Bundeswehr-Universität in Neubiberg: Martin Böcker bleibt Chefredakteur
Der Chefredakteur Martin Böcker der Studentenzeitung „Campus“, der enge Verbindungen zum extrem rechten „Institut für Staatspolitik (IfS)“ hat, wurde gestern vom studentischen Konvent mit 16 Ja-Stimmen gegen 4 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen im Amt bestätigt.
Das IfS publiziert extrem rechte Artikel, Bücher und Broschüren und betreibt ein Schulungszentrum. In der Zeitschrift „Campus“ warb das IfS mit einer ganzseitigen Anzeige.
Die SPD-Landtagsabgeordneten Florian Ritter und Peter-Paul Gantzer hatten nach dem Erscheinen der ersten Ausgabe von „Campus“ unter der Leitung von Böcker eine Absetzung der Redaktion verlangt. Neben der Anzeige des IfS war auch ein Artikel erschienen, in dem dargelegt wird, die Integration der Frauen in die Streitkräfte sei insgesamt "misslungen", und dass Frauen inzwischen in Kampftruppen dienen dürfen, führe zu einer "Absenkung des allgemeinen Leistungsniveaus" – so der frauenfeindliche Tenor des Artikels. Und Böcker hatte angekündigt, er wolle den Schutz der Meinungsfreiheit "schamlos ausnutzen".
Damit wurden gestern keine Konsequenzen aus den Vorfällen gezogen, die Kritik der Universitätspräsidentin Merith Niehuss blieb ohne personelle Konsequenzen: In einer Mail an alle Studierenden hatte sich die Historikerin von der Rechtswende der Studenten-Zeitung distanziert: "Ich möchte darauf hinweisen, dass nach meiner Auffassung hier eine politische Nähe zum Rechtsextremismus nicht auszuschließen ist und dass diese Affinität zur 'Neuen Rechten', die mit der Schaltung der Anzeige in unsere Universität einzieht, eine politische Richtung auf den Campus bringt, die weder an der Universität noch auch im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung hingenommen werden kann."
Inzwischen aber teilte sie in einer Erklärung mit, sie respektiere die neue Entscheidung und sei überzeugt, dass der von der Universitätsleitung unabhängige Studentische Konvent zu einer Entscheidung gekommen sei, "die unter Beachtung und auf der Grundlage demokratischer Prinzipien getroffen" worden sei. "Diese Entscheidung anzuerkennen", gehöre zu ihrem "demokratischen Selbstverständnis".
Nach verschiedenen Informationen wurde von den Student/inn/en und Dozenten bei der der Abstimmung vorangegangenen Diskussion kaum Kritik an der politischen Position des Chefredakteurs geäußert, die politisch extrem rechten Positionen und Aktivitäten scheinen inzwischen für die Bundeswehrhochschule kein Problem darzustellen.
Lt. dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) gibt es in der Bundeswehr jährlich 660 „rechtsextreme Verdachtsfälle, also fast zwei Vorfälle pro Tag (die „WELT“ berichtete im Mai darüber). Mit dem Tolerieren solcher Entwicklungen wie an der Bundeswehr-Universität in Neubiberg wird dem nichts entgegen gesetzt.
Die Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung dazu:
[extern]Rechter Aktivist leitet Zeitung an Bundeswehr-Uni, 14.07.2011
[extern]Studenten halten umstrittenen Chefredakteur im Amt, 29.09.2011