Ex-AfD-Politiker zu Geldstrafe von über 70.000 Euro verurteilt

Das Amtsgericht Stuttgart hat den Ex-Landtagsabgeordneten der AfD in Baden-Württemberg, Heinrich Fiechtner, wegen 17 Straftaten zu einer Geldstrafe von über 70.000 Euro verurteilt.

Freitag, 03. März 2023
Kai Budler
 Hausfriedensbruch, Verstöße bei Versammlungen, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Beleidigungen - die Liste der Vorwürfe gegen Heinrich Fiechtner war lang
Hausfriedensbruch, Verstöße bei Versammlungen, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Beleidigungen - die Liste der Vorwürfe gegen Heinrich Fiechtner war lang

Wegen 17 Straftaten hat das Amtsgericht Stuttgart den Verschwörungsideologen und ehemaligen AfD-Landtagsabgeordneten in Baden-Württemberg, Heinrich Fiechtner, zu einer Geldstrafe von insgesamt 72.750 Euro verurteilt. Die Richterin verhängte 485 Tagessätze zu je 150 Euro und blieb damit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die auf 15 Monate Haft auf Bewährung und eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 Euro plädiert hatte. Von Seiten der Strafverfolgungsbehörde hieß es, Fiechtner mangele es an Unrechtsbewusstsein. Mit seinem Hang zur Provokation habe er bewusst gegen die Rechtsordnung verstoßen. Sein Verteidiger hatte hingegen auf Freispruch plädiert.

Die Verhandlung hatte im November 2022 begonnen, weil Fiechtner einen Strafbefehl über 38.000 Euro aus dem vergangenen Jahr nicht akzeptiert hatte. Er umfasste 18 Delikte, die der Ex-AfD-Politiker zwischen März 2019 und November 2021 begangen haben soll, darunter unter anderem Hausfriedensbruch, Verstöße bei Versammlungen, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Beleidigungen. Er hatte die Gesundheitsminister von Bund und den Ländern als „Verbrecher“ und „Gesindel“ beschimpft und den damaligen Direktor des Landtags „eine antidemokratische Ratte“ genannt.

Direkt nächstes Ermittlungsverfahren?

Das Amtsgericht sah 17 Taten als erwiesen an und sprach ihn in einem Punkt frei. Vor Gericht stellte sich Fiechtner als ein „Opfer von Gesinnungsjustiz“ dar und hatte am Ende seines Schlusswortes die Nationalhymne angestimmt. Als die rund 30 Sympathisanten im Publikum anfingen, mitzusingen, verwies das Gericht sie des Saals. Wegen einiger Äußerungen in seinem Schlusswort prüft die Staatsanwaltschaft nun die Einleitung eines neuen Ermittlungsverfahrens wegen Beleidigung gegen den Mediziner. Auf seinem Telegram-Kanal redete er nach der Urteilsverkündung von 685 Tagessätzen und kündigte an, Rechtsmittel einzulegen.

Fiechtner war zunächst Mitglied der CDU bzw. der FDP und 2013 Gründungsmitglied der AfD in Baden-Württemberg. Außerdem gehört er zu den Unterzeichner*innen der „Erfurter Resolution“, dem Gründungsdokument des inzwischen formal aufgelösten „Flügel“ der AfD. Von 2014 bis 2019 war er Stadtrat in Stuttgart und zog im März 2016 nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg in den Landtag ein. Im November 2017 trat er aus der der Partei und der Landtagsfraktion aus. Als fraktionsloser Abgeordneter sorgte er im Landtag 2020 bundesweit für Aufsehen, als er wegen Zwischenrufen und Provokationen aus einer Sitzung ausgeschlossen und von der Polizei aus dem Saal geführt wurde.

Spätestens mit Beginn der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie wandte sich der Mediziner Verschwörungsideologien zu und trat damit auf Kundgebungen der Coronaleugner-Szene auf. So bezeichnete er bei einer Kundgebung im Januar 2021 in Erfurt „die Maske als den Hitlergruß unserer Zeit“. Außerdem verbreitet der Mediziner Versatzstücke aus Ideologien von Donald Trump, Reichsbürger*innen und QAnon.

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