Eine Trennung der AfD?
Der Bundesvorsitzende der „Alternative für Deutschland“ (AfD) bringt die Idee ins Spiel, die Partei könne sich für ein erfolgreiches Vorgehen in zwei Teile trennen. Der Vorwurf der Spaltung lässt nicht lange auf sich warten.
„Wir verteidigen die Einheit der AfD gegen Spaltungsversuche von innen und außen, denn das ist die größte Gefahr: dass wir uns auseinanderreißen lassen. Gewonnen hätte dann nur einer: der politische Gegner.“ Diese Passage aus dem 2017 verfassten „Kyffhäuser-Manifest“ des AfD-Zusammenschlusses „Der Flügel“ klingt nicht nur wie eine Drohung. Bereits 2015 war der damalige AfD-Bundesvorsitzende mit Hilfe des „Flügels“ aus dem Amt gejagt worden, kurz nach der Verabschiedung des „Manifestes“ verlor die damalige Sprecherin des Bundesvorstandes Frauke Petry ihr Amt.
Die viel beschworene innerparteiliche Einheit der AfD gehört zu den großen Mythen, die vor allem vom extrem rechten „Flügel“ immer dann beschworen wird, wenn Kritik an ihm und seinem Personal zu laut wird. Das muss jetzt auch Bundessprecher Jörg Meuthen erfahren, nachdem er auf dem Online-Portal „Tichys Einblick“ ein Interview zum Zustand seiner Partei gab. Bereits zuvor hatte ihn „Der Flügel“ scharf kritisiert, nachdem er in der Presse mit den Worten zitiert worden war, er wolle die institutionellen Strukturen des „Flügels“ zerschlagen.
Ein „selbständiger Flügel“?
Im Interview wirft Meuthen die Idee auf, die Partei könne sich vom „Flügel“ trennen und dabei auf allen Ebenen gewinnen. Eine solche AfD sei vor allem für Wähler/innen von CDU und FDP interessant, während „ein in seinem so genannten Sozialpatriotismus nicht mehr (...) eingeschränkter Flügel der Linkspartei im Osten vermutlich auch noch weitere Wähler abnehmen“ könnte. Meuthen mutmaßt, „mit einem selbständigen Flügel könnte Björn Höcke Bodo Ramelow womöglich noch weit mehr in Bedrängnis bringen“.
Erfahrungsgemäß dauert es in der AfD nicht lange, bis Parteifunktionäre auf einen solchen Vorschlag teils heftig reagieren. Eine erste gemeinsame Stellungnahme folgte von Meuthens Co-Sprecher Tino Chrupalla sowie den beiden Bundestagsfraktions-Vorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland. Darin feiern sie die Auflösung des „Flügels“ als integrative „Rückkehr zur inneren Einheit der Partei“ und „zur Bündelung unserer Kräfte als freiheitlich-soziale Partei. Nur so können wir gesamtdeutsche Volkspartei werden.“
„Töricht und verantwortungslos!“
Der Text ist ein Friedensangebot an den „Flügel“, der das Zeichen genau so versteht. Folglich heißt es auf der Facebook-Seite des „Flügels“: „Für eine geeinte und starke AfD! Wir lassen uns nicht spalten! Danke, Alexander Gauland, Tino Chrupalla und Alice Weidel“.
Björn Höcke als Führungsfigur des „Flügel“ nennt Meuthens Idee „töricht und verantwortungslos!“. Auch die neurechte Zeitung „Sezession“ von Götz Kubitschek, die nach dem Beschluss der AfD-Bundesspitze zur Auflösung des „Flügels“ als erstes Medium ein Interview mit Höcke veröffentlichte, zitiert genussvoll aus Meuthens Rede beim „Kyffhäusertreffen“ 2017. „Der Flügel ist ein integraler Bestandteil unserer Partei und das wird er auch in Zukunft immer bleiben. Und ich sage auch deutlich: Wer das anders sieht, wer hier in ‚Ausschließeritis‘ verfällt, wer nicht erkennt, dass der Flügel ein wichtiger Bestandteil der Seele unserer Partei ist, wäre auch in der Position eines Bundessprechers fehl am Platze.“
Einvernehmliche Trennung von Meuthen?
In seinem „Sezession“-Artikel wirft das frühere Mitglied der „Patriotischen Plattform“, Jan Moldenhauer, Meuthen eine „Spaltungsdiskussion zur Unzeit“ vor, „die der AfD in der Außenwirkung enormen Schaden zufügen dürfte“. Süffisant stellt Moldenhauer die Frage „Ob es Meuthen gelingen wird, den Weg zurück in die Mitte der Partei zu finden, oder ob er den Weg von Bernd Lucke und Frauke Petry gehen wird“. Einvernehmliche Trennung?
Und auch Meuthen rudert auf seinem Facebook-Profil zurück und spricht lediglich von einer „Überlegung“, die AfD „gut organisiert und einvernehmlich“ in zwei Teile zu trennen. Statt daraufhin sogleich von „Spaltern“ zu reden, verbiete es ein anderer Grundsatz der Partei, solche „Denkverbote“ auszusprechen. Tabus hätten auch in „Fragen der strategischen Ausrichtung“ nichts zu suchen, so Meuthen und beteuert: „Ich will keineswegs eine Spaltung erzwingen, schon gar nicht im Konflikt“. Ob diese Erklärung ausreicht, nicht die Nachfolge von Lucke und Petry anzutreten und in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, wird die weitere Entwicklung zeigen.