Deftiger Sündenkatalog
Die Rechtsrock-Band „Oidoxie“ steht in der Neonazi-Szene unter heftiger Kritik – der Gruppe wird vorgeworfen, politische Demonstrationen zu boykottieren, sowie Nähe zum Verfassungsschutz unterstellt.
An der Dortmunder Band „Oidoxie“ scheiden sich in der Rechtsrock-Szene die Geister. Die einen stehen bedingungslos hinter der Band, die seit knapp 15 Jahren mit dem Frontmann Marko Gottschalk, ansonsten aber in wechselnden Besetzungen bei Neonazi-Konzerten auf der Bühne steht und – inklusive ihrer Nebenprojekte – rund ein Dutzend CDs auf den Markt geworfen hat. Doch es gibt szeneintern auch nicht wenige „Oidoxie“-Gegner, die jedes Konzert meiden, bei dem die Dortmunder Gruppe angekündigt ist und gar zum Boykott aufrufen. Eine Stellungnahme der Band und ihrer Crew sollte jetzt die Wogen glätten. Gelungen ist das höchstens teilweise.
Nicht mehr zu übersehen waren die Konflikte zuletzt im Vorfeld des „9. Thüringentags der deutschen Jugend“, der am 12. Juni in Pößneck stattfand. In den einschlägigen Foren sorgte die Tatsache, dass „Oidoxie“ als eine von vier Bands angekündigt wurde, für Ärger. Zumal bei Neonazis aus deren westdeutscher Heimat. Ein „Autonomer Nationalist“ aus dem Ruhrgebiet zählte das Sündenregister von „Oidoxie“ auf. Es gehe ihm bei der Kritik an der Einladung der Band nicht um den Namen „und auch nicht um das Aussehen und auch nicht ausschließlich um das negative Klientel, das sie anziehen“. Aber: Es sei „nunmal Fakt, und dazu gab es endlose Diskussionen und Beweise, dass diese Gestalten alle politischen Demos im Pott boykottierten“. Parallel zu Demonstrationen hätten sie Konzerte organisiert, z.B. Vorabendkonzerte zum 1. Mai oder Konzerte in Belgien parallel zum „Antikriegstag“ am 1. September in Dortmund. „Und als es ein Solikonzert politischer Leute gab, um den Bus nach Dresden zu bezahlen – ja wer musizierte dann kurzfristig im Nachbarort? Dreimal dürft ihr raten.“
Band wieder aus dem Programm gestrichen
Nicht fehlen darf in diesem Sündenkatalog eine unterstellte Nähe von „Oidoxie“ zum Verfassungsschutz: „Wer arbeitet/e mit einem bekannten V-Mann zusammen?“ Es gehe, meint der Rechts-„Autonome“ aus dem Ruhrgebiet bei einer Veranstaltung wie dem „Thüringentag“ um „Politik, es geht um Weltanschauung und Gemeinschaftsgefühl – all jenes was die Leute von Oidoxie nicht kennen und schon gar nicht verkörpern. Dinge die sie boykottierten und ablehnen“.
Es verging keine Woche, und die Band war aus dem Programm gestrichen. „Um wieder Bands, Redner und vor allem Ruhe in diese Veranstaltung zu bekommen haben wir Oidoxie wieder ausgeladen“, teilte jemand aus dem Umfeld der Organisatoren mit. Deren angekündigter Auftritt sei immer wieder ein Problem gewesen. Weitere Bands seien nicht zu finden gewesen, auch Infotische seien unter Hinweis auf das Programm abgesagt worden. „Jetzt nach diesem Schritt dürfte es für manche Redner, Infotischen und Bands kein Problem mehr sein an dieser Veranstaltung teilzunehmen.“
Offene Rechnungen bei „Kameraden“ nicht beglichen
Doch nicht nur die Band selbst, auch ihr Umfeld steht immer wieder in der Kritik. Zu diesem Umfeld gehört beziehungsweise gehörte Carsten K., einst Chef der Neonazi-„Kameradschaft Dortmund-Witten“ und in den letzten Jahren regelmäßig Veranstalter von Rechtsrock-Konzerten. Ihm wird vorgehalten – zuletzt nach einem von ihm veranstalteten Konzert in Sachsen –, Bands mit Mini-Gagen abgespeist zu haben und offene Rechnungen bei „Kameraden“ in vierstelliger Höhe überhaupt nicht beglichen zu haben.
Sauer ist man in der Szene auf K. auch deswegen, weil er bei seinen Konzerten mit dem Auftritt von Bands geworben haben soll, von denen klar war, dass sie tatsächlich gar nicht auftreten würden. Das Tüpfelchen auf dem i: K. ist jene Person aus dem „Oidoxie“-Umfeld, der vorgehalten wird, mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet zu haben.
Die Situation war also ungemütlich geworden für die Band und ihre Ordner- und Unterstützertruppe mit Namen „Streetfighting Crew“. Mit einer schon vor Wochen angekündigten Stellungnahme versuchen Crew und Band nun, die Wogen zu glätten. Ja, es stimme, „dass es einen ,KAMERADEN’ in unseren Reihen gab, der sich nachweislich mehr an der Szene bereichert hat, statt sie zu unterstützen“.
Von „Terrormachine“ zu „Moneymachine“
Ohne den „Kameraden“ beim Namen zu nennen, heißt es, es habe den Anschein, als ob bei von ihm organisierten Veranstaltungen Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet worden sei. „Dieses Handeln betrifft allerdings weder die Crew, noch die Band Oidoxie!“, beteuern die Dortmunder Rechtsrocker und ihr Anhang: „Wir distanzieren UNS an dieser Stelle mit aller Deutlichkeit davon!“
Die Band und auch die Crew hätten „keine finanzielle Ausrichtung“, wird den „Kameraden“ versichert, von denen mancher in den letzten Jahren daran immer deutlicher Zweifel angemeldet hatten. Einige gingen sogar so weit, den Titel einer „Oidoxie“-CD („Terrormachine“) ein wenig abzuwandeln und die Band als „Moneymachine“ zu titulieren. „Wir sind überzeugte Nationalisten und das ist es, was für uns zählt“, schreiben aber nun die Autoren der Stellungnahme. Ob das reicht, um wieder für Ruhe in der Szene zu sorgen, darf bezweifelt werden. Von Crew und Band ist aber Genaueres erst einmal nicht zu erfahren: „Wir werden uns hier nicht auf wilde Diskussionen einlassen, weil dies nicht unser Ding ist. Hier ist unsere Stellungnahme und gut ist!!!“