicherweise Tausenden verprellten Teilnehmern bleiben die Organisatoren auch auf einem massiven Haufen Kosten sitzen, die angefallen sind. Und die ersten Ticketbesitzer verlangen bereits ihre Eintrittsgelder zurück.In #Magdala, #Kirchheim und #Apolda zeigt sich, wie #Rechtsextremismus bekämpft und #Nazikonzerten der Saft abgedreht werden kann, wenn der Wille da ist. Respekt für alle Aktiven & Beteiligten! #Thüringen
— Matthias Quent (@Matthias_Quent) 6. Oktober 2018