Brisante AfD-Kandidaturen

Rhein-Sieg-Kreis/Königswinter - Mit einem umstrittenen Lokalpolitiker tritt die AfD im Rhein-Sieg-Kreis zur Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen an. In Königswinter kandidiert eine junge Frau, die zuvor in der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ (IB) aktiv war.

Dienstag, 11. August 2020
Redaktion

Bei der Kandidatin, die zuvor in der IB aktiv war und weiterhin Aktivistin im neurechten, völkischen Spektrum ist, handelt es sich um die Tochter von Irmhild Boßdorf. Boßdorf ist stellvertretende Sprecherin der AfD in Königswinter, Beisitzerin im Kreisvorstand sowie wissenschaftliche Mitarbeiterin und Leiterin im Wahlkreisbüro Euskirchen des AfD-Bundestagsabgeordneten und NRW-Landeschefs Rüdiger Lucassen. Seit Mitte 2018 arbeitet Irmhild Boßdorf für Lucassen. (bnr.de berichtete) Irmhild Boßdorf und ihr Sohn treten als Wahlkreiskandidaten der AfD an, die Mutter zudem als Listenkandidatin (Platz 10 im Rhein-Sieg-Kreis und Platz 6 in Königswinter). Brisant hingegen ist die Kandidatur im Wahlbezirk 200 in Königswinter. Tochter Reinhild ist hier Bezirkskandidatin der AfD ohne Listenplatz. Sie war aktiv bei der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ (IB) und zumindest im Rheinland eine der führenden jungen Frauen bei der fremdenfeindlichen Gruppe „120db“. Die Gruppierung thematisierte ausschließlich Gewalttaten von Migranten an Frauen und Mädchen und nutzte dies zur Verbreitung fremdenfeindlicher Propaganda.

Für fremdenfeindlichen IB-Aufmarsch mitverantwortlich gezeichnet

Im August 2018 fand ein Treffen der IB in Dresden statt,  bei dem Reinhild Boßdorf als Aktivistin von IB und „120db“ ein Interview für einen YouTuber gab. Würde sie Kultur und Heimat hinter sich lassen müssen, wäre sie „seelenlos“, sagte sie. Im Oktober 2018 warnte der AStA der Universität Bonn vor den Aktivitäten der IB in der Stadt sowie an der Mensa und auf dem Campus. Der „General-Anzeiger“ schrieb dazu: „Der Staatsschutz hat die Aktivitäten der Gruppierung im Blick.“ Im November 2018 zeichnete Reinhild Boßdorf mitverantwortlich für einen fremdenfeindlichen IB-Aufmarsch in Bonn gegen den Migrationspakt und hielt dabei eine kurze Rede. Aktuell ist die Studentin und AfD-Kandidatin aktiv in einer kleinen Gruppe namens „Lukreta“, die nach der Auflösung von „120 db“ deren Arbeit überwiegend im Rheinland fortführt. Boßdorf, nun als Journalistin und YouTuberin im neurechten Terrain aktiv, weilte am 8. August als Referentin bei der völkisch-„patriotischen“ Initiative „Kulturfestung“ in Österreich.

Auch die Kandidatur des AfD-Funktionärs Rainer Lanzerath aus Rheinbach im Kreiswahlbezirk 5 und auf Listenplatz 2 für den Kreistag ist nicht unproblematisch. Wegen seiner Schilder und Plakate bei rechten bis rechtsextremen Aufmärschen, mit denen er unter anderem den Holocaust verharmloste, fiel er wiederholt auf und wurde zum Fall für die Justiz. (bnr.de berichtete) Eine schillernde Person ist indes der AfD-Spitzenkandidat auf der Reserveliste in Königswinter Michael Köppinger. Er kandidiert zudem auf dem kaum aussichtsreichen Listenplatz 7 für den Kreistag. Noch Stadtratsmitglied Köppinger war 2014 Spitzenkandidat der Linken, verließ die Fraktion laut „General-Anzeiger“ aber 2016, weil ihm Kontakte zur rechten Szene vorgeworfen worden waren. Private Kontakte zum ehemaligen NPD-Bundesvorsitzenden Holger Apfel und dem früheren Neonazi Axel Reitz räumte Köppinger  zwar ein, betonte aber zu beiden erst Kontakt nach deren Ausstieg aus der Szene gehabt zu haben. 2016 verbreiteten alte Parteifreunde Köppingers zudem ein undatiertes Foto, das ihn gemeinsam mit anderen Personen und einem Banner der „Identitären Bewegung“ zeigte. Zuvor schon war er zur CDU gewechselt, der er wiederum 2019 den Rücken kehrte. Nun kandidiert er für die AfD. (mik)

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