Reichsbürger
Das „Königreich Deutschland“ in Sachsen
Einer der bekanntesten und umtriebigsten Akteure aus dem Reichsbürger-Milieu ist zweifelsohne Peter Fitzek und sein selbsternanntes „Königreich Deutschland“. In einer Publikation hat sich das Kulturbüro Sachsen die Souveränisten genauer angesehen, vor allem mit Blick auf Aktivitäten im Freistaat. Wir veröffentlichen hier einen Auszug.

Was ist das „Königreich Deutschland“?
Das KRD ist eine Gruppierung von Souveränist*-innen, die in Sachsen-Anhalt und Sachsen am aktivsten ist, aber auch in vielen anderen Bundesländern Mitstreiter*innen hat. Gegründet wurde das KRD im Jahr 2012 von Peter Fitzek, der seit vielen Jahren Reichsbürgerideologe und aktiver Esoteriker ist. Im gleichen Jahr fand in Wittenberg eine Krönungszeremonie statt, bei welcher sich Fitzek vor zahlreichen Anhänger*innen selbst zum König eines Fantasiestaates - dem “Königreich Deutschland” - gekrönt hat. Nach eigenen Angaben hat das KRD mehrere Tausend Anhänger*innen. Expert*innen gehen von bis zu 2.000 Menschen bundesweit aus.
Der eigene Anspruch ist kein geringerer als ein „neuer deutscher Staat, der […] gegründet wurde, um dauerhaften Frieden herzustellen.“ Dafür ist es nach dem Selbstverständnis „erforderlich, die zerstörerischen Systeme und Strukturen abzulösen und durch bessere zu ersetzen.“
Gegen einen bestimmten Geldbetrag bekommt man vom KRD einen eigenen Ausweis, Führerschein, Bankkonto und ein Einführungsseminar. Auf der Website des Königreichs werden gegen Zahlung von Beträgen ab 340 EUR verschiedene Seminare angeboten in denen erklärt wird, wie ein "Systemausstieg" aus der Bundesrepublik funktioniert.
Was sind die Inhalte und Ziele des “Königreich Deutschland”?
Das KRD leugnet die geltende Rechts- und Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland, bzw. lehnt sie ab. Wie andere Reichsbürger auch, versteht sich das KRD als außerhalb der Rechtsordnung stehend.
Das KRD baut eigene staatliche Strukturen auf, so wurde bspw. eine eigene Verfassung verabschiedet. Mit der Gründung zahlreicher Unternehmen, eigener Banken, Krankenkassen und Bildungseinrichtungen soll unter anderem die staatliche Daseinsvorsorge ersetzt werden. Mit esoterisch anmutenden oder verschleiernden Begriffen wie „Engelgeld“ und „Königliche Reichsbank“, „Gemeinwohlkasse“, „Deutsche Heilfürsorge“, „Königreich Deutschland Messe“ und „Vollholzprofi –Staatsbetrieb“ wird aktiv bis aggressiv um Mitglieder geworben. Im Umfeld des KRD sind dafür auch eigene Vereine gegründet worden.
Das KRD ist für seine Expansion darauf angewiesen, dass Menschen (Privatpersonen) ihr Geld zur Verfügung stellen.
Gerade während der Corona-Pandemie hat Fitzek versucht, das KRD auszubauen und neue Mitglieder zu werben. So sprach er im Winter 2020 bereits mit führenden Personen der Querdenken-Bewegung und veröffentlichte im Anschluss den Vortrag, den er hielt.
Ein Blick in die Veröffentlichungen von Peter Fitzek, dem selbsternannten König des Fantasiestaates, offenbart die antidemokratischen, menschenfeindlichen, rassistischen und antisemitischen Grundlagen seines Denkens. Zu seiner Selbstinthronisation verkündete er beispielsweise: „Im Bestreben, den Deutschen nach über 60 Jahren wieder eine Heimat in wahrer Freiheit zu geben, schaffen wir freien Männer und Frauen, gemäß unserem freien Willen, heute […] einen neuen deutschen Staat als Heimstatt für alle Deutschen.“
In Veröffentlichungen und Reden werden alte, antisemitische Bilder verschwörungsgläubiger, personalisierter Kapitalismuskritik formuliert. Den USA wird unterstellt, einen III. Weltkrieg beginnen zu wollen und dazu sogenannte „Marionettenregierungen“ anderer Länder zu missbrauchen – auch hier handelt sich um althergebrachte antiamerikanische, antisemitische Bilder.
Ist das “Königreich Deutschland” eine Sekte, ein Unternehmen oder eine rechtsextreme Gruppe?
Das KRD weist sowohl Merkmale einer Sekte, eines Unternehmens und einer extrem rechten Gruppe auf. Folgt man einer umgangssprachlichen, negativen Definition des Begriffes „Sekte“ kann man attestieren, dass das KRD sektenähnliche Züge ausbildet. Das Ideengebäude basiert auf religiösem und esoterischem Fundament, teilweise trägt die Umsetzung und Radikalität, mit der eigene Ideen formuliert werden, fanatische Züge. Man versteht sich in einem recht kleinen Kreis als Besitzer der „Wahrheit“. Um vollwertiges Mitglied zu werden, muss eine Staatsangehörigkeitsprüfung abgelegt werden. Dabei müssen die Verfassung und die Regeln des KRD und die Ideen dahinter verinnerlicht werden. Es werden zudem Loyalitätserklärungen und ein Gelöbnis für das KRD abgelegt.
Mit dem Überlassen privater Einkünfte und Ersparnisse sowie der Abgabe ihrer Personaldokumente werden die Mitglieder in einer gewissen Abhängigkeit gehalten. Sie sind dann gewissermaßen zwangsweise mit dem KRD verbunden.
Mit den Einnahmen entwickeln Fitzek und andere führende Köpfe des KRD eine enorme unternehmerische Tätigkeit. Firmengründungen und der Erwerb von Immobilien wie das Schloss Bärwalde in Boxberg und Eibenstock sind dafür ein Beleg. Die Gemeinwohlkasse dient dabei zur Finanzierung weiterer Projekte im KRD. Darüber hinaus werden in Systemausstiegsseminaren Zusatz-Module zur Betriebsgründung für Freiberufler*innen, Klein- und Einzelunternehmer*innen angeboten.
Demokratiefeindliche Positionen, die Nichtanerkennung der Bundesrepublik Deutschland und seiner Rechtsstaatlichkeit sowie Fitzeks Umsturzphantasien lassen sich als extrem rechte Positionen beschreiben. “Die Abwicklung der Bundesrepublik Deutschland kann genauso schnell geschehen, wie die Abwicklung der DDR damals“, ist eine von Fitzeks Kernbotschaften. Wie oben bereits dargestellt, gehören Antisemitismus, Antiamerikanismus gepaart mit Nationalismus zu den Kernbeständen des Ideologiegerüstes. In einem Video ist Peter Fitzek auch gemeinsam mit dem rechtsextremen Youtuber Nikolai “Volkslehrer” Nerling aufgetreten. In einem weiteren Video auf dem KRD-eigenen Videokanal – KRDtube – wird ein Interview mit dem selbsternannten “Volkslehrer” veröffentlicht. Nerling war immer wieder durch seine Teilnahme an neonazistischen Demonstrationen, Verharmlosung des Nationalsozialismus und Antisemitismus aufgefallen.
Aktivitäten des “Königreich Deutschland” in Sachsen
Das KRD und seine führenden Köpfe sind bereits seit einigen Jahren auch in Sachsen aktiv. Dies zeigte sich in den letzten Jahren insbesondere an diversen geschäftlichen Unternehmungen. Im Landkreis Bautzen gab es ein Ladengeschäft und ein Bowlingcenter, die mit dem KRD in Verbindung gestanden haben. Beide sind jedoch inzwischen geschlossen.
Im April 2021 hat das KRD im Gebäude einer Bäckerei im Dresdner Stadtteil Laubegast eine sogenannte "Gemeinwohlkasse" eröffnet. Dort können Menschen Geldanlagen und Versicherungen abschließen sowie laut Medienberichten auch Euro in die Währung des KRD umtauschen. Angeblich, so wird von der “Gemeinwohlkasse” geworben, ohne Steuern und Abgaben an die Bundesrepublik Deutschland zahlen zu müssen. In einem Gerichtsprozess in der Vergangenheit war bekannt geworden, dass über diese Reichsbürgerbanken mehr als 1 Million Euro von Privatpersonen an Fitzek und das KRD geflossen sind. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und staatliche Ermittlungsbehörden gehen gegen den Betrieb dieser “Gemeinwohlkasse” vor.
Im Raum Freital, in Ostsachsen und im Erzgebirgskreis sind in den letzten Jahren Bemühungen des KRD bekannt geworden, Immobilien zu erwerben. Bis Redaktionsschluss dieses Monitorium Rechts war es dem KRD in Boxberg (Landkreis Görlitz) und in Eibenstock (Erzgebirgskreis) gelungen, Zugriff auf Immobilien zu erlangen. Es handelt sich dabei um das Wolfsgrüner Schlösschen in Eibenstock, welches seit 2022 als ein Seminarzentrum für das KRD genutzt wird und nach eigenen Angaben auch der Wohnort von Peter Fitzek ist. Im Schloss Bärwalde in Boxberg sind zu Redaktionsschluss Bauarbeiten im Gange und es soll laut Medienberichten ein "Gemeinwohldorf” des KRD entstehen. Die Nutzung solcher Immobilien ist für das KRD eine Grundvoraussetzung für die eigene Existenz. Die erworbene Immobilie und die damit in Verbindung stehenden Ländereien werden als autonomes Staatsgebiet des KRD verstanden, auf welchem die eigenen Regeln gelten und die eigene Ideologie gelebt werden kann.
Die vollständige Publikation kann auf der Seite des "Kulturbüro Sachsen" heruntergeladen bzw. als Printausgabe bestellt werden.