"Vereinte Patrioten"
Corona-Maßnahmengegner: Schlag gegen mutmaßliche Terrorgruppe
Mit Razzien sind Ermittler bundesweit gegen Mitglieder von Chatgruppen vorgegangen, die Bezüge zu Rechtsextremen, „Querdenkern“ und „Reichsbürgern“ haben sollen. Sie haben demnach Anschläge und die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplant.

Seit Oktober 2021 führen das Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz und die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz ein Ermittlungsverfahren gegen die Gruppe. Diese hat sich demnach in Telegram-Chats unter dem Namen „Vereinte Patrioten“ gesammelt, laut tagesschau.de hieß ein weiterer Chat „Aktive Patrioten“. Laut Ermittlern sei es das erklärt Ziel einiger Mitglieder gewesen, Einrichtungen der Stromversorgung wie Umspannwerke und Stromleitungen zu zerstören. Durch Erzeugung eines länger andauernden bundesweiten Stromausfall wollten die Beschuldigten demnach bürgerkriegsähnliche Zustände verursachen. Letztlich wollten sie während der so erzeugten Unruhen das demokratische System stürzen.
Die Ermittler teilten am heutigen Donnerstag auf einer seit gestern überraschend angekündigten Pressekonferenz in Mainz mit, auch sei die Entführung bekannter Personen des öffentlichen Lebens Bestandteil der Pläne gewesen. Einer der Menschen, die man habe entführen wollen, war laut Medienberichten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Angelehnt an den Schmähnamen für den Sozialdemokraten soll die Aktion laut tagesschau.de unter dem Namen „Klabautermann“ ausbaldowert worden sein. „Manchen Covid-Leugnern geht es nicht um den Kampf gegen Impfungen oder Corona-Auflagen. Sie kämpfen gegen unsere demokratische Grundordnung“, sagte Lauterbach dazu heute der „Bild am Sonntag“.
Fingierter Waffendeal brachte Razzia ins Rollen
Ob alle Umsturz- und Terrorpläne konkret waren oder, wie in anderen, ähnlich gelagerten Verfahren zuweilen auch unter verbaler Radikalisierung einzustufen sind, müssen nun die weiteren Ermittlungen klären. Die kriminalistische Auswertung der beschlagnahmten Gegenstände dürften sich laut Ermittler einige Zeit hinziehen. Konkreter Auslöser für die überraschenden Zugriffe war laut tageschau.de ein fingierter Waffendeal, mit dem verdeckte Ermittler Beschuldigten nun im rheinland-pfälzischen Neustadt an der Weinstraße eine Falle stellten. Dort lebt der Hauptverdächtige, gegenüber Medien bestätigte die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz den fingierten Waffendeal.
Die nun in den Chats identifizierten Personen sind laut Pressemitteilung „der Corona-Protestszene und Reichsbürger-Bewegung zuzuordnen“. Grundgedanke der Personen, gegen die sich die Razzia richtete, war laut Ermittlern die Delegitimierung und Destabilisierung des demokratischen Rechtsstaates, sowohl rechtsextreme als auch linksextreme Bezüge seien dabei bisher aufgefallen. Einige Beschuldigte seien bereits polizeilich bekannt.
Waffen, Geld und Goldbarren beschlagnahmt
Sichergestellt wurden unter anderem vierzehn Lang- und sieben Kurzwaffen sowie eine Kriegswaffe – eine Kalaschnikow. Beschlagnahmt wurden zudem Munition im mittleren dreistelligen Bereich, Bargeld in Höhe von 8.900 Euro, zahlreichen Goldbarren und Silbermünzen sowie Devisen im Wert von über 10.000 Euro. Die Einsatzkräfte stellten zudem Mobiltelefone, Datenträger, Notebooks sowie zahlreiche schriftliche Unterlagen betreffend die Umsturzplanungen, gefälschte Impfpässe sowie gefälschte Testzertifikate sicher.
Ab gestern Mittag durchsuchten rund 270 Polizisten – darunter auch Spezialeinheiten – zwanzig Objekte in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Brandenburg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Die Beschuldigten sind im Alter von 55, 54, 50, 42, und 41 Jahren. Ihnen werden nun die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Verstöße gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz vorgeworfen. Vier Beschuldigte wurden laut Ermittler festgenommen – eine Person offenbar nicht, da sie sich Medienberichten zufolge im Ausland aufhalte. Gegen die Festgenommen wurden Haftbefehle beantragt, worüber heute noch ein Ermittlungsrichter entscheiden muss.
Ähnlicher Fall in Bayern
Am 30.März waren in Bayern Beamte der Polizei im Rahmen von Durchsuchungsaktionen gegen sechs Männer aus dem Raum Neumarkt in der Oberpfalz vorgegangen, die ebenfalls im Verdacht standen, Aktionen gegen kritische Infrastruktur geplant zu haben. Konkret sollten laut Innenministerium Überlandleitungen zerstört werden. Laut Polizei hätten die Verdächtigen ein "preppertypisches Verhalten" an den Tag gelegt. Das Polizeipräsidium Oberpfalz sah in seiner ersten Pressemitteilung keine Hinweise auf "ein terroristisches Motiv oder eine terroristische Organisation", Staatsminister Herrmann sprach dagegen von einem empfindlichen "Schlag gegen eine Gruppierung mit rücksichtslosen und verfassungsfeindlichen Absichten". Bei der Durchsuchungsaktion wurden ca.70 Schusswaffen sowie mehrere zehntausend Schuss Munition sichergestellt.