Die Identitäre Bewegung in M-V – Ein Überblick

Mit etlichen Kleinstaktionen drängt die Identitäre Bewegung auch in Mecklenburg-Vorpommern immer mehr in die Öffentlichkeit. Doch während in vielen Bundesländern der Verfassungsschutz die Gruppierung mittlerweile beobachtet, läuft bei der hiesigen Behörde noch der Prüfvorgang.

Mittwoch, 29. Juni 2016
Redaktion
Die Kundgebung der Identitären in Ribnitz-Damgarten
Die Kundgebung der Identitären in Ribnitz-Damgarten
Viele Beobachter nahmen den mecklenburg-vorpommerschen Ableger der Identitären Bewegung (IB) bereits früh zur Kenntnis. Wenig überraschend sind die Anhänger der „Bewegung“ vor allem in den sozialen Netzwerken präsent – auf Facebook schreiben sie bereits Anfang 2015 von einer „Interessenten- und Vortragsveranstaltung“. Doch über Monate bleibt der lokale Ableger der IB vor allem eines: virtuell. 2015 bestimmte die Flüchtlingsdebatte die öffentliche Wahrnehmung, die Identitären konnten von der ständig in den Medien präsenten Thematik profitieren – und trauten sich zunehmend auf die Straße. Hängten einige Anhänger anfangs nur Plakate gegen den „großen Austausch“ oder Banner auf Brücken, agieren sie zunehmend selbstbewusster. So kam es vergangenen Oktober zu einer unangemeldeten Mini-Kundgebung vor dem Rostocker Rathaus, wenige Wochen später war die „Lügenpresse“ das Ziel: Vom Dach der „Ostsee-Zeitung“ entrollten Aktivisten ein Banner, welches auf eine „bittere Zukunft“ hinweisen sollte. Als Kopf der Gruppe in Mecklenburg-Vorpommern gilt der Rostocker Daniel Fiß. Der Student der Universität Rostock fand zuerst über die NPD zum politischen Aktivismus, war dort „JN-Schulungsbeauftragter“. Nach einiger Zeit wandte er sich von der rechtextremen Partei jedoch ab, nach eigenen Aussagen hielt ihn ein anschließendes direktes Engagement bei der IB von deren „dilettantischem Auftreten“ ab.


Daniel Fiß als Redner auf der Identitären-Demo in Berlin

Seitdem übernimmt der Jungkader zahlreiche Aufgaben und zielt vor allem auf ein professionelleres und für Sympathisanten attraktiveres Auftreten ab. Fiß organisiert Stammtische, hält Vorträge über die „Bewegung“ und ist auf annähernd allen Aktionen seiner Identitären anwesend. Wie dünn die Personaldecke der Gruppe und wie groß die Abhängigkeit von einigen wenigen Aktivisten ist, zeigt auch das „Aushelfen“ des Rostockers in anderen Bundesländern. So trat Fiß als Redner auf Kundgebungen in Berlin auf und war maßgeblich in die Organisation und Durchführung der ersten öffentlichen Demo der Identitären in Berlin eingebunden. Die Zahl der Aktiven in Mecklenburg-Vorpommern setzt sich derzeit aus rund zwei Dutzend Personen zusammen, die oft universitären Kreisen entspringen und in größeren Städten wie Rostock, Wismar und Schwerin anzusiedeln sind. Vereinzelt bestehen Verbindungen zu Burschenschaften. Im April kam es schließlich zum ersten Auftritt, der nicht wie ein Flashmob anmutete und sich auf mehr als fünf Minuten erstreckte. Die IB hatte eine Kundgebung in Ribnitz-Damgarten angemeldet, Rostock sollte aufgrund möglicher Gegenproteste gemieden werden. Und selbst dieser öffentliche Auftritt wurde nur intern beworben. An der Kundgebung beteiligten sich rund 40 Identitäre, die auch ein Banner von Götz Kubitschek, dem prominenten Vertreter der Neuen Rechten, mit sich führten. Neben Daniel Fiß traten auch Daniel Funke und Jan Krüger als Redner auf. Eine anschließende Demo in Stralsund wurde „spontan“ abgesagt, dafür zogen die Anhänger mit Burkas verkleidet durch Warnemünde. Laut Polizei seien die verteilten Flyer „der rechtsextremen `Identitären Bewegung´ zuzuordnen“.


Teilnehmer auf der Kundgebung in Ribnitz-Damgarten

Zu einem bestimmten Grad dürfte die IB auch von den kaum präsenten Strukturen der Jugendorganisationen der AfD und NPD profitieren. Ende Februar gründete sich die „Junge Alternative“ um deren Vorsitzenden Robert Schnell, doch von der Gliederung geht derzeit kaum Aktivität aus; die wenigen Mitglieder dürften allesamt in den Wahlkampf eingebunden sein. Das Verbotsverfahren gegen die NPD beträfe auch deren Jugendorganisation, die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) – diese sind in der Öffentlichkeit seit Monaten nicht mehr wahrnehmbar. Doch möglicherweise eint beide Rechtsaußen-Gruppierungen bald eine Sache: die Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Während die NPD mit ihren Gliederungen längst dauerhaft beobachtet wird, verkündete Behördenchef Maaßen Ende Mai: „Einige Landesämter schauen sich die Identitären inzwischen genauer an.“ In einigen Bundesländern ist dies teilweise schon vor einigen Monaten passiert, andere bestätigten dies erst nach der Aussage ihres Bundeschefs. Die Behörde in Mecklenburg-Vorpommern ist hingegen noch zu keinem Entschluss gekommen: „Aufgrund der jüngsten Entwicklung prüft die Verfassungsschutzbehörde des Landes, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte Beobachtung der `Identitären Bewegung´ vorliegen, so eine Sprecherin gegenüber ENDSTATION RECHTS. Einschätzungen anderer Verfassungsschutzbehörden würden dabei berücksichtigt. Währenddessen legen die Identitären nach – und störten erst vor gut einer Woche am Tag des offenen Schlosses in Schwerin. Diesmal trifft die Aktion, die bereits nach rund einer Minute vorüber war, die Fraktion der Grünen. Der Landtag prüft derzeit rechtliche Schritte.
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