Differenzen um die „maximale Provokation“
Das rechtspopulistische Spektrum ist bezüglich einer öffentlichen Vorführung des islamfeindlichen Streifens „The Innocence of Muslims“ gespalten – „pro NRW“-Chef Markus Beisicht distanziert sich zwar einerseits von dem „blasphemischen“ Film, macht andererseits aber gemeinsame Sache mit der verbal-militanten „German Defence League“.
Die Propagandisten von „pro Deutschland“ können einen Erfolg feiern. In kaum einer Zeitung und bei kaum einem der TV-Sender, die sich mit dem islamfeindlichen Film „The Innocence of Muslims“ und den Ausschreitungen vor allem im Nahen Osten und in Nordafrika beschäftigten, blieb die Splitterpartei unerwähnt. Eine erstaunliche Leistung einer Partei, die laut letztem veröffentlichten Rechenschaftsbericht Ende 2010 gerade einmal 256 Mitglieder zählte. „Es bleibt unter dem Strich festzuhalten, dass diese Aktion – die eigentlich nur aus ein paar PM’s ,besteht’ – die größtmögliche mediale Beachtung gebracht hatte, die der PRO-Bewegung je zu Teil wurde“, freut sich einer ihrer Anhänger in einem einschlägigen Forum.
Und auch wenn die Medien nicht darauf verzichten, „pro D“ als rechtsextrem oder rechtspopulistisch zu charakterisieren – die Protagonisten der Partei registrieren die Berichterstattung erfreut: Hauptsache, es wird überhaupt über sie gesprochen. Dabei geriert sich „pro Deutschland“ als Verteidigerin von Grundrechten. „Wir wollen den Film zeigen, um eine Diskussion möglich zu machen. Auch, wenn uns vielleicht die Machart nicht gefällt, muss doch die Meinungs- und Kunstfreiheit gegen religiös begründete Intoleranz geschützt werden“, erklärte Parteichef Manfred Rouhs und fügte gar hinzu: „Das ist eine Frage der Zivilcourage!“
In der eigenen Szene sorgt die Haltung der „pro D“-Funktionäre für Differenzen. Markus Beisicht, Vorsitzender von „pro NRW“ – zugleich größere Schwester-, aber auch Konkurrenzpartei von „pro Deutschland“ – versicherte, man selbst habe „zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, diesen fragwürdigen Film öffentlich vorzuführen“. „Pro NRW“ werde nicht, so der Leverkusener Parteichef, „für Westerwelle und Friedrich den Sündenbock spielen und weiter Öl ins Feuer gießen“. „Schlecht gemacht“ und „blasphemisch“ sei der Film, so Beisicht.
Provokative Präsentation der „Mohammed-Karikaturen“
Auch Republikaner-Chef Rolf Schlierer, mit dessen Partei die „pro“-Gruppierungen eigentlich enger zusammenarbeiten wollen, hält nichts von Rouhs’ Vorhaben. Eine öffentliche Vorführung von „Innocence of Muslims“ in Berlin sei „töricht und unseriös“, ließ er wissen. Seine Partei witterte eine „Provokation um der Provokation willen mit billigen und primitiven Mitteln“. Die publizistische Flankierung aus der neurechten Szene fehlt dem „pro D“-Chef ebenfalls. Im Gegenteil. Dass die Partei den Film „aus kalkulierter Provokation“ zeigen wolle, sei „schäbig und unehrenhaft“, befand der „Junge Freiheit“-Chef Dieter Stein: „Es soll hier in zynischer Weise innenpolitisch Kapital aus einem ernsten Konflikt geschlagen werden.“
Zumindest im Fall von „pro NRW“ sind Zweifel daran erlaubt, dass die Distanzierung von Rouhs ernst gemeint und grundsätzlich ist. „Pro D“ als die radikalere Variante der selbst ernannten „Bürgerbewegungen“, „pro NRW“ als „gemäßigter“: Diese Rechnung geht nicht auf. Beisichts Partei war es, die im Frühjahr in Nordrhein-Westfalen einen Wahlkampf mit „maximaler Provokation“ und „bis an die Schmerzgrenze“ ankündigte sowie führte, und der schließlich in die Auseinandersetzungen von Bonn mündete, als nach der provokativen Präsentation der „Mohammed-Karikaturen“ militante Salafisten die Polizei attackierten und zwei Beamte schwer verletzt wurden. Wahrscheinlicher als die Vermutung, es gebe strategische Differenzen ist die, dass „pro NRW“-Chef Markus Beisicht dem „pro D“-Vorsitzenden Manfred Rouhs den medialen „Erfolg“ neidet.
„Handschellen und körperliche Arbeit“ für den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts
Gerade eben haben Nachwuchsfunktionäre seiner Partei gemeinsam mit Mitgliedern von „pro D“, der Republikaner und der „Freiheit“ einen „Ring freiheitlicher Jugend Deutschlands“ gegründet. Mit von der Partie waren auch Mitglieder der verbal-militanten „German Defence League“ (GDL).
Deren Kölner „Divisions“-Leiter Sebastian Nobile ließ in der vorigen Woche einmal mehr durchblicken, wes Geistes Kind seine GDL ist. In einem Schreiben an Andreas Voßkuhle, den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, wetterte er, das Gericht habe mit seiner ESM-Entscheidung das „Todesurteil für Ihr eigenes Volk“ gesprochen und „ein Verbrechen begangen“. Nobile will Voßkuhle am liebsten „in Handschellen sehen und Ihren hochmütigen Blick gesenkt, Ihre Roben getauscht gegen praktischere Kleidung, die Ihnen die körperliche Arbeit ermöglicht“. Das Gericht habe es mit zu verantworten, „wenn die vollkommen natürliche Wut der Menschen in diesem Land hochkocht und es Unruhen gibt“, schrieb Nobile und kündigte an: „Für uns tritt nun das Widerstandsrecht nach Art. 20/4 GG in Kraft.“ Gewalt sei damit nicht gemeint, bemühte er sich eilig zu beteuern.
Es sind solche Kräfte, mit denen „pro NRW“ zunehmend gemeinsame Sache macht – nicht nur bei der Gründung eines Jugendverbandes. Die Absage Beisichts an Rechtsextremismus – ritualhaft wiederholt in der aktuellen Diskussion – wird vor diesem Hintergrund nicht glaubwürdiger.