Anastasia-Bewegung
CDU-Politikerin lädt Verschwörungsstars ein
Die Brandenburger CDU-Abgeordnete Saskia Ludwig hatte mit Ricardo Leppe eine der völkischen Anastasia-Bewegung nahestehende Person zu einer Parteiveranstaltung eingeladen. Nachdem es Kritik hagelte, wurde der Mann nun wieder ausgeladen. Doch Leppe ist nicht der einzige umstrittene Gast.
Ricardo Leppe ist Zauberkünstler und selbsternannter Lerncoach. Der österreichische „Präsident“ des Vereines „WissenSchafftFreiheit“ hat keine besondere pädagogische Qualifikation, kann aber dennoch eine riesige Anhängerschaft im deutschsprachigen Raum vorweisen, die ihn für einen „Bildungsexperten“ hält. In den Foren seines Vereins „WissenSchafftFreiheit“ diskutieren Tausende die Gründung illegaler Schulen und „Lernorte“, tauschen antisemitische Reichs- und Verschwörungsideologien und die Sehnsucht nach einer Ausbreitung des Putinschen Reiches in Europa aus. Leppe steht für viele Menschen aus dem rechten Querdenken-Milieu für einen „Systemausstieg“ kombiniert mit dem Entzug der eigenen Kinder aus der Schulpflicht.
Die brandenburgische CDU-Abgeordnete Saskia Ludwig lud den Corona-Kritiker Leppe für den 16. September nach Beelitz ein, um mit ihm und weiteren Gästen über „Digitale und gesundheitliche Selbstbestimmung: Kinder und Jugendliche aus der Falle holen!“ zu informieren. Die rechtsoffene Unions-Politikerin bietet damit erneut Querdenken-nahen Sprechern ein Podium.
Repräsentant eines rechtsextremen russisches Kultes und seiner Pädagogik
Der Twitter-Aktivist „hoywoj“ warnte vor einem Auftritt von Ricardo Leppe, der als Repräsentant der russisch-völkischen Anastasia-Bewegung gilt. Dieser auf eine zehnbändige Buchreihe von Wladimir Megre begründete autoritäre Aussteiger-Kult gilt als größte russische Sekte. Leppe bietet Bildungsseminare wie 2023 in Pfiffelbach an, um u.a. die Anastasia-nahe, russische „Schetinin“-Pädogogik in Europa zu verbreiten. Das seien „ganz tolle Schulen“, schwärmte er 2020 bei „WissenSchafftFreiheit“. Michail Schetinins Waldschule in Tekos basierte auf Strenge, Geschlechtertrennung und Gehorsam. Germanenkunde und militärische Übungen gehörten zum Schulalltag. Dennoch breiten sich Idealvorstellungen des völkischen Schetinin-Schulmodells rasend schnell in Corona-kritischen bzw. -leugnenden Kreisen aus. Leppe trieb die Idee eines „Systemwechsels“ im Bildungssystem während der Pandemie voran, über seine Kanäle vernetzten sich die unterschiedlichsten rechten Initiativen bis ins Reichsbürger-Milieu und zur „Germanischen Neuen Medizin“.
Das Milieu der Corona-Leugnenden
Die Abgeordnete Saskia Ludwig aus Potsdam hatte sich freiwillig für den von der AfD in Brandenburg ins Leben gerufenen parlamentarischen „Corona-Untersuchungsausschuss“ gemeldet, hinter dem maßgeblich der AfD-Politiker Lars Hünich stand, der bei Querdenken- und Reichsbürger-Veranstaltungen wie in Gifhorn und Magdeburg als Redner auftrat.
Die CDU-Landtagskandidatin aus Potsdam reagierte heute. Leppes Nähe zur Anastasia-Bewegung sei ihr „nicht bekannt“ gewesen. Sie würde ihn jetzt ausladen. Bislang scheute Ludwig Kontakte weder ins verschwörungsideologische Lager noch zu extrem rechten Medien. Bereits 2010 wurde sie für ein Interview mit der neurechten Zeitung Junge Freiheit kritisiert. Sie schrieb für Tichys Einblick einen Gastbeitrag, lud sich schon 2023 rechte Gäste aufs Podium und gab Interviews für das von einem österreichischen Neonazi gegründete Portal AUF1.
Leppe wurde ausgeladen, doch mindestens ein weiterer umstrittener Gast bleibt: Harald Walach. Der Impfkritiker und Mediziner Walach stand wegen Fehlern in seinen Masken-Studien 2021 massiv in der Kritik, wie die Tagesschau berichtete. Er gehört mit dem MWGFD e.V. einem Verein von Corona-Leugner Sucharit Bhakdi an, dem bereits die Gemeinnützigkeit entzogen wurde. Bhakdi musste sich vor dem Amtsgericht Plön wegen Volksverhetzung und Holocaust-Verharmlosung verantworten, wurde dort aber freigesprochen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat jedoch Berufung eingelegt, der Fall landet nun vor dem Landgericht. Der extrem rechte Sender AUF1 nominierte Walach dennoch zur Wahl des Mediziners/Wissenschaftlers 2023.