Rechtsrock-Konzert

„Der Norden rockt“ – nicht

Nachdem die Polizei ein Rechtsrock-Konzert von Thorsten Heise in Neumünster auflösen wollte, kam es teilweise zu Angriffen auf die Polizei. Neonazis verschanzten sich in dem Gebäude und bewarfen die Einsatzkräfte mit Stühlen und Bierdosen.

Sonntag, 05. März 2023
Andrea Röpke
Ein "Brigade 12"-Banner hing noch im Vereinsheim, wo das Konzert stattfinden sollte. Foto: Marian Ramaswany
Ein "Brigade 12"-Banner hing noch im Vereinsheim, wo das Konzert stattfinden sollte. Foto: Marian Ramaswany

Um 22.58 h verließ Neonazi Thorsten Heise das Kleingartengelände in Neumünster. Anders als viele seiner Kameraden fuhr der vermögende Rechtsrock-Unternehmer aus dem Eichsfeld friedlich vom Gelände der „Gartengemeinschaft Heinrich-Förster“. Doch sein Vorhaben, das Konzert „Der Norden rockt“ mit den Bands „Endstufe“, „Radikahl“ und „Hard&Smart“ durchzuziehen, war an einem Großaufgebot der Polizei in Schleswig-Holstein gescheitert.

Über seinen Online-Shop hatte Heise 388 limitierte Eintrittskarten für rund 20 Euro angeboten, die Polizei sprach später von knapp 400 Personen vor Ort. Gegen Samstagnachmittag war zunächst in den „Großraum Hamburg“ geschleust worden, gegen 18 Uhr wurde dann Neumünster als Zielort angegeben. Die Polizei war bereits informiert, mit unzähligen Mannschaftswagen, Rettungsfahrzeugen und einem Gefangenentransporter wurde angerückt und das Gelände zunächst großflächig umstellt.

„Verlobungsfeier“

Das Vereinsheim sei von „einer Frau aus Schleswig-Holstein“ angeblich „für eine Verlobungsfeier“ angemietet worden, hieß es. Die Bands begannen bereits mit dem Soundcheck, es wimmelte überall von glatzköpfigen Skinheads und angetrunkenen Grüppchen von Neonazis, als die Beamten sich in Position brachten.

Teilnehmer verlassen die aufgelöste Veranstaltung, Video: isso.media

Am Eingang zur „Heinrich-Förster“-Kolonie im Wernershagener Weg kontrollierte Gianluca Bruno von der rechtsextremen „Arischen Bruderschaft“ den Einlass. Bruno hatte gemeinsam mit Heises Sohn 2018 zwei Journalisten brutal angegriffen und einen davon schwer verletzt. Das Banner von „Brigade 12 Pommern “ mit den gekreuzten Stilgranaten hing im Saal, während der sich weiter füllte. „Brigade 12“ ist eine in Vorpommern aktive Untergruppe der „Arischen Bruderschaft“ von Thorsten Heise.

Polizei attackiert

Als die Beamten schließlich in schwerer Ausrüstung den Festsaal stürmten, kam es zu Krawallen. Dabei flogen Stühle, Bierdosen und ein Feuerlöscher. Mobiliar ging massenhaft zu Bruch. Fensterscheiben zerbrachen. „Ein Ort der Verwüstung“, so ein Augenzeuge. Ein Viertel der Konzert-BesucherInnen verschanzten sich in dem Gebäude. Nach und nach wurden sie herausgeholt, erkennungsdienstlich behandelt. Unterbunden wurde die Veranstaltung laut Polizei, da von einigen der angereisten Personen eine nicht unerhebliche Gefahr ausgehe und sie sind zum Teil polizeibekannt waren.

Die zerstörte Eingangstür des Vereinsheims, Foto: Marian Ramaswany
Die zerstörte Eingangstür des Vereinsheims, Foto: Marian Ramaswany

Während es Anzeigen auch wegen Landfriedensbruchs sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte hagelte und die lokalen Einsatzkräfte Unterstützung durch die Bundespolizei erhielten, wurde Organisator Thorsten Heise freundlich vom Gelände gewiesen. Rechtsrock-Experte Thorsten Hindrichs ist der Ansicht, dass es im Rechtsrock-Business gerade „harte Konkurrenz um den größten Einfluss“ gibt. Heise ist nicht der einzige, der sich über Strohmänner ein „regelrechtes Imperium“ aufbaut, so Hindrichs.

Die Polizeibeamten sollen massiv mit Stühlen aus dem Gebäude beworfen worden sein, Foto: Marian Ramaswany
Die Polizeibeamten sollen massiv mit Stühlen aus dem Gebäude beworfen worden sein, Foto: Marian Ramaswany

Für „Der Norden rockt“ sei es dem stellvertretenden Thüringer NPD-Chef gelungen, eine der ältesten Szene-Bands, „Endstufe“ aus Bremen mit in „sein Lager“ zu ziehen. Mit der aus Thüringen stammenden Band „Radikahl“ zeige sich eine weitere Verbindung, so Hindrichs. Zu deren Gesangsrepertoire zählen Zeilen wie: „Hängt dem Adolf Hitler, hängt dem Adolf Hitler den Nobelpreis um“. Die Band „Hard&Smart“ wird von „Oldschool Records“gelabelt. Deren Betreiber zählt zum Spektrum der berüchtigten Neonazi-Kameradschaft „Voice of Anger“ aus dem Allgäu. BesucherInnen reisten u.a. aus dem gesamten norddeutschen Raum, aber auch aus Dortmund, Mannheim oder Sachsen-Anhalt an.

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