Europas NSBM-Szene sammelt sich in Kiew

In der ukrainischen Hauptstadt soll vom 14. bis 16. Dezember wieder das „Asgardsrei“-Festival mit internationaler Besetzung stattfinden.

Freitag, 30. November 2018
Horst Freires

Die NSBM-Szene (National Socialist Black Metal) aus Europa kommt Mitte Dezember wieder in Kiew zusammen. Die mittlerweile siebte Auflage des „Asgardsrei“-Festivals vom 14. bis zum 16. Dezember ist größer und internationaler als je zuvor. Ein nicht unwesentlicher Teil daran wird aus Deutschland beigetragen. Das Event ist unter anderem benannt nach einem 1999 von der Band „Absurd“ veröffentlichten Mini-Album.

Die ursprünglich aus Thüringen stammende Combo „Absurd“ genießt internationalen Kult-Status bei ihresgleichen. Sie ist wie im Vorjahr auch in diesem Jahr selbst mit von der Partie. 2016 hatte sich „Absurd“-Kopf Hendrik Möbus, der auch geschäftstüchtig mit dem bereits 1994 aus der Taufe gehobenen Label Darker Than Black Records zu den internationalen Strippenziehern rund um das NSBM-Genre zählt, die Veranstaltung noch in der Gastrolle angesehen. Die Organisatoren berufen sich mit der Festival-Namensgebung beispielsweise aber auch ausdrücklich auf den in der NS-Zeit mit Lehrstühlen an den Universitäten von Kiel und München ausgestatteten Österreicher Otto Höfler (1901 – 1987), Mitglied des SS-Ahnenerbe-Instituts, und auf dessen 1973 veröffentlichter Schrift „Verwandlungskulte, Volkssagen und Mythen“, in der der Autor völkische Rituale in Erinnerung gerufen und angepriesen hat. 

„Reconquista-Konferenz“ am Freitag

Neben zwei Musiktagen ist am 14. Dezember in Kiew noch eine internationale Tagung namens „Pact of Steel“ vorgeschaltet, bei der es um paneuropäische und andere metapolitische Interessen gehen soll. Nationalisten unterschiedlicher Couleur tauschen sich bei der selbst titulierten „Reconquista-Konferenz“ aus, stets gemeinsame Feindbilder wie den Islam, das Judentum oder die Amerikaner vor Augen und eine eigene Ideologie einer überlegenen weißen Rasse. Verfolgt wird auch die Idee eines Intermarium-Bündnisses – einer Vereinigung mitteleuropäischer Staaten zwischen Ostsee und Schwarzem Meer in wirtschaftlicher und verteidigungspolitischer Hinsicht.

Hinter dem zuletzt immer mehr professionalisierten Event stehen ukrainische Ultranationalisten und Rechtsextremisten, aber auch völkische russische Kräfte, die zum Teil Haftstrafen durch Grenzübertritt entgangen sind, quasi ins Nachbarland ins Exil wechselten. Als Drahtzieher von Festival und Konferenz fungiert dabei der politische Arm des berüchtigten paramilitärischen ukrainischen „Asow“-Regiments. 

„Größtes militantes Black Metal-Festival“

Begonnen hat die NSBM-Reihe 2012 mit einer eintägigen Veranstaltung vor 600 Besuchern noch in Moskau. In den ersten Jahren traten auch nur osteuropäische Bands auf. 2016 war mit „Peste Noire“ aus Frankreich erstmals eine westeuropäische Vertreterin dabei. Inzwischen werden für den 15. und 16. Dezember jeweils mehr als 1500 Tickets angeboten. Die zuletzt genutzte Kiewer Location „Sentrum“ sprengte mit 1200 Plätzen bereits den Rahmen. Nun ist man in den etwas größeren „Bingo Club“ umgezogen, der sonst auch andere Metal-Künstler auf seiner Bühne präsentiert.

Erstmals wird ein zweitägiges Musikprogramm angeboten. Für das Line-up stehen insgesamt 14 Bands aus acht verschiedenen Nationen zur Verfügung. Die Macher bewerben beide Tage als „größtes militantes Black Metal-Festival“. Pro Tag warten binnen neun Stunden sieben verschiedene Auftritte. Für beide Tage müssen Besucher 50 Euro berappen. Die wenigen VIP-Tickets zu 90 Euro sind bereits vergriffen. Die vielen erwarteten ausländischen Besucher bekommen am 15. Dezember einen nahezu vollständig osteuropäischen Tag geboten, am zweiten Tag eine komplett mit westeuropäischen Combos bestückte Bühne.

„Absurd“ mit Live-Auftritt dabei

Für den ersten Teil werden gelistet: „Nokturnal Mortum“ (Ukraine), „Goatmoon“ (Finnland), „Acherontas“ (ehemals „Stutthof“ aus Griechenland), die an der Festival-Organisation mitwirkenden „M8L8TH“ um Sänger Alexey (Ukraine/Russland), „Sunwheel“ (ehemals „Kataxu“), „Dark Fury“ (beide Polen) sowie „Wehrwolf“ (Weißrussland). Den westeuropäischen Part bilden „Der Stürmer“ (Griechenland), „Frangar“ (Italien), „Baise Ma Hache“ (Frankreich), „Terrorsphära“ (Österreich) sowie aus Deutschland „Absurd“, „Stahlfront“ und „Nordglanz“. Viele der beteiligten Bands kennen sich unmittelbar von gemeinsamen Auftritten in Italien, Frankreich oder Finnland.

Während die Mitglieder von „Terrorsphära“ ihren Lebensmittelpunkt inzwischen nach Deutschland verlegt haben, sind „Absurd“ nach mehreren Jahren öffentlicher Abstinenz erst seit 2017 wieder mit Live-Auftritten und in dabei veränderter Besetzung zu erleben. Geblieben ist als Konstante Sänger Möbus, der szenebekannt auch unter dem Namen Jarl Flagg Nidhögg (JFN) agiert. „Stahlfront“ existiert seit 2011. Sänger der Band aus Sachsen ist Mike Vörner. „Nordglanz“ haben 1999 zusammengefunden und kommen aus dem Raum Frankfurt am Main.

Außerdem mischen „Peste Noire“ und ihr Sänger „Famine“ als musikalischer Beitrag im geselligen Teil der voran gestellten, mittlerweile zum dritten Mal stattfindenden Konferenz mit. Eine Schlüsselrolle dort spielt die mehrsprachige Olena Semenyaka. Die Anfang 30-Jährige hat in Philosophie mit einer Arbeit über Ernst Jünger promoviert. Sie bewegt sich als Botschafterin für die rechtsextreme „Asow“-Miliz, soll internationale Beziehungen pflegen.

„Der III. Weg“ zu Gast bei „Asow“

Die „Asow“-Bewegung verfügt im Zentrum Kiews über eigene Räumlichkeiten, in denen befreundete ausländische Neonazis gern mit Stolz herumgeführt werden. Dazu gehörte auch bereits eine Reisegruppe vom „III. Weg“, die sich das so genannte Kosakenhaus ansehen durfte. Der Sport- und Kulturklub besteht aus einer Bibliothek, einem Kampfstudio und einem Tattoo-Laden. Der Merchandise-Shop „Militant-Zone“ ist ebenfalls in den Händen der Aktivisten. Über ihn laufen Werbung und Kartenverkauf für das „Asgardsrei“-Festival, aber auch ein reger Online-Handel. Inspiriert wurden sie dabei nach eigenem Bekunden vom „CasaPound“-Projekt aus Italien, zu dem eine enge Beziehung aufgebaut wurde. Befreundet ist man zudem mit der in Russland verbotenen „Wotan-Jugend“.

Semenyaka pflegt Kontakte nach Deutschland. (bnr.de berichtete) Sie gastierte für Vorträge bereits bei der NPD, beim „III. Weg“ oder bei der „Identitären Bewegung“. Im Sommer weilte sie beim „Jugend im Sturm-Festival“ des „III. Wegs“ in Kirchheim.

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