„Die Rechte“ inszeniert Prozess gegen Führungskader
Dortmund – Neonazis wollen den im Mai beginnenden Prozess wegen einer Kirchenbesetzung in Dortmund in ihrem Sinne als Propaganda-Show instrumentalisieren.
Rund dreieinhalb Jahre nach der Besetzung der Reinoldikirche in Dortmund durch Neonazis (bnr.de berichtete) haben diese angekündigt, den bevorstehenden Prozess für ihre eigene Propaganda nutzen und die Ankläger vorführen zu wollen. Die Ankündigung auf einem der neonazistischen Miniaturpartei „Die Rechte“ (DR) nahestehenden Portal liest sich wie der Wunsch, erneut und im kleineren Rahmen ein juristisches Debakel für Staatsanwaltschaft und Gericht herbeiführen zu wollen, ähnlich wie im Verfahren gegen das „Aktionsbüro Mittelrhein“ (ABM) (bnr.de berichtete)
Beginnen soll der Prozess gegen insgesamt elf Angeklagte am 19. Mai vor dem Dortmunder Amtsgericht. Er scheint auf die Szene so elektrisierend zu wirken, weil einige Köpfe aus Dortmund respektive Führungskader der Partei „Die Rechte“ angeklagt sind. Sven Skoda, unterdessen Bundesvorsitzender der Partei, ist laut Ankündigung auf dem Portal einer der Angeklagten. Ferner müssen demnach der Organisator des Kampfsport-Events „Kampf der Nibelungen“ (KdN), Alexander Deptolla, sowie Dortmunds ehemaliger Feuerwehrchef, Klaus Schäfer, auf der Anklagebank Platz nehmen.
Silvesterraketen und Pyrotechnik vom Turm
Laut dem parteinahen Portal sollen überdies Anwälte aus dem ganzen Bundesgebiet, die der Szene nahestehen oder ihr sogar selbst angehören, an den Prozesstagen ins östliche Ruhrgebiet reisen, um die „Kameraden“ zu verteidigen. Genutzt werden soll der Prozess demnach auch, um – wie schon während der Besetzung selbst – islam- und fremdenfeindliche Stimmung zu machen.
Der Turm der Reinoldikirche war Mitte Dezember 2016 besetzt worden. Während der Adventszeit war er öffentlich zugänglich. Mithilfe von Parolen, einem Banner, dem Abfeuern von Silvesterraketen und dem Abbrennen von Pyrotechnik hatten die Neonazis auf sich aufmerksam gemacht und so bundesweit Schlagzeilen generiert. Via Megaphon bemühte sich Skoda, vom Turm aus eine kurze Rede zu halten. Tags darauf publizierte die Dortmunder DR einen Videoclip von der Aktion, der bis heute rund 12.200 Zugriffe auf YouTube erreichen konnte. Unterlegt war das Video mit dem Lied „Voran“ der Neonazi-Band „Flak“.
Aktivposten sitzen in Haft
Anklage hatte die Staatsanwaltschaft Dortmund schon Anfang 2018 erhoben. Demnach müssen sich nun acht Neonazis, die den Kirchturm besetzt hatten, wegen Hausfriedensbruchs und Nötigung verantworten. Drei weiteren, die vor der Kirche Flugblätter verteilt hatten, wirft die Staatsanwaltschaft Beihilfe vor.
Auch wenn die rechtsextreme Szene in und um Dortmund sich wegen des anstehenden Prozesses kämpferisch inszeniert. Tatsächlich steht sie erheblich unter Druck. Bisherige Aktivposten sitzen in Untersuchungs- oder Strafhaft respektive müssen sich anstehenden Verfahren stellen, (bnr.de berichtete) andere wurden kürzlich mehrfach erneut verurteilt. (bnr.de berichtete) KdN-Organisator Alexander Deptolla hat noch damit zu kämpfen, dass sein Fight-Event in Ostritz im Herbst verboten wurde und er auf ein Minus in der Kasse zurückblickt. (bnr.de berichtete) (mik)