„Extrablatt für die Landtagswahl“: Rechte Hetze für die AfD
Das "Extrablatt für die Landtagswahl"
„Extrablatt für die Landtagswahl“ steht in dicken Lettern in der Kopfzeile der zehnseitigen Zeitung. Dazu ein Wappen, das in seiner Farbgebung an das Landeswappen von Mecklenburg-Vorpommern erinnert. Herausgegeben wird die Schrift, so ist es dem Impressum zu entnehmen, von dem „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“. Als Kontakt ist ein Postfach in Stuttgart angegeben, gleichzeitig wirbt der Verein, der nicht im offiziellen Register eingetragen ist, um Spenden, die steuerlich geltend gemacht werden könnten. Ein Blick auf die Webseite des Vereins identifiziert als Betreiber der Seite Michael Paulwitz. Bis vor Kurzem war Paulwitz verschiedenen Medienberichten zufolge bei den Republikanern aktiv, übernahm dort ein Vorstandsamt. Bis 2007 wurde die Partei, für die Paulwitz auch bei Wahlen kandidierte, vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet.
Bundesthemen machen Stimmung
Wer bei der vorliegenden Ausgabe des „Extrablattes“ – auch zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz verteilte der Verein die Zeitung – landespolitische Themen erwartet, wird enttäuscht. Bis auf ein drei-spaltiges Portrait des AfD-Spitzenkandidaten Leif-Erik Holm, das nicht mit Superlativen für den früheren Radiomoderator geizt, spielt Mecklenburg-Vorpommern nur eine nachgeordnete Rolle. Selbst der „Große Parteien-Check“, in dem die CDU, die SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die Linke, die FDP und die AfD unter die getrübte Lupe genommen werden, vergleicht die Aussagen der Parteien zu bestimmten Themengebieten aus ihren Grundsatzprogrammen, Regierungsprogrammen oder Bundestagswahlprogrammen. Bei der AfD muss das kürzlich beschlossene Grundsatzprogramm herhalten, um zu folgendem Urteil zu kommen: „[...] die AfD ist die einzige Partei, die nicht an der Bevölkerung vorbeipolitisiert, sondern die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger […] ernst nimmt“. Warum der Verfasser nicht auf die Landeswahlprogramme zugegriffen hat, wird wohl sein Geheimnis bleiben.AfD-Plakat auf einer Demonstration in Berlin - an dieser Stelle ganz passend (Foto: ENDSTATION RECHTS., Archiv)
Laut eines kurzen Clips, den der dubiose AfD-Untersützerkreis auf YouTube geschaltet hat, präsentieren die zehn Seiten „Meinungen, Analysen, Fakten“. Man könnte auch sagen, es geht darum, gezielt Vorurteile zu bestärken und Ängste zu erzeugen. Direkt der Aufmacher „Mehr Schutz für Familien und Eigentum!“ suggeriert, der Staat stehe vor dem Versagen. „Die Abgehobenheit der politischen Klasse“ zerstöre Europa, Bundesjustizminister Heiko Maas betreibe außerdem Zensur. Während Hasskommentare im Internet, die nicht selten zu Gewalt führen, verharmlost werden, ist an anderer Stelle von „sexuellen Massenbelästigungen an einheimischen Frauen und Mädchen durch afrikanisch-orientalische Immigranten“ die Rede. In deutschen Schwimmbädern herrsche die Angst, heißt es auf Seite 4. Gezielt werden überdies Politiker ins Visier genommen, die Autoren schreiben von „sogenannten Eliten“, die „in erster Linie ihr Eigeninteresse“ im Sinn hätten. Dies sei eine „Sonderform der Bestechung“.Einwanderung als Stimmenmagnet
Mindestens die Hälfte der Seiten des tendenziösen Pamphlets widmet sich dem Thema Einwanderung. Selbstverständlich werden hier nur vermeintliche negative Erscheinungen hervorgehoben, mal geht es um die angeblichen Kosten („So funktioniert die Merkelsche Willkommenskultur: Peanuts für die eigene Bevölkerung – 60 Milliarden für Flüchtlinge), mal um „steigende Ausländerkriminalität“ unter dem Titel „No-Go-Area-Deutschland“. Am Horizont zögen „neue Immigrationsströme“ auf, deshalb laute die Forderung „Grenzen dicht!“. Die Stimmungsmache soll die Wähler zur AfD führen, die mit ihren Slogans auf Wahlplakaten oder in den Reden diese Sehnsüchte zu bedienen weiß.Werbung für die AfD in Rostock (Foto: Oliver Cruzcampo, Archiv)
Auf der Vereins-Webseite ist zudem ein an den „Wahl-O-Maten“ angelehntes Tool geschaltet, das durch die Beantwortung von rund drei Dutzend Fragen den Wählerinnen und Wählern eine Entscheidungshilfe an die Hand geben soll. Eine echte Pluralität gauckeln die rechten Macher indes nur vor. Entweder wird den Interessenten die Wahl der AfD ans Herz gelegt oder es heißt: „Ihre Positionen stimmen nicht mit der Alternative für Deutschland Mecklenburg-Vorpommern überein. Wählen sie eine der Blockparteien“.