Immobilienkauf

Fitzek-Anhängerin kauft Hotel im Harz

Das „Königreich Deutschland“ expandiert nicht nur in Sachsen. In Niedersachsen hat eine Anhängerin ein großes heruntergekommenes Hotel erworben. Die Aufräumarbeiten haben bereits begonnen.

Mittwoch, 05. Juli 2023
Andrea Röpke/ Eike Pahlen
Das verlassene Hotel soll eine Anhängerin von Peter Fitzek gekauft haben, Foto: Screenshot
Das verlassene Hotel soll eine Anhängerin von Peter Fitzek gekauft haben, Foto: Screenshot

Die Anhängerschaft des „Gemeinwohlstaates“ ist zum Arbeitseinsatz angerückt. Die Aufräum- und Renovierungsarbeiten am baufälligen ehemaligen Kurhotel am Wiesenbeker Teich in Bad Lauterberg sind gestartet. Ute Kowalewski aus der Nähe von Hannover und ihr Partner Heinrich M. aus dem Saterland geben den anderen augenscheinlich Anweisungen. Anke S. fegt den Hof. Kurgäste schlendern neugierig an der Baustelle vorbei. Bereits Ende Mai stand ein Fahrzeug-Anhänger aus Wittenberg auf dem Gelände. Ein Hausmeister aus Berlin wohnt seitdem im Wohnwagen auf dem Gelände, von Reichsbürgern will er auf Nachfrage nichts wissen. Die ersten Container mit Sperrmüll und Schutt aus dem Hotel sind gefüllt. Zwölf Jahre lang stand das Hotel leer, nun hat Ute Kowalewski es für etwas mehr als 200.000 Euro erworben.

Die kritische Informationsplattform zur verschwörungsgläubigen Szene „Sonnenstaatland“ gibt an, dass Kowalewski als Schatzmeisterin der 2017 gegründeten Kleinstpartei „Konvent zur Reformation Deutschlands“, die dem „Königreich Deutschland“ (KRD) nahestehen soll, fungierte. Kowalewskis Name taucht aber auch im direkten Zusammenhang mit Peter Fitzek auf. Der ehemalige Koch und Lebenskünstler hatte 2012 sein vermeintliches Königreich ausgerufen und sich selbst zum „König Peter I.“ erhoben.

Anhänger von Fitzek

Fitzek verfügt über vielfältige Kontakte ins rechtsextreme Milieu. 2020 wurde er wegen diverser Delikte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Da er zuvor schon 22 Monate in Untersuchungshaft saß, kam der selbsternannte Monarch im Februar 2022 wieder frei. Inzwischen verfügen Fitzek und seine Anhängerschaft über mehrere Großimmobilien, basteln an autarken Dorfprojekten wie Schloss Bärwalde in der Lausitz. Im Erzgebirge wurde 2,3 Millionen Euro ein weiteres Schloss in Eibenstock erworben.

Als Wohnadresse für den Kauf in Bad Lauterberg soll Kowalewski eine Straße in Wittenberg angegeben haben, heißt es aus Behördenkreisen. Der „Harzkurier“ meldet, dass Heinrich M. der „Projektleiter“ für Bad Lauterberg sei. Auf deren Medien-Anfrage hätte sich niemand aus der Reichsbürger-Sekte „Königreich Deutschland“ gemeldet, so die Lokalzeitung. Auch Heinrich M. gehört zu den Anhängern des KRD, mehrere Fotos zeigen ihn inmitten einer „Königreich“-Schar um Fitzek. Nachdem er erkannt worden war, verzichtete M. als Lokalpolitiker einer Unabhängigen Wählerliste (UWG) auf seine Kandidatur zum Bürgermeister im Saterland. Gemeinsam mit Ute Kowalewski arbeitete er nun am Hotel, räumt Steine herum.

Erster Vertragsentwurf bereits 2022

Auch Anke S. unterstützt die Aufräumarbeiten am 24. Juni in Bad Lauterberg. Sie wird in einem der KRD-Telegramkanäle als Ansprechpartnerin für den nur wenige Kilometer von Bad Lauterberg entfernten Ort Bilshausen angegeben. Weitere Helfer scheinen u.a. aus Pinneberg, Köln und Wolfsburg angereist zu sein. Im kleinen Holzkiosk stehen Kaffee- und Teekannen für die Arbeitenden bereit. Ein junger Mann mit nacktem Oberkörper und zerzausten Haaren bringt Schutt mit einer Schubkarre aus dem ersten Stock des Gebäudes.

Bereits am 15. März 2021 hatte eine Immobilienfirma aus Göttingen dem Projektleiter des „Dorfprojektes“ von Fitzeks „Gemeinwohlstaat“ in Schloss Bärwalde, Rudolf P, einen „Harz Vertragsentwurf“ gemailt. Darin ging es um das Hotel Wiesenbeker Teich, 2.780m² für 278.000 Euro. Am 20. Januar 2022 wies der Immobilienhändler den KRD- Funktionär Rudolf P. dann darauf hin: „Denken Sie bitte daran, dass der Wiesenbecker Teich unter Denkmalschutz steht und zum Weltkulturerbe gehört. Egal was Sie mit der Immobilie vorhaben, muss alles vorab mit dem Denkmalschutz und der Bauaufsicht schriftlich abgesprochen werden.“

YouTuber dreht Video vor Ort

Inzwischen hat Ute Kowalewski das Hotel übernommen. Ihr Name tauchte bereits 2018 in einem internen Mailverkehr des „Königreich Deutschland“ auf. Aus den vom Hackerkollektiv „Anonymous Deutschland“ zur Verfügung gestellten Abläufen geht zudem hervor, dass Fitzek & Co. auch Kontakte zum Holocaustverharmloser Nikolai Nerling unterhielten oder mit dem antisemitischen Verschwörungsideologen Jo Conrad kommunizierten. 2021 schrieb Kowalewski Peter Fitzek an, es ging um einen geplanten Immobilienkauf im brandenburgischen Neuhausen an der Spree. Auch damals war „Heinrich“ involviert, wie es vonseiten Kowalewskis hieß, auch bei einem Videocall mit „Peter“ sollte er dabei sein. Damals ging es um des Erwerb eines Grundstücks mit Bettenhaus und Gaststätte.

Über ihre Verbindung zum „Königreich Deutschland“ sagten weder Ute Kowalewski noch Anke S. etwas, als sie von „Tacco“ alias Marco L. interviewt wurden. Der YouTuber ist ein Star der „Lost Places“-Szene. Er hatte illegal in dem Hotel übernachtet und war von der Polizei überrascht worden. Daraufhin hatte er der neuen Besitzerin versprochen, gemeinsam mit weiteren Unterstützern bei den Aufräumarbeiten am Hotel zu helfen. Daraus war am 6. Mai ein Video entstanden: „Rettungsdienst kommt! Wir räumen Lost Place auf“. In diesem Video erzählte Kowalewski: „Ich habe die Vision, dass das hier ein Gesundheits- oder Seminarhaus werden könnte“. Sie spricht auch von Wanderungen, Urlaub, von Leberreinigung. Zudem prahlt sie, wie günstig sie das Haus hatte erwerben können: „Das war mal ein 2-3 Millionenobjekt. Und das ist für billig Geld weggegangen“.

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