Freies Netz Süd geht vom Netz

Montag, 28. April 2014
Thomas Witzgall
Die Hetzplattform wird eingestellt - screenshot Freies Netz Süd
Die Hetzplattform wird eingestellt - screenshot Freies Netz Süd

Heute Morgen verkündeten die Aktivisten des Freien Netz Süd die Einstellung ihrer Internetplattform. Begründet wird das Ende mit fehlenden Zulieferern. Vermutlich soll damit aber der letzte greifbare Anknüpfungspunkt an die Organisation verschwinden und einem staatlichen Einschreiten vorgebeugt werden.

Mit drei Artikeln und dem angekündigten Ende neuer Artikel beendet das Freie Netz Süd (FNS) sein seit 2008 bestehendes „Netzprojekt“. Die auch über die alte Internetadresse der Kameradschaft Hof erreichbare Seite hatte in den letzten Jahren täglich zwischen zwei und drei Artikel aus der Sicht der bayerischen Neonazis geliefert. Begründet wurde der Schritt nun mit immer weniger Stammschreibern. Ein Teil hätte sich ins Privatleben zurückgezogen oder sich anderen Projekten gewidmet, so können man den „eigenen Ansprüchen nicht mehr genügen“. Die Seite soll als Archiv noch eine Zeit im Netz bleiben.

Die Beiträge zeichneten sich häufig durch eine rassistische Grundsicht und eine grobschlächtige Sprache aus. Herkunft oder sexuelle Orientierung wurden bei Gegnern gerne in den Vordergrund gestellt. Die Artikel waren meist nicht namentlich gekennzeichnet. Ausnahmen waren Gastbeiträge der völkischen Nationalistin Edda Schmidt oder des Publizisten Jürgen Schwab. Auch die “Tageskommentare“ des rechtsextremen Kolumnisten Michael Winkler (Würzburg), 2008 wegen Holocaustleugnung verurteilt, wurden regelmäßig von der Seite geteilt. Vor wenigen Tagen nutzte „Nationalsozialist“ Thomas Wulff das Portal, um einen Protestbrief gegen die „Entnazifizierung der NPD“ zu verbreiten, in dem der Landeschef der NPD Hamburg heftig gegen die Bundesführung austeilte.

Die Artikel auf der Plattform brachten den beiden zuletzt verantwortlichen Rechtsextremisten Simon Preisinger und Roy Asmuß Anzeigen und auch Verurteilungen ein, zuletzt wegen eines Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz.

Für Ersatz ist gesorgt

Ungeachtet möglicherweise tatsächlicher redaktioneller Schwierigkeiten, gehen die Akteure der bayerischen Naziszene mit diesem Schritt den ihren Weg konsequent weiter, das Label „Freies Netz Süd“ aus dem öffentlichen Bewusstsein zu tilgen. Ziel dürfte sein, einem Verbot vorzubeugen und möglicherweise einer Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zu entgehen. Immer wieder hatten seine „Macher“ versucht, das FNS als reine Netzplattform darzustellen, ohne Organisation dahinter. Im April 2012 sprachen sich dagegen alle im Landtag vertretenen Parteien für den SPD-Antrag aus, vereinsrechtliche Maßnahmen auszuschöpfen und das FNS zu verbieten. - Rund 14 Monate später gingen die Sicherheitsbehörden mit einer großangelegten Razzia gegen die Neonazis vor, um Beweismaterial zu finden. Seit dem ist von Seiten des Innenministeriums wenig, von Seiten der Neonazis einiges passiert. In der im September 2013 gegründeten Partei Der Dritte Weg (DIIIW) haben sie inzwischen eine neues Dach für die eigenen Aktivitäten gefunden.

Die braunen Strategen ließen das „Freie Netz Süd“ zugunsten der Kleinstpartei in den Hintergrund treten. In Wunsiedel 2013 gab es bereits mehr Banner mit „DIIIW“ -Logo als mit Verweisen auf das FNS. Bei der Dresden-Demo im tschechischen Karlovy Vary (Karlsbad) waren auf den
verbreiteten Videos selbst die Trommeln im Zeichen der Partei geschmückt. In den Gebieten, in denen die führenden FNS-Aktivisten leben, gibt es offizielle Stützpunkte der neuen Partei. Häufig wurden Artikel zuerst auf der Parteiseite veröffentlicht und dann von der bayerischen FNS-Seite übernommen.

Damit folgen die bayerischen Neonazis dem Vorbild der Szene in Nordrhein-Westfalen. Dort orientierte sich ehemalige Kameradschaftskativisten nach dem Verbot ihrer Organisationen in Richtung der Worch-Partei Die Rechte. Zusätzlich stärkten sie die Propagandaabteilung und bauten die Parteiplattform „DortmundEcho“ zur Nachrichtenseite aus.

Neben der Seite des Dritten Weges stehen den Aktivisten eine ganze Reihe von regionalen Unterseiten zur Veröffentlichung ihrer „Gedanken“ zur Verfügung. Auch bisher hatten diese Portale die Hauptplattform des FNS mit Beiträgen beliefert und ihrerseits Artikel übernommen. Rechtsextreme Internetpropaganda aus Bayern wird auch nach dem Ende der FNS-Netzseite nicht aussterben.

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