Rezension

Die AfD als Ausdruck des „neuen Nationalismus“. Das neue Buch von Patrick Bahners

Patrick Bahners, bekannter Autor im FAZ-Feuilleton, legt mit „Die Wiederkehr. Die AfD und der neue deutsche Nationalismus“ zum Thema vor. Darin gelingen ihm erwartbar viele gelungene Formulierungen bei kritischen Wertungen, allerdings fehlt es dem Buch dann doch an einer klaren inhaltlichen Linie mit klarer Struktur.

Dienstag, 17. Januar 2023
Armin Pfahl-Traughber
Die AfD als Ausdruck des „neuen Nationalismus“ - das neue Buch von Patrick Bahners ist im Klett-Cotta-Verlag erschienen
Die AfD als Ausdruck des „neuen Nationalismus“ - das neue Buch von Patrick Bahners ist im Klett-Cotta-Verlag erschienen

„Der Nationalismus ist wieder eine politische Kraft in Deutschland“ und: „Die AfD rutschte nach rechts – und das Land ebenfalls“. Diese beiden mahnenden Sätze finden sich gleich auf den ersten Seiten. Gemeint ist damit das von Patrick Bahners vorgelegte Buch mit dem Titel: „Die Wiederkehr. Die AfD und der neue deutsche Nationalismus“. Der Autor gehört zu den bedeutendsten Feuilleton-Journalisten des Landes. Seit 1989 finden sich seine entsprechenden Beiträge in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, wo auch immer wieder die AfD inhaltlicher Gegenstand von Kommentaren war.

Aus dieser Auseinandersetzung entstand nun eine Monographie von über 500 Seiten. Sie möchte laut Bahners den „neuen Nationalismus als ein Phänomen der Oberfläche zu fassen bekommen“ und präzise „bestimmen, worin die Gefährdung der Demokratie durch den … wieder parteiförmig organisierten Nationalismus eigentlich besteht“. Insofern hat sich der Autor viel vorgenommen, geht es doch um ein komplexes Phänomen.

„Das ungepflegte Benehmen der Abgeordneten der AfD …“

Das Buch gliedert sich in sieben Kapitel, die aus beschreibenden Darstellungen sowie assoziativen Kommentaren bestehen und jeweils einen besonderen Themenkomplex in das inhaltliche Zentrum rücken. Insofern hat man es nicht mit einer inhaltlich stringenten Abhandlung zu tun, reiht Bahners doch in den Kapiteln fragmentarische Reflexionen aneinander. Er beginnt mit den Auffassungen von Identität und Souveränität, die von AfD-Politikern in die Öffentlichkeit getragen werden. Am Anfang steht da der nicht sonderlich bekannte ehemalige General Joachim Wundrak.

Dann geht es allgemeiner um die Darstellung des Parteipersonals, wozu Bahners immer wieder gelungene Formulierungen einfallen, wie etwa: „Das ungepflegte Benehmen der AfD-Abgeordneten in Land und Bund, eingeschlossen die Solidaritätsadressen der Parteioberen für Höcke, ist gegenkulturelles Fanal, eine Art von Aktionskunst: beflissenes Tun, das vom Handeln entbindet“. Ein derartiger FAZ-Feuilleton-Stil durchzieht auch die späteren Teile zu anderen Themen.

„Vier Gestalten des neuen Nationalismus“

In ihnen geht es etwa ausführlich um Alexander Gauland als wichtige Parteifigur, der gleich mehrere bedeutende Funktionen einnimmt: Ideologe, Repräsentant, Stratege. Auch die Ereignisse um die Kemmerich-Wahl in Thüringen werden intensiv thematisiert, sieht Bahners darin doch ein Musterbeispiel für strategisches Vorgehen. Die „vier Gestalten des neuen Nationalismus“ will er in „Realismus“, „Republikanismus“, „Antimoralismus“ und „Paternalismus“ ausmachen.

Danach ist die AfD noch als „illoyale Opposition“ ein Thema. Und abschließend geht es um die Bezüge zu Putins Russland, wozu es heißt: „Die Russland-Verbindung der AfD ist ein dickes Bündel ideeller Motive, ökonomischer Interessen und politischer Absichten“. Dabei hat man es mit einer Ansammlung von einzelnen Fragmenten zu tun, fehlt dem Buch doch in der Gesamtschau und nicht nur in den einzelnen Kapiteln eine klare Struktur. Leider vermisst man auch die konkreten Belege für die jeweiligen Zitate.

Fehlende systematische Erörterungen zu angekündigten Themen

Damit ist die Einschätzung von der Erwartungshaltung der Leser abhängig. Wer feuilletonistisch geprägte Beschreibungen zur Parteientwicklung erwartet, der wird mit „Die Wiederkehr. Die AfD und der neue Nationalismus“ gut bedient. Wer aber die angekündigte Absicht des Autors mit einer systematischen Erörterung etwa zu den Gründen für einen „neuen Nationalismus“ verbunden sehen möchte, wird das Buch wohl mit einer gewissen Enttäuschung aus der Hand legen.

Auch die interessanten Deutungen, die ausführlichere Belege und Reflexionen verdient hätten, erfahren beides auf den mehr als 500 Seiten nicht wirklich. Die versprochene präzise Einschätzung des Gefahrenpotentials der Partei hätte etwa ein entsprechendes Untersuchungsraster erwarten lassen, womit differenzierte Einschätzungen des „neuen Nationalismus“ wie ihrem organisatorischen Vertreter vorgenommen werden können. Diese Einwände streiten indessen der Monographie nicht ab, dass man darin viele angemessene Bewertungen mit gelungenen Formulierungen zur Partei findet.

Patrick Bahners, Die Wiederkehr. Die AfD und der neue deutsche Nationalismus, Stuttgart 2023 (Klett-Cotta), 539 Seiten

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