Die Furcht der NPD vor der AfD

Bei der Landtagswahl in Sachsen 2014 sorgten auch die Verluste der NPD an die AfD für das Ausscheiden der rechtsextremen Partei aus dem Landtag. Dieses Schicksal droht ihr in Mecklenburg-Vorpommern nun auch.

Montag, 29. August 2016
Marc Brandstetter

Nachdem die Alternative für Deutschland wenige Monate nach ihrer Gründung in bestimmten NPD-Kreisen durchaus auf Wohlwollen traf, änderte sich das zuletzt merklich. Wohl auch, weil die selbsternannte Alternative mit ihren scharfen Angriffen auf die in ihren Augen ungesteuerte Zuwanderung und die „Altparteien“ Politikfelder bedient, die eigentlich die NPD nach wie vor als ihr Terrain versteht.

Im Landtagswahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern fuhren die „Macher“ der NPD vordergründig zunächst zweigleisig. Den Verzicht auf Direktkandidaten begründete Landesvize David Petereit auch mit dem teilweise „fähigen“ Personal der Konkurrenz. Allerdings wollte die sich bundesweit seit Jahren im Niedergang befindliche NPD, die derzeit zusätzlich ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu überstehen hat, vielmehr ihre eigene strukturelle Schwäche kaschieren. Zuletzt mehrten sich dann die politischen Angriffe auf die AfD. Ein NPD-Kreisverband veröffentlichte auf Facebook ein Foto, das eine Frau in einer islamischen Burka zeigt, die scheinbar ein AfD-Plakat hängt. Dazu schreibt die Partei: „Neben homosexuellen und negroiden AFDlern nun das noch. Das Partei ist nichts weiter als ein Ablassventil für den Volkszorn.“ Und die aktiv in den Landtagswahlkampf eingebundene Parteijugend der Rechtsextremisten, die Jungen Nationaldemokraten (JN), plakatiert: „Spießer wählen AFD, echte Kerle NPD!“

Durchhalteparolen von Fraktionschef Pastörs

Die Angst vor der neuen Konkurrenz ist nicht unbegründet. In Sachsen fehlten der NPD im August 2014 wenige Hundert Stimmen, um zum dritten Mal in Folge in den Landtag einzuziehen. Mehrere Tausend ihrer bisherigen Anhänger machten ihr Kreuz bei der AfD, die mit ihrer Spitzenkandidatin Frauke Petry fast zehn Prozent Zustimmung erhielt. Der Kampf um Proteststimmen ist hart, die NPD ist auch hierzulande auf dieses Potenzial angewiesen. Ihre Kernwählerschaft dürfte trotz einer gewissen lokalen Etablierung nach wie vor nicht ausreichen, um alleine die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen. Die Aussichten der AfD, möglicherweise stärkste Kraft zu werden, erschwert die Situation für die Truppe um Fraktionschef Udo Pastörs zusätzlich. Diese Prognose könnte den ein oder anderen weiteren Wähler von der „braunen“ auf die „blaue“ Seite ziehen.

In der Juli-Ausgabe des Parteiblatts „Deutsche Stimme“ griff Pastörs auf Durchhalteparolen zurück, um die Basis auf Linie zu bringen. Er sei nicht der Auffassung, dass die AfD der NPD „im Nacken sitze“. Vielmehr agiere seine Partei aus „einer Position der relativen Stärke“. Eine interessante Interpretation angesichts aktueller Umfragewerte von drei Prozent für die NPD.

Der NPD steht das Wasser bis zum Hals

Parteichef Frank Franz macht die Medien für den AfD-Erfolg verantwortlich, diese Partei würde hochgeschrieben. Deren Stärke liege an äußeren Umständen, die von der NPD nicht beeinflussbar wären. Im Gegenteil: Die „Kameraden“ seien auf dem richtigen Weg. Nahezu grotesk die Kritik des durch eine missglückte YouTube-Aktion bekannt gewordenen rheinland-pfälzischen NPD-Kaders Safet Babic. Er bezweifelt ebenfalls in der „Deutschen Stimme“ ausgerechnet die Finanzierbarkeit von AfD-Forderungen. Dabei macht die NPD nichts anderes: Sozialpolitische Versprechen, die sie durch Einsparungen beispielsweise der Zahlungen an die EU kompensieren möchte. Seriöse Berechnungen hat Babic’ Partei nicht vorgelegt.

Kurzum: Der NPD steht das Wasser bis zum Hals. Der Aufstieg der AfD droht ihr zunächst den politischen Garaus zu machen. In der Vergangenheit hat sich die NPD indes durch viele Täler gekämpft, sie darf nicht vollständig abgeschrieben werden. Ein Verlust ihrer Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern würde sie dessen ungeachtet schwer treffen.

Der Text erscheint mit freundlicher Genehmigung von vorwärts.de

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