Studie zu AfD-Verbot
Gefahr durch AfD erheblich – laut Studie Voraussetzungen erfüllt
Im Gleichschritt mit den zuletzt stetig steigenden Umfragewerten für die AfD nimmt nun allmählich auch eine öffentliche Debatte eines Verbots der Partei Fahrt auf. Das „Deutsche Institut für Menschenrechte“ hat eine genaue Analyse der AfD-Entwicklung vorgenommen und nun eine Studie vorgelegt, die die Voraussetzungen für ein Verbot gegeben sieht.
Sich dafür stark zu machen ist in den Augen des Autors der Expertise, Hendrik Cremer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am „Deutsche Institut für Menschenrechte“, nicht nur eine Aufgabe für die politischen Entscheidungsträger, sondern für jede einzelne Person in der Gesellschaft. Dies sei geboten, weil die AfD laut Studie darauf abziele, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu bekämpfen und zu beseitigen. Für die Einrichtung ist es dementsprechend geradezu eine staatsbürgerliche Pflicht, sich gegen die AfD zu engagieren. Argumente dafür hat Cremer nun zusammengetragen.
Empfehlung: Klare Linie der Abgrenzung
Auch für den tagespolitischen Alltag mit AfD-VertreterInnen bietet die Zusammenstellung Fakten und Quellen, wenn es um die vieldiskutierte Frage des Umgangs mit der AfD in der Parlamentsarbeit und im öffentlichen Diskurs geht. Die Forderung ist dabei eindeutig: „Erforderlich ist, dass die anderen politischen Parteien auf allen Ebenen, sei es im Bund, in den Ländern oder den Kommunen eine klare Linie der Abgrenzung von der AfD praktizieren“, heißt es von Cremer. Das bedeutet: Keine gemeinsamen Anträge, keine Zustimmung für AfD-Anträge, keine Wahl von AfD-Mitgliedern für Posten.
Zu den konsequenten Handlungsgeboten zählt eine etwaige Entwaffnung basierend auf dem Waffenrecht. BeamtInnen, SoldatInnen und RichterInnen sind bei AfD-Mitgliedschaft vorbehaltlich einer Einzelfallprüfung aus dem Staatsdienst zu entlassen, lautet die Empfehlung. Rückblickend auf die Anläufe für ein NPD-Verbot vor dem Bundesverfassungsgericht ist laut aktueller Studie die Voraussetzung für ein Verbot sowohl formal als auch inhaltlich gegeben.
Fortschreitende Radikalisierung
Die AfD lasse sich mit einer fortschreitenden Radikalisierung charakterisieren, ein Prozess, der sich selbst nach Einstufung der Partei als sogenannter Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz fortgesetzt hat. Namentlich manifestiert die Studie den Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Björn Höcke, als charismatischen Wegbereiter, Strippenzieher und Verantwortlichen für eine AfD-Entwicklung hin zu einer national-völkischen Ausrichtung.
Zu beobachten ist, dass im Sprachrepertoire seitens der AfD vergleichsweise selten Begriffe aus dem Nationalsozialismus Verwendung finden. Szenecodes klingen da weniger altbacken und NS-affin. Ethnopluralistische Unterscheidungen und kulturelle Diskriminierungen von Minderheiten würden Ausgrenzung beabsichtigen und hätten bei Hervorhebung und Priorisierung einer deutschen „Leitkultur“ einen nicht minder rassistischen Hintergrund. Ganz ohne NS-Bewunderer kommt aber auch die AfD nicht aus.
Programme und Reden seziert
Hendrik Cremer hat für seine programmatische Bewertung der AfD deren Wahlprogramme der vergangenen Jahre seziert und sich das Sozialkonzept aus 2020 angesehen. Auch diverse Reden und Aussagen vom AfD-Spitzenpersonal flossen in die Betrachtung ein, mit Fokussierung auf Höcke. Spannend auch: Wie hält es die Partei mit der Gewalt? Ebenso Untersuchungsgegenstand der Studie: Die Zusammenarbeit und Vernetzung mit anderen rechtsextremen Akteuren und Gruppen.
Wichtiger Faktor in der Verbotsfrage ist die Potentialität, also die Bedeutung in der Gesamtbevölkerung bezogen auf die zu verbietende Partei. Das zweite NPD-Verbotsverfahren scheiterte 2017 unter anderem an diesem Kriterium. Die Relevanz und Stärke der AfD (Mitglieder, Mandate, Zuspruch in der Gesellschaft) ist deutlich größer. Die Studie favorisiert ein Verbot, kommt aber auch mit Argumenten, die dagegen sprechen, damit eine Abwägung stattfinden kann.
Andere Option: Staatliche Finanzen stoppen
Cremer philosophiert derweil über eine wehrhafte Demokratie, dass die Maxime ‚Wehret den Anfängen‘ bei der AfD angesichts der Stärke der Partei nach mittlerweile zehnjährigem Bestehen aktuell nicht greife. Ausdrücklich weist er für den Abwägungsprozess darauf hin, dass anstelle eines Verbotes auch der Stopp staatlicher Finanzierung beantragt werden kann.
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken gehörte im Vormonat zu den ersten Stimmen, die sich ein AfD-Verbot vorstellen konnte, erntete aber prompt Widerspruch vom Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler. Auch der Anti-Fake-News-Blog „Volksverpetzer“ reiht sich bei den Verbotsbefürwortern ein. Der linksalternative Kieler Anwalt Alexander Hoffmann spricht sich für ein AfD-Verbot aus und rennt mit dieser Meinung offene Türen bei VVN/BdA-Sprecherin Cornelia Kerth ein, die daran erinnert, dass sich kürzlich in einer Forsa-Umfrage 47 Prozent für ein AfD-Verbot aussprachen.