Das „Compact-Magazin“ hofft auf die „Querfront“ – mal wieder
Erneut hofft das „Compact-Magazin“ auf eine „Querfront“, also eine Kooperation von „links“ und „rechts“ gegen das verachtete „System“. Doch wie realistisch sind die Auffassungen über eine solche Zusammenarbeit? Der Blick auf historische Beispiele und die politische Interessenlage vermittelt dazu andere Vorstellungen.
„Querfront“ steht groß auf dem Cover der April-Ausgabe von „Compact“ und darunter kann man lesen: „Wie Rechte und Linke die Kriegstreiber stoppen können“. Dann sieht man noch zwei Personen, die mit dem Rücken zum Betrachter stehen: links ein Mann mit dem Aufdruck „AfD“ auf der Jacke und einer Friedensflagge und rechts unverkennbar Sahra Wagenknecht. Das montierte Bild spielt auf die Demonstration vom 25. Februar an, wozu Alice Schwarzer und Wagenknecht aufgerufen hatten. Daran beteiligten sich ebenfalls einzelne Rechtsextremisten aus den unterschiedlichsten Spektren.
Auch die „Compact“-Akteure um Jürgen Elsässer wollten mitmachen, wurden aber immer wieder zur Seite gedrängt. Andere, optisch weniger bekannte Rechtsextremisten hatten geringere Probleme. In ihrer Rede distanzierte sich dann Wagenknecht von „Neonazis und Reichsbürger(n)“, was Elsässer in seinem Beitrag zur „Querfront“ bedauert, sieht er doch darin eine politische Chance für einen angestrebten Systemwechsel.
Historische Beispiele und Definition von „Querfront“
Doch was ist überhaupt mit „Querfront“ gemeint? Gleich drei „Compact“-Autoren liefern eine Definition, wobei sie nicht im Einklang miteinander stehen. Allgemein ist damit eine Kooperation von „links“ und „rechts“ gegen ein politisches System gemeint, also nicht nur das Aufgreifen von „linken“ Inhalten von „rechts“, wie der Autor Karel Meissner irrtümlich meint. In den Beiträgen wird auch auf historische Vorbilder verwiesen, welche aber alle letztendlich scheiterten.
So warben Funktionäre der KPD 1923 vergeblich um völkische Studenten, um einen gemeinsamen Kampf auch gegen das nicht-jüdische „Finanzkapital“ zu führen. Der kurzzeitige Reichskanzler Kurt von Schleicher stellte 1932 Überlegungen an, mit einem Bündnis von bürgerlichen Nationalisten und „linken“ Nationalsozialisten mit Gewerkschaften und „rechten“ Sozialdemokraten eine autoritäre Diktatur ohne Hitler zu etablieren. Auch derartige Gedanken blieben eine bloße Kopfgeburt, hätten sich die gemeinten linken Akteure doch kaum an einer solchen Kooperation beteiligt.
Hoffnung der „Querfrontler“: Sahra Wagenknecht
Gleichwohl war damit die Bezeichnung „Querfront“ in der Welt, wofür es aber nie einen bedeutsameren Realitätsbezug gab. Zwar existierten die „Nationalbolschewisten“, die einen entsprechenden Ideologiemix vertraten, jedoch keine politische Relevanz in der Weimarer Republik entfalten konnten. An diese älteren Geschichten und noch andere erinnert die „Compact“-Ausgabe zur „Querfront“, ohne für das Gemeinte eine realistische Option benennen zu können.
Zwar gab es bereits AfD-Einladungen zum Parteieintritt an Wagenknecht, und „Compact“ bejubelte sie als bessere Bundeskanzlerin. Indessen neigt die wohl prominenteste „Die Linke“-Politikerin nicht dazu, die ihr von „rechts“ entgegen gestreckte Hand zu ergreifen. Zwar führte sie auch Interviews mit den etwas ominösen „NachDenkSeiten“ und lud bei der erwähnten Demonstration auch den ehemaligen Brigadegeneral und früheren „Sezession“-Autor Erich Vad mit auf die Bühne. Gleichwohl stehen diese Beispiele nicht für eine existente „Querfront“ von Relevanz.
Gemeinsame Feindbilder, unrealistische Kooperationshoffnungen
Eine solche Bündniskonstellation ist auch für die Zukunft eher unwahrscheinlich - trotz der Gemeinsamkeiten bei der Deutung des russischen Angriffs auf die Ukraine, der von „links“ wie von „rechts“ als durch die NATO bzw. USA provoziert gilt. Es gibt zwar identische Feindbilder, hier die NATO, die USA und der Westen. Doch dürften sie längerfristig gesehen nicht für engere Bündnisse oder festere Kooperationen reichen, denn dem stehen gegensätzliche ideologische Auffassungen wie strategische Interessen gegenüber. Es gilt hier, die Frage zu stellen: Was hätte die „Linke“, was hätte die „Rechte“ davon?
Unter den Letztgenannten hat die „Querfront“ durchaus Sympathisanten, hoffen diese doch mit „linken“ Aussagen und Bündnispartnern aus der politischen Isolation heraus zu kommen. Gleichzeitig kann man sich bei den eigenen nationalistischen Einstellungen „offen“ und „sozial“ geben, um breiter in die gesellschaftliche Mitte hinein zu wirken. Demgegenüber stünde ein enormer Imageschaden auf der anderen Seite: „Linke“ würden „Rechte“ aufwerten