Fehlende Abgrenzung

Bei den österreichischen „Freiheitlichen“ finden sich zahlreiche Anhaltspunkte, um sie als eindeutig rechtsextrem einzustufen.

Donnerstag, 23. Juli 2009
Anton Maegerle

Das „Oberösterreichische Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus“ wirft in einem kürzlich erstellten Dossier der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) Rechtextremismus vor. Einer der Kernsätze der vierseitigen Veröffentlichung lautet: „Die FPÖ ist von ihrer Propaganda und ihrem darin zum Ausdruck kommenden Gedankengut her keine bloß rechtslastige oder rechtspopulistische, sondern eine eindeutig rechtsextreme Partei. Eine glaubwürdige Abgrenzung zu offen rechtsextremen Personen und Organisationen findet nicht statt. Kennzeichnend ist die Hetze gegen Minderheiten und Andersdenkende.“ Mit dieser Hetze, so hält das „Netzwerk“ im Vorfeld der Landtagswahl in Oberösterreich am 27. September fest, „wird auch der Boden für neonazistische Aktivitäten bereitet“. Dem „Oberösterreichischen Netzwerk“ gehören 53 Vereine aus Kirche, Politik und Kultur an.

Anhand der dokumentierten „Vorfälle“ der letzten Monate belegt das „Netzwerk“, dass ein wesentlicher Teil der rechtsextremen und rassistischen Aussagen und Aktivitäten, die in Oberösterreich getätigt werden, der FPÖ beziehungsweise ihren Unterorganisationen zuzurechnen seien. Mehrere Funktionäre des „Rings Freiheitlicher Jugend“ (RFJ), der FPÖ-Jugendorganisation, waren gleichzeitig im neonazistischen „Bund freier Jugend“ (BfJ; nun: „Junge Aktion“) aktiv. Auf einem RFJ-Aufkleber findet sich der rassistische Spruch „Gemischte Sorte – Zuwanderung kann tödlich sein“.

Der BfJ-Aktivist Harald Haas engagierte sich beispielsweise bei den „Freiheitlichen Arbeitnehmern“ (FA), der FPÖ-Gewerkschaft. In seinem Auto stellte die Polizei eine schwarz-weiß-rote Fahne mit der Aufschrift „Nationaler Widerstand“ sicher. Vor Gericht sagte Haas, dass er „keinen Unterschied zwischen BfJ und FPÖ“ sehen würde. Dem oberösterreichischen FPÖ-Vorsitzenden Lutz Weinzinger wird der Satz zugeschrieben: „Jede blonde, blauäugige Frau ... braucht drei Kinder, weil sonst holen uns die Türkinnen ein“. Weinzinger, Mitglied der Wiener Burschenschaft Bruna-Sudetia, war Teilnehmer des „Freiheitskommers“ der rechtsextremen Burschenschaft Arminia Czernowitz zu Linz. Weinzingers „besonderes Interesse“ gilt laut eigenem Bekunden „der Erhaltung des Rechts auf eigene Identität der deutschen Österreicher ... und dem Kampf gegen die Bevormundung durch die immer drückender werdende ‘political correctness’“.

Dem FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache werfen die „Netzwerker“ vor, in seiner Rede beim FPÖ-Bundesparteitag in Linz die Attacke auf KZ-Überlebende bei einer Gedenkfeier in Ebensee verharmlost zu haben. Die Täter, so Strache, seien „wirklich blöde Lausbuben“. Man solle nicht „Atombomben auf Spatzen werfen“. Daneben habe Strache im Juni bei einer FPÖ-Wahlkundgebung auf dem Steyrer Hauptplatz friedliche Gegendemonstranten als „rote Nazis“ beschimpft.

Früherer VAPO-Aktivist kandidiert für den Gemeinderat

Auf der Liste der Linzer FPÖ für die ebenfalls im September stattfindende Gemeinderatswahl kandidieren Horst Übelacker und Sebastian Ortner. Übelacker, Buchautor des revisionistischen Grabert-Verlags aus Tübingen, war ehemals Funktionär der Republikaner und später Vorsitzender des Witikobundes. Vor einigen Jahren ließ er sich in Österreich nieder. Der Linzer FPÖ-Kader Ortner hieß früher Müllegger und war Aktivist der von Gottfried Küssel geführten Neonazi-Truppe „Volkstreue Außerparlamentarische Opposition“ (VAPO). Mülleggers Name taucht auch in der Adressenkartei der 1992 verbotenen „Nationalistischen Front“ von Meinolf Schönborn auf.

Der 1959 gegründete FPÖ-nahe „Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender“ verlangte eine „Notstandsgesetzgebung“, durch die das Parlament sich selbst und die Sozialpartner für den Bereich der Arbeitswelt ausschalteten. Kennzeichnend für die Radikalisierung der FPÖ seien Aktionen wie das Verschicken des FPÖ-Wahlcomics „Der blaue Planet“ an Zehntausende Jungwähler/innen, heißt es in dem Dossier. Der Comic schürt Vorurteile gegen Zuwanderer und stellt einen EU-Vertreter als Schwein dar.

Beim Europawahlkampf tauchten als Unterstützer im Personenkomitee des FPÖ-Spitzenkandidaten Andreas Mölzer auch die bekannten Rechtsextremisten Richard Melisch und Konrad Windisch sowie der im griechischen Marathia wohnhafte Neonazi Karl Polacek auf. Grabert-Buchautor Melisch ist seit Jahren ein gern gesehener Referent in NPD-Zusammenhängen. Der wegen NS-Wiederbetätigung vorbestrafte Windisch, Dauerkolumnist der NPD-Parteizeitung „Deutsche Stimme“, war Mitbegründer der NS-apologetischen „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“.

Der Österreicher Polacek hatte sich 1981 in der niedersächsischen 300-Seelen-Gemeinde Mackenrode niedergelassen. Dort baute er ein Schulungszentrum der „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP) auf und avancierte zur Vaterfigur der gewaltbereiten Skinheadszene in Südniedersachsen. 1991 lieferte Polacek Schlagzeilen, weil zwei Skinheads aus seiner jugendlichen Anhängerschaft in der Sylvesternacht in der Göttinger Vorortgemeinde Rosdorf einen 21-Jährigen niedergestochen hatten. Der Bundeswehrsoldat starb im Krankenhaus. 1992 wurde Polacek, damals niedersächsischer FAP-Landesvorsitzender, wegen latenter Gewaltbereitschaft aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Von Österreich aus beglückte Polacek dann seine bundesdeutsche Gefolgschaft bis 1998 mit seinem „Braunauer Ausguck“. Im dem primitiv gemachten Hetzblatt wurde Gewalt verherrlicht und der industriell betriebene Massenmord an Juden im Dritten Reich geleugnet. 1999 entzog sich Polacek einer Freiheitsstrafe wegen NS-Wiederbetätigung und ließ sich in Griechenland nieder. 2008 rief Polacek in einem Neonazi-Blättchen „alle jungen Kameradinnen und Kameraden“ auf, der NPD beizutreten. Auch er, der 1985 die NPD als Mitglied verlassen hatte, habe sich entschlossen, ihr wieder beizutreten.

Der oberösterreichische FPÖ-Klubchef Günther Steinkellner bezeichnete die faktenreiche „Netzwerk“-Veröffentlichung als „Pamphlet“ und kündigte eine rechtliche Prüfung an. Steinkellner, Mitglied des Corps Alemannia Wien zu Linz, ist Gelegenheitsautor der rechtsextremen Monatszeitschrift „Die Aula“, die der FPÖ nahesteht. In einem „Aula“-Artikel beklagte Steinkellner, dass es „oft die eigenen Landsleute“ seien, „welche die Bedeutung und den Stellenwert unserer deutschen Identität in engstirniger Verfolgung des Zeitgeistes und der politischen Korrektheit möglichst klein halten wollen“.

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