Die Neue Rechte über Christentum und Rechtsstaat
Der zur Neuen Rechten gehörende „Verlag Antaios“ legte erneut drei Monographien zum politischen Selbstverständnis vor. Thematisch reihen sie von der Anthropologie über das Christentum bis zum Rechtsstaat.

Dem Komplex um das formal aufgelöste „Institut für Staatspolitik“ lässt sich nicht nur das Publikationsorgan „Sezession“, sondern auch der „Verlag Antaios“ zurechnen. In ihm erscheinen kontinuierlich Bücher von Repräsentanten der Neuen Rechten oder ideologisch verwandten Richtungen. Dazu gehören auch Nachdrucke literarischer Werke, sofern sie in den Diskursrahmen des Instituts passen. Eine Besonderheit stellt die Schriftenreihe „kaplaken“ dar, wo mittlerweile über neunzig Bände erschienen sind.
Es handelt sich jeweils um gebundene Bücher mit einem Umfang von rund 100 Seiten, der Preis liegt aktuell bei 10 Euro. Damit hat das Institut ein Publikationsforum gefunden, worin in knapper Form einige Grundpositionen zum politischen Selbstverständnis vorgetragen werden können. In den letzten Jahren veröffentlichte man meist gleich drei Bände zusammen und bot sie als „Staffel“ für 25 Euro an. Die Bände, die als „31. Staffel“ herauskamen, sollen hier dargestellt und kommentiert werden.
Angeblich Entwicklung des Rechtsstaats zum Wertestaat
Als Band 91 erschien „Der Rechtsstaat nach seinem Ende“ von Thor von Waldstein, der bereits seit Jahrzehnten in der Neuen Rechten aktiv und als Jurist ein glühender Carl Schmitt-Verehrer ist. In dem genannten Band geht es ihm darum, „den langen Weg des Rechtsstaats vom hehren Verfassungsideal des Vormärz bis zu den Niederungen begrifflicher Promiskuität in der späten Bundesrepublik nachzuzeichnen“. Daher ist die Darstellung chronologisch strukturiert, orientiert sie sich doch an den historischen Etappen.
Hierbei betont der Autor angebliche Niedergangstendenzen, wobei ein „politischer Kampfbegriff“ im Rechtsstaat-Terminus gesehen wird. Erkennbar geht es um die ideologische Delegitimierung der gegenwärtigen Rechtsordnung, die auf die Siegermächte von 1945 und nicht das Volk zurückgehe. Pluralistische Gruppen und politische Parteien hätten einen unangemessenen Status erhalten. Die Bundesrepublik, auch als „suizidal determinierter Migrationsstaat“ erwähnt, sei nur ein Rechtsstaat auf dem „Reißbrett“.
Christentum ohne „universalistischen Humanitarismus“
Als Band 92 erschien „Langmut. Den Widerstand üben“, verfasst von Uwe Jochum, einem langjährigen Bibliothekar und promovierten Germanisten. Darin behandelt er das zwischen dem Christentum und der Politik bestehende Verhältnis. Der Autor kritisiert vor allem eine humanistische Deutung, gehe es doch in der Bergpredigt nicht um eine „unterwürfige Sklavenmoral“. Die Affektkontrolle sei ebendort die hauptsächliche Botschaft. Es gehe auch nicht um einen „gutmütig-universalistischen Humanitarismus“, sondern um die „Grundlegung einer anderen Politik“.
Der Autor reiht dabei Bibelzitat an Bibelzitat, um sich eben bei seinem Anliegen auf Jesus stützen zu können. Dominante Deutungen seien demgegenüber unangemessen, man solle auf die auf Jesus „zurückgehende mythisch-spirituelle Tradition“ zurückkommen. Nur damit lasse „sich nun allerdings Politik und auch ein Staat machen“. Mit dieser Auffassung soll offenbar das Christentum in der Deutung für das der Neuen Rechten eigene Politikverständnis neu interpretiert werden.
Denken der Neuen Rechten müsse sich nicht legitimieren
Und als Band 93 erschien „Auswege. Eine Suche“, ein Gespräch zwischen Dusan Dostanic, Filipp Fomitschow und Götz Kubitschek. Die beiden Erstgenannten kommen aus Osteuropa, beide referierten auf einer „Akademie“ des formal aufgelösten „Instituts für Staatspolitik“. In dem Band geht es thematisch durcheinander, die unterschiedlichsten Fragen werden berührt. Aufmerksamkeit verdienen dabei die Deutungen darüber, ob die Neue Rechte eine Theoriefähigkeit erlangen könnte. Kubitschek erklärte: „Ich bin der Auffassung, daß sich dieses Denken nicht legitimieren muß, denn es ist wirklichkeitsnah, realitätsnah, es ist nah an der Wesensnatur des Menschen …“.
So begründete er auch seine Einschätzung, dass es kein Manifest der Neuen Rechten geben würde. Mit einem Absolutheitsanspruch wähnt man die Realitätsnähe ebenso auf seiner Seite wie die Wesensnatur. „Die deutsche Idee vom Menschen“, so Kubitschek zuvor, könne „jeden in eine Volksgemeinschaft“ integrieren. Der Kollektivismus gegen die Moderne wäre da der Punkt.
Anthropologie, Christentum und Rechtsstaat als Themen
Während somit das erstgenannte Buch um Christen für das eigene politische Lager wirbt, wollen die anderen „kaplaken“ demgegenüber dezidierter für politische Positionen werben. Gott existiert aber auch für Kubitschek, wie er in dem Gesprächsband für die „deutsche Rechte“ konstatierte. Da sich nun aber die Kirchen politisch in einem anderen Sinne positionieren, bedarf es eben einer eigenen Deutung des Glaubens in einem „rechten“ Sinne. So erklärt sich wohl auch die Aufnahme von Jochum in die „kaplaken“-Reihe.
Der Gesprächsband wirbt demgegenüber für „Klassiker“ wie Positionen, wobei insbesondere Arnold Gehlen mit seinem Menschenbild immer wieder Thema ist. Bekanntlich entwickelte er es in dem Buch „Der Mensch“ von 1940, das er nach 1945 indessen leicht umschreiben musste. Demgegenüber wird der Carl Schmitt-Begeisterung auch weiterhin von Waldstein gehuldigt, einhergehend mit Klagen über den existenten Staat, der angeblich sein Ende als Rechts- zugunsten eines Wertestaates gefunden habe.