Cannabis-Debatte: NPD bezeichnet sich als „Spiegelbild der kranken Gesellschaft“
Hat fertig mit den Drogen: Stefan Köster
Bevor Stefan Köster, parlamentarischer Geschäftsführer der NPD-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, ans Rednerpult trat, hatte er vermutlich ausgiebig das „Phrasen-Bingo“ seiner Partei gespielt. Wie wäre es sonst zu erklären, dass er in seinen Wortbeiträgen allerhand bekannte Floskeln aus dem braunen Hass-Baukasten zum Besten gab? „Umvolkung“, „Asyllobby“ et cetera pp.. Sein Parteifreund David Petereit wollte ihm da nicht nachstehen und sprach zu einem späteren Zeitpunkt von einer „Demokraten-Diktatur“.
Beim ersten Antrag der Truppe um Udo Pastörs, „Keine Macht den Drogen – Cannabis-Legalisierung begegnen“ stand erneut Köster im Mittelpunkt. Abgesehen davon, dass der 41-Jährige einige Schwierigkeiten hatte, seine Rede in eine allgemein verständliche Form zu gießen, offenbarte er in entlarvender Weise das Wesen der NPD. Konfrontiert mit der Gegenrede von Torsten Koplin (Die Linke), der unermüdlich die heuchlerische Haltung der Rechtsextremisten herausstrich – man denke nur an mehrere überführte Drogendealer aus dem Neonazi-Milieu in den zurückliegenden Monaten – ließ er tief blicken.
„Spiegelbild dieser kranken Gesellschaft“
Natürlich sei die NPD zum Teil ein „Spiegelbild dieser kranken Gesellschaft“, erklärte er. Deshalb gebe es auch in den eigenen Reihen Menschen mit zweifelhaftem Verhalten. Diese Personen, die nicht in den „nationalen Widerstand“ passten, würden aber „schnell aussortiert“. Auf welche Instrumente die „Kameraden“ in einem solchen Fall zugreifen, ließ der NPD-Mann indes offen.
Zu Beginn der Beratungen kamen die Zuschauer in den Genuss eines seltenen Schauspiels: Die NPD brachte tatsächlich einen Gesetzentwurf in den Landtag ein. In der aktuellen Legislatur, die immerhin bereits im vierten Jahr ist, war dies bislang laut Parlamentsdatenbank erst fünf Mal der Fall, zuletzt im März 2014. Gleichwohl, die NPD hatte die eigenen Interessen im Sinn – wie so oft. Das Amtsgericht Ueckermünde hatte Fraktionsvize Tino Müller vor rund eineinhalb Jahren wegen eines Verstoßes gegen das Landespressegesetz zu einer Geldstrafe von 2.100 Euro verurteilt. Das Landgericht Neubrandenburg hob das Urteil zwar später auf und sprach Müller frei, nun aber sollte die Passage, die ihm fast zum Verhängnis geworden wäre, geändert werden. Laut Landespressegesetz dürfen sich Mitglieder des Landtages nicht für ein regelmäßig erscheinendes Presseerzeugnis verantwortlich zeichnen (§8). David Petereit erdreistete sich, die „Hetzjagd gegen den Kameraden Müller“ zu geißeln und sprach von einer „Einschränkung der Grundrechte“.
Pressefreiheit?
Der Grünen-Landtagsabgeordnete Jürgen Suhr machte auf das problematische Verhältnis der NPD zur Presse allgemein und zur Pressefreiheit im Besonderen aufmerksam. Da rief er eine Aktion Petereits in Erinnung, ohne jedoch dessen Namen zu nennen. Rückblick: Die Medien waren auf Antrag des Kreisverbandes Mecklenburg-Mitte beim NPD-Bundesparteitag 2009 in Berlin mit großer Mehrheit ausgeschlossen worden. In der Antragsbegründung beschimpfte der 34-Jährige die anwesenden Vertreter der „Systempresse“ als „Geschmeiß“. Eine wohl gewählte Provokation, die an Hetzreden Joseph Goebbels’ gegen das „parasitäre Geschmeiß“ von Intellektuellen und Journalisten anknüpfte und ihre Wirkung nicht verfehlte: Zum ersten Mal kam in Berlin Geschlossenheit auf. Begeistert skandierten die Delegierten „Die Presse lügt, die Presse lügt!“, während finster dreinblickende junge Mitglieder des parteieigenen Ordnungsdienstes bestimmt die Journalisten und Kamerateams zum Verlassen des Tagungssaales aufforderten.
Eklat
Kurz vor Ende der Plenardebatten kam es noch zu einem Eklat. Weil sie die Ordnung gröblich verletzt hatten, erteilte das Landtagspräsidium den beiden NPD-Politiker Pastörs und Müller einen Wortentzug. Zuvor hatten sie den Linken-Parlamentarier Hikmat Al-Sabty fortwährend beleidigt.