Ex-NPD-Aktivist scheitert in zweiter Instanz
Ehemaliger NPD-Funktionär in der Berufungsverhandlung wegen Falschaussage vor dem NSU-Untersuchungsausschuss verurteilt.
Das Stuttgarter Landgericht verurteilte am 20. September in seiner Berufungsverhandlung den 39-jährigen Mike L. wegen uneidlicher falscher Aussage vor dem ersten NSU-Untersuchungsausschuss des Landtages von Baden-Württemberg zur Mindeststrafe von 90 Tagessätzen zu je 25 Euro. Das Landgericht blieb damit unter dem Strafmaß der ersten Instanz. Das Stuttgarter Amtsgericht hatte gegen L. am 15. Februar dieses Jahres 120 Tagessätze zu je 50 Euro ausgesprochen. (bnr.de berichtete hier und hier)
Der damals 38-jährige L. wurde am 27. November 2015 als Zeuge vom NSU-Untersuchungsausschuss vernommen. Dabei, so der Vorwurf, tätigte er eine falsche Aussage. Gefragt nach seiner NPD-Landtagskandidatur im Jahr 2001 erklärte er: „Nicht dass ich wüsste. Da war ich schon nicht mehr Mitglied. Das könnte eigentlich nicht zutreffen.“ Tatsächlich stand er als NPD-Kandidat im Wahlkreis Bruchsal auf dem Wahlzettel, der vom Richter eigens verlesen wurde. „Heute würde ich sagen, tut mir leid, ich kann mich nicht erinnern“, beteuerte er gegenüber dem Gericht. L. hatte nach eigener Angabe die NPD bereits vor dem Wahltermin im März 2001 verlassen.
V-Mann „Fritz“ für ein halbes Jahr
Mike L. bekleidete in den 90er Jahren zahlreiche Ämter in der NPD und deren Nachwuchsorganisation Junge Nationaldemokraten (JN). So war er baden-württembergischer JN-Landesvorsitzender, Amtsleiter für Öffentlichkeitsarbeit im JN-Bundesvorstand und, Höhepunkt seiner Politkarriere in den 90er Jahren, stellvertretender JN-Bundesvorsitzender. Weiterhin brachte es der gelernte Industriekaufmann bis zum stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden und Kandidaten zur baden-württembergischen Landtagswahl. L. erreichte eine gewisse Prominenz und unterhielt bundesweit zahlreiche Kontakte in der rechtsextremen Szene. Als V-Mann „Fritz“ arbeitete er 1996/97 rund ein halbes Jahr für das baden-württembergische Landesamt für Verfassungsschutz. Seit seinem Austritt aus NPD und JN, nach Aussage von L. mutmaßlich im Jahr 2000, ist der nicht vorbestrafte L. nicht mehr in der rechtsextremen Szene aktiv.