Ceska plus Schalldämpfer

Im Münchner NSU-Verfahren gab ein BKA-Beamter die Aussage von einem der Waffenbeschaffer wieder, dass eine Waffe mit Schalldämpfer „explizit bestellt“ worden sei. Eine belastende Aussage für die Mitbeschuldigten Ralf Wohlleben und Carsten S.

Donnerstag, 20. März 2014
Andreas Speit

Das NSU-Trio wusste, was für eine Bewaffnung es wollte: Eine Pistole mit Schalldämpfer. Im NSU-Verfahren vor dem Oberlandesgericht München bezeugte am Mittwoch ein BKA-Beamter, dass der damalige rechtsextreme Skinhead Andreas Sch. dem NSU-Mitbeschuldigten Carsten S. auf Anforderung eine Waffe mit Schalldämpfer besorgte. „Ich liefere doch nicht mehr, als bestellt war“, soll Sch. gegenüber den BKA-Beamten bei der Zeugenvernehmung gesagt haben.

Im Saal A 101 des Oberlandesgerichts in München musste der Beamte ausführlich von den Vernehmungen berichten, weil Sch. seit seinen Aussagen beim Bundeskriminalamt (BKA) in Karlsruhe schweigt. Bereits im Januar war Sch., der von 1995 bis 2002 in Jena den Szeneladen „Madley“ mitbetrieb, vor Gericht erschienen, um mit einem Rechtsbeistand wissen zu lassen, nichts zu sagen. In Vernehmungen beim BKA hatte Andreas Sch. allerdings eingeräumt: „Ich hab' dem die Scheißknarre besorgt.“

Schweigen vor Gericht

Vor Gericht legte der BKA-Beamte nun am Mittwochvormittag dar, dass Sch. nur nach nachhaltigen Vorhaltungen eingeräumt hätte, eine Waffe mit Schalldämpfer wie bestellt besorgt zu haben. Das Zögern beim BKA und das Schweigen vor Gericht verwundern wenig, denn mit der von Sch. gelieferten Ceska 83 sollen laut der Anklage die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun Menschen mit türkischem und griechischem Hintergrund erschossen haben.

Die Aussagen und Antworten des BKA-Beamten berühren die mutmaßliche NSU-Mittäterin Beate Zschäpe sichtlich kaum. Aufmerksamer verfolgen die Mitbeschuldigten Ralf Wohlleben und Carsten S. die Darlegungen des Kriminalbeamten. In Sch.s Laden in Jena, in dem Mode und Musik für die Szene angeboten wurde, sollen 2000 auch erste Gespräche mit Wohlleben und S. über eine Waffe gelaufen sein.

Bei dem Geschäft „nur an’s Geld“ gedacht

Bei den Vernehmungen 2012 versuchte Sch., sich nicht nur als unpolitischen Skinhead darzustellen, der gerne feierte, auch mal kiffte, was „den Parteiaffen wahnsinnig gegen dem Strich ging“. Er beschuldigte auch einen „Jugoslawen“, ihm die Waffen verkauft zu haben. Als die Polizei den vermeintlichen Händler identifizierte, benannte er den tatsächlichen Lieferer: Jürgen L. – einen „Kameraden“, den er nicht belasten wollte. L., der die Waffen über weitere Wege aus der Schweiz bezogen haben soll, hätte er für die Ceska 2000 DM bezahlt, inklusive rund 50 Schuss Munition und einen Schalldämpfer. „Dem Kleinen“, so nannte Sch. den Beschuldigten Carsten S., hätte er dann die Waffe, Munition und Schalldämpfer für 2500 DM in einem Wagen verkauft. „Bestellt oder einfach mitgeliefert“, so habe die Behörde bei Sch. nachgefasst, führte der BKA-Beamte aus. S. hätte explizit einen Schalldämpfer mitbestellt, soll Sch. geantwortet haben. Gedacht hätte er, Sch., bei dem Geschäft indes „nur an’s Geld“.

Bisher hatte S. behauptet, nur eine Pistole, die er später Mundlos und Böhnhardt in Chemnitz übergab, bestellt zu haben. Der Schalldämpfer wäre bei der Ceska einfach dabei gewesen. Eine Erinnerungslücke, eine Notlüge? Für das weitere Verfahren und spätere Urteile entscheidend: Denn wenn S. und Wohlleben einen Schalldämpfer bestellt haben, wäre das ein Indiz, das sie auch wissen konnten, wofür das Trio die Waffen nutzen wollte.

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