„Die Rechte“ und ihr Referent

Dortmund – Nach seiner Teilnahme an einer Neonazi-Demonstration am Vorabend des 1. Mai 2010 war er vom Dienst suspendiert worden. Er habe sich dort lediglich „informieren“ wollen, sagte Klaus Schäfer, der frühere Chef der Dortmunder Feuerwehr und Leiter des städtischen „Instituts für Feuerwehr- und Rettungstechnologie“, seinerzeit. Nun, fünf Jahre später, trat er als Vortragsredner bei einer Neonazi-Veranstaltung auf.

Dienstag, 13. Oktober 2015
Tomas Sager

Am vorigen Freitag habe Schäfer bei einer Veranstaltung in Dortmund gesprochen, heißt es auf einer Internetseite, die der Neonazi-Partei „Die Rechte“ zugerechnet wird. Schäfers Thema: „Kritische Fragen und Antworten zur deutschen Geschichte“.

Der Inhalt seines Referats wird nur sehr verklausuliert wiedergegeben. Schäfer habe „die Doppelmoral westlicher Politiker bei den Schuldfragen bzw. Begründungen imperialistischer Kriege mit der Situation vor dem 2. Weltkrieg“ verglichen und „einen kritischen Blickwinkel auf die offizielle Geschichtsschreibung“ gezeigt. Auf der einen Seite gebe es „eine vermeintlich unantastbare Wahrheit, welche durch die etablierte Geschichtsschreibung vermittelt (und vorgeschrieben) wird, während auf der anderen Seite eine tatsächliche, durch Fakten zu belegende, Wahrheit steht, zumindest aber massive Zweifel an der vermeintlich unantastbaren Version, die jedoch in der Bundesrepublik durch ein Klima der Diffamierung und sogar strafrechtlicher Verfolgung unterdrückt werden“. Für gewöhnlich nutzen Rechtsextremisten derart gedrechselte Formulierungen, um allzu offenkundig geschichtsrevisionistische Aussagen zu vermeiden.

Was der ehemals oberste Feuerwehrmann der Stadt, der nach Ansicht der braunen Szene der Region mittlerweile zum „Dissidenten“ geworden ist, zu sagen hatte, gefiel seinem Publikum offenbar. Sein Vortrag war dem Bericht zufolge gar eine „Inspiration“.

Flüchtlinge als „sozialparasitäre Invasoren“ bezeichnet

Seit seiner Suspendierung vor fünf Jahren stritten die Stadt Dortmund und Schäfer, der bereits zuvor – allerdings unerkannt – an Neonazi-Demonstrationen teilgenommen hatte, vor Gericht über seinen Rauswurf aus dem öffentlichen Dienst. Glaubt man Dortmunds Neonazis, hat er mittlerweile seinen 60. Geburtstag gefeiert. Damit hätte er das Pensionsalter für Beamte im feuerwehrtechnischen Dienst erreicht –  womöglich ein Grund mehr für Schäfers jetzigen Auftritt vor Neonazi-Publikum und der entsprechenden Veröffentlichung.

„Ich stehe auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung”, beteuerte er vor fünf Jahren. Wie der Boden beschaffen ist, auf dem Schäfer steht, verraten einige seiner Facebook-Einträge aus den letzten Tagen. So, wenn er sich die „paranoiden Schuldneurotiker“ vornimmt, „die als ,Refutschie Wellkammer' Klatscher die fremdvölkischen islamischen Invasoren sogar begrüßen“. Oder wenn er notiert, „die Massen der Fremdvölker“ kämen „wegen der traumhaft leicht gewährten und extrem hohen und dauerhaften Sozialleistungen nach ,Germoney'“. 75 Prozent der Flüchtlinge seien „sozialparasitäre Invasoren“.

Neonazis dürfte es auch gefallen haben, als der frühere Dortmunder Feuerwehrchef George Soros ins Visier nahm, den „1930 in Ungarn geborenen jüdischen US-Finanzinvestor, Milliardär und Gründer des ,Quantum-Fonds'“, der „zu den mächtigen Strippenziehern der Macht hinter den Kulissen von Geld und Politik“ zähle und „wie durch ein Wunder zu den vielen überlebenden Juden der so genannten ,Ungarnaktion' der SS vom Sommer 1944“ gehört habe. Hinter Soros stecke, so war bei Schäfer nachzulesen, „ein politisch denkender Machtmensch der Finanzaristokratie, der ganz unverhohlen die ungeregelte Migration als strategische Waffe gegen Europa und insbesondere Deutschland einsetzt“.

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