Extremismus-Studie: Zerrissene Mitte
Jeder Zweite ablehnend gegenüber Asylsuchenden
Gegenüber der Ablehnung von Minderheiten, sind derartige Positionen aber eher Randerscheinungen. Seit 2011 sind die Zustimmungswerte im Bereich der "gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit" deutlich gesunken, befinden sich aber weiterhin auf einem hohem Niveau. Knapp jeder Fünfte zeigt fremdenfeindliche oder muslimfeindliche Einstellungsmuster. Die Zustimmung zu abwertenden Aussagen über Asylbewerber stieg sogar weiter - weit über die Hälfte der Befragten äußerte sich ablehnend gegenüber Geflüchteten. Vor allem junge Menschen vertreten zunehmend solche Einstellungen, wie die Forscher notierten. Deutlich geringer ist der klassische Antisemitismus verbreitet: Nur 6 Prozent der Befragten stimmten klassischen judenfeinlichen Verschwörungstheorien zu. Weitaus stärker hingegen ist die Tendenz zu Einstellungen, die antisemitische Aussagen mit vermeintlich legitimer Israelkritik verknüpfen. Fast jeder Fünfte bejahte entsprechende Positionen.Quelle: "Verlorene Mitte - Feindselige Zustände - Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2018/2019"
Rechtspopulismus - ein Problem der Mitte
Während nur eine verschwindende Minderheit sich als eingefleischte Rechtsextremisten präsentiere, normalisieren sich rechtspopulistische Meinungsbilder in der Mitte der Gesellschaft, so die Autoren der Studie. Bei 42 Prozent der Befragten zeige sich eine entsprechende Tendenz. Gut die Hälfte der Probanden denkt demnach, in Deutschland gäbe es ein "Meinungsdiktat", ein Viertel sehe unsere Gesellschaft im Begriff einer "Unterwanderung durch den Islam" - Postulate, die immer von Seiten der Identitären, Pegida und Co. verbreitet werden. Laut den Machern der Studie stabilisieren sich solche Denkmuster, das heißt, sie verbreiten sich weniger stark, verfestigen sich dafür aber langfristig innerhalb der Gesellschaft. Der harte Rechtsextremismus werde durch die modernisierte, völkische Ideologie der Neuen Rechten anschlussfähiger.Dabei ergibt sich ein oft widersprüchliches Bild: Die überwiegende Mehrheit der Befragten begrüßt die Grundidee der Demokratie und des Pluralismus - ganze 93 Prozent finden, dass Gleichheit und Menschenwürde an erster Stelle stehen sollten. Gleichzeitig äußerten aber auch weit über die Hälfte der Teilnehmer Zweifel am demokratischen System, begrüßen eine autoritäre Law-and-Order-Politik oder äußerten sich abwertend gegenüber bestimmten Menschengruppen. "Ein Teil der Bevölkerung wird den eigenen Werten nicht gerecht", resümiert Wilhelm Berghan von der Uni Bielefeld. Wenig überraschend: Entsprechende Einstellungen sind unter Unterstützern der AfD massiv überrepräsentiert. Quelle: "Verlorene Mitte - Feindselige Zustände - Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2018/2019"Die neue #Mittestudie zeigt sehr gut, wie #Rechtspopulismus Grundwerte umdeutet: 93% sind für Menschenwürde. 86% für Demokratie. Aber 54% haben menschenfeindliche Einstellungen gegenüber Asylsuchenden. Das Anti-Demokratische wird für demokratisch gehalten. https://t.co/gbVU5yRc9a pic.twitter.com/47kAd6DuAc
— Johannes Hillje (@JHillje) 25. April 2019