Ein „Neuanfang“
Rolf Schlierer als Bundesvorsitzender der Republikaner wiedergewählt – die langjährige Stellvertreterin Ursula Winkelsett ist als Gegenkandidatin angetreten und scheidet aus dem Vorstand aus.
Seit dem Dezember 1994 steht Rolf Schlierer an der Spitze der Republikaner. Warum er sich dort so lange halten konnte – trotz aller Rückschläge, die seine Partei in diesen eineinhalb Jahrzehnten hinnehmen musste – dafür lieferte der Parteitag am Wochenende im westfälischen Hamm einige Hinweise.
Massiv war die engere Parteispitze mit Schlierer und seinen beiden Stellvertretern Ursula Winkelsett und Johann Gärtner in den letzten Wochen wieder einmal in die Kritik geraten. Das historische Tief bei der Bundestagswahl des vorigen Jahres, als die Republikaner mit 0,4 Prozent der Stimmen sogar aus der staatlichen Parteienfinanzierung herausfielen, sorgte für Unmut, verbunden mit einem Abgrenzungskurs anderen Rechtsaußenparteien gegenüber und stetig sinkenden Mitgliederzahlen. Hinzu kam die Befürchtung, dass die Republikaner zumindest regional in Nordrhein-Westfalen von der neuen Konkurrenz in Gestalt der rechtspopulistischen „Bürgerbewegung pro NRW“ abgehängt werden könnte.
„Trennendes zurückstellen – gemeinsam für unser Land“
Und dennoch: Als am Samstagabend in Hamm die Stimmen ausgezählt waren, hatte sich Schlierer wieder einmal durchgesetzt. In den letzten Tagen vorher und beim Parteitag selbst hatte er sich als außerordentlich wendig erwiesen und zumindest verbal seine Politik der Abgrenzung zu anderen Rechtsparteien abgeschwächt. „Bei nur wenigen Gegenstimmen“, so betonten die REP in einer Pressemitteilung, beschlossen die Delegierten eine Resolution mit dem Titel „Trennendes zurückstellen – gemeinsam für unser Land“.
Angestrebt wird demnach ein „Neuanfang der demokratischen Rechten in Deutschland“. Die Resolution beauftrage den Bundesvorstand, „Gespräche und Verhandlungen mit anderen Parteien und Gruppierungen“ zu führen. Explizit ausgenommen von der Einladung an „alle politikfähigen Kräfte der demokratischen Rechten zu einer Zusammenarbeit“ sei lediglich die NPD. Damit würden sich die Republikaner auch eine Option für Gespräche mit der „pro-Bewegung“ öffnen, heißt es in der Pressemitteilung.
Schlierers Kurs jahrelang mitgetragen
Zufrieden mit dieser Resolution war offenbar der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende Stephan Stritter, der in den letzten Monaten den Parteichefs hart angegangen war, selbst aber nicht gegen Schlierer kandidieren wollte. Während Schlierer zum Beispiel eine Zusammenarbeit mit „pro NRW“ strikt abgelehnt hatte, forcierte der Mainzer eine solche Kooperation – auch, aber nicht nur über gemeinsame Aktivitäten seiner eigenen Stadtratsfraktion mit der „pro Köln“-Ratsfraktion.
Gegen Schlierer trat statt dessen die bisherige geschäftsführende stellvertretende Vorsitzende Ursula Winkelsett an. In den letzten Jahren war von politischen Differenzen zwischen ihr und Schlierer nichts bekannt geworden. Entsprechend schwer tat sie sich denn auch bei dem Versuch, ihre Gegenkandidatur zu begründen. Es mache sich Unzufriedenheit breit, nichts gehe mehr voran, sagte sie in der vorigen Woche im Gespräch mit der „Jungen Freiheit: „Es herrscht Stillstand.“ Schlierer habe seine Zeit nicht genutzt, meinte die stellvertretende Vorsitzende und Geschäftsführerin, die Schlierers Kurts jahrelang mitgetragen und befördert hatte.
Die Medien bleiben ausgesperrt
Mit 60 gegen 93 Stimmen unterlag sie schließlich dem alten und neuen REP-Vorsitzenden. Als Stellvertreterin mochte Winkelsett nicht mehr kandidieren. Statt dessen habe sie unter Tränen den Parteitag verlassen, berichten verschiedene Quellen. Wiedergewählt wurden bei dem Parteitag, von dem die Medien ausgesperrt blieben, die stellvertretenden Vorsitzenden Johann Gärtner aus Bayern und Detlev Stauch aus Thüringen. Neu in den Kreis der Schlierer-Vize zog Stephan Stritter ein.
Spekuliert wird derweil, wie ernst gemeint Schlierer neuer Kurs der Offenheit ist. Mitte Dezember hatte das REP-Präsidium die „Anbiederungs- und Umarmungsversuche“ von „pro Köln“ beziehungsweise „pro NRW“ als unangebracht zurückgewiesen. Und Schlierer hatte hinzugefügt: „Mit uns gibt es kein Kuscheln in braunen Ecken.“ Vier Wochen später machte er „pro“-Politiker indirekt für eine Falschmeldung über seinen Rückzug vom Parteivorsitz verantwortlich und sagte in Richtung der „pro“-Oberen Markus Beisicht und Manfred Rouhs, sie gehörten zu jenen Leuten, „mit denen wir mit Sicherheit nie wieder zusammenarbeiten werden“. Und noch einmal zwei Wochen später formulierte er eigentlich unmissverständlich: „Es kotzt mich eigentlich an, mich mit solchen Leuten dauernd auseinandersetzen zu müssen.“
Mögliche Annäherung an „pro“
Nun wird er genau das, vom Parteitag damit beauftragt, tun müssen. Spekuliert wurde noch während des Parteitags darüber, ob die Republikaner sogar ihre Kandidatur zur Landtagswahl in NRW kurzfristig zurückziehen könnten. Falls dies juristisch möglich wäre, käme aber wieder Winkelsett ins Spiel, diesmal als nordrhein-westfälische Landesvorsitzende. Eine Annäherung an „pro“ wolle sie auf jeden Fall verhindern, hatte sie der „Jungen Freiheit“ in der vorigen Woche zu verstehen gegeben. Ob es dabei bleibt? Beim Parteitag in Hamm hat sie jedenfalls nicht jenes Maß an Wendigkeit bewiesen, das Schlierer auszeichnete – und mit dem er seinen Kopf rettete.