Gefängnisstrafe für rechtsextremen Politiker
Marian Kotleba, Vorsitzender der rechtsextremen slowakischen Partei „Ľudová strana Naše Slovensko“ ist zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das Spezialgericht für organisierte Kriminalität in Pezinok bei Bratislava hat den slowakischen Parlamentsabgeordneten und Anführer der rechtsextremen Partei „Ľudová strana Naše Slovensko“ (ĽSNS; „Volkspartei – Unsere Slowakei“), Marian Kotleba, in erster Instanz zu vier Jahren und vier Monaten Gefängnis wegen der illegalen Verwendung von Neonazi-Symbolen verurteilt.
Kotleba (Jg. 1977) wurde vom Gericht der Unterstützung einer Ideologie für schuldig befunden, die die Bürgerrechte und die Demokratie gefährde. Es ist das erste Mal, dass ein Parlamentsabgeordneter in der Slowakei zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da Kotleba Berufung eingelegt hat und das Urteil beim Obersten Gericht anfechten will. Sollte das Urteil bestätigt werden, dürfte Kotleba auch sein Abgeordnetenmandat verlieren.
Aggressive Hetze gegen Roma, Homosexuelle und Migranten
Der Anklage war ein mehr als ein Jahr dauerndes Ermittlungsverfahren von Polizei und Staatsanwaltschaft vorangegangen. Zum Jahrestag der Gründung des von Hitler-Deutschland abhängigen slowakischen Marionettenstaates am 14. März 1939 hatte Kotleba im Jahr 2017 Spendenschecks mit der symbolischen Summe von 1.488 Euro an bedürftige Familien verteilt. Die Zahlenkombination, meist 14/88 geschrieben, gehört zu den einschlägigen Neonazi-Codes.
Die LSNS will die Mitgliedschaft der Slowakei in der Europäischen Union und der NATO beenden, versprüht Hass auf die Eliten in Bratislava und Brüssel und hetzt aggressiv gegen Roma, Homosexuelle und Migranten. Die rechtsextreme Partei verherrlicht den einst mit NS-Deutschland verbündeten Slowakischen Staat und fordert nach eigenen Angaben die Errichtung eines „neuen slowakischen Ständestaats auf nationaler, christlicher und sozialer Basis“.
17 Sitze im slowakischen Parlament
Bei der Parlamentswahl im Februar war die Partei mit 7,97 Prozent viertstärkste politische Kraft des Landes geworden. Die LSNS zog im Jahr 2016 erstmals in das slowakische Parlament ein und hat derzeit 17 der insgesamt 150 Sitze im Parlament in Bratislava und zwei Sitze im Europäischen Parlament inne.
Kotleba war bereits Anführer der 2006 verbotenen „Slowakischen Gemeinschaft – nationale Partei“ („Slovenska pospolitost – Narodna Strana“; SP); der bislang einzigen Partei, die seit der slowakischen Unabhängigkeit verboten wurde. Mitglieder der 1995 gegründeten SP traten häufig bei ihren Aufmärschen in schwarzen Uniformen auf, die an den slowakischen Ständestaat (1939-1945) erinnern. Die ĽSNS wurde von Kotleba nach dem Verbot der Vorgängerpartei SP im Februar 2010 gegründet.
Mehrfach private Patrouillen in Zügen organisiert
2013 sorgte ĽSNS für Aufsehen, als Kotleba bei den Regionalwahlen zum Gouverneur des Bezirks Banska Bystrica gewählt wurde. 2016 lieferte die ĽSNS erneut Schlagzeilen. Mehrfach hatte die rechtsextreme Partei private Patrouillen in Zügen organisiert, nachdem über einen Raubüberfall durch einen Roma-Angehörigen berichtet worden war. Im Oktober des Jahres wurden die „Eisenbahnwachen“ dann vom Parlament verboten.
In einem Interview mit dem NPD-Parteiorgan „Deutsche Stimme“ im Oktober 2017 führte Kotleba auf die Frage nach „außerparlamentarischen Aktivitäten bezüglich der öffentlichen Sicherheit“ aus, dass die Patrouillen ins Leben gerufen wurden, „als die Polizei sich als unfähig erwies, Zuggäste wirkungsvoll gegen die um sich greifende Zigeuneraggression zu schützen“.
Der seit den 90er-Jahren politisch aktive Kotleba war in der Vergangenheit bereits mehrfach wegen Rassismus und rechtsextremer Aktivitäten angeklagt, aber nie rechtskräftig verurteilt worden.