Braunes „Heldengedenken“

Die Neonazi-Partei „Der III. Weg“ mobilisiert für den 15. November zum Aufmarsch nach Wunsiedel – und übernimmt damit ein Event des verbotenen „Freien Netzes Süd“.

Freitag, 19. September 2014
Johannes Hartl

Seit Mittwoch bewirbt die braune Kleinpartei „Der III. Weg“ auf ihrer Website eine „traditionelle Heldengedenk-Demonstration in Süddeutschland“, die am 15. November im oberfränkischen Wunsiedel stattfinden soll. Ab 12.00 Uhr mittags wollen sich die Neonazis an dem Samstag in der Fichtelgebirgsstadt treffen, um „gemeinsam unserer gefallenen Soldaten, der zahl- und oft namenlosen Bomben- und Vertreibungstoten und aller anderen Opfern (zu) gedenken, die um den Fortbestand unseres Vaterlands und für ein freies Europa ihr teures Leben ließen“. „Ganz so, wie es uns das völkische Gesetz des Gewissens befiehlt“, heißt es, solle „das Erbe unserer Väter“ bewahrt „und ihr Opfer in den Mittelpunkt unseres Gedenkens“ gestellt werden.

Geprägt werden solle der „würdige Marsch“ am zweiten Novemberwochenende laut der Eigendarstellung insbesondere von der „gemeinsamen Hoffnung, den selbstlosen Opfermut unserer Ahnen in die Kampfzeit von heute zu retten und in ihrem Geiste für eine freie, selbst bestimmte und völkisch geprägte Heimat in Deutschland und Europa erfolgreich zu streiten“. Zudem wolle die rechtsextreme Szene „für die volkstreue Jugend auch symbolisch lebendige Übergänge aus dem Totenreich unserer gefallenen Streiter in die Jetztzeit“ deutlich machen, damit ihnen dann „die Kraft verliehen“ werde, „um unsere angestammte Heimat gemeinsam aus der Stunde der tiefsten Erniedrigung und des Verrats wieder zu befreien“.

Als Organisator des Aufmarsches tritt in diesem Jahr erstmals „Der III. Weg“ in Erscheinung. Zwar hatte die Partei schon 2013 zur Demonstration aufgerufen und war auch mit Anhängern vor Ort. In der Vergangenheit aber war der Aufmarsch stets von führenden Aktivisten des zwischenzeitlich verbotenen bayerischen Neonazi-Netzwerks „Freies Netz Süd“ (FNS) ausgerichtet worden. Im Zuge der staatlichen Maßnahme dürfen diese aber seit Juli dieses Jahres nicht mehr öffentlich auftreten. Die FNS-Kader hatten sich allerdings schon kurze Zeit nach einer Razzia im Juli 2013, die das Verbot ankündigte, vermehrt in der Kleinstpartei um den Ex-NPDler Klaus Armstroff organisiert. Nachdem „Der III. Weg“ bis zum Verbot sowohl für die Aktivisten des Neonazi-Netzwerks als auch für die lokalen Strukturen ein neues Dach bot, scheint die Kleinstpartei nun auch zusehends vom FNS die Rolle als Veranstalterin übernommen zu haben.

Schwarze Fahne auf weißem Grund

Vom Organisationsnamen abgesehen gibt es aber bei der Wunsiedel-Demonstration praktisch keine Änderungen gegenüber den letzten Jahren. Nicht nur das Motto ist identisch mit 2013, auch bei der Aufmachung der Flugblätter, die den Aufruf illustrieren, bestehen zumindest partielle Ähnlichkeiten zu früher beobachteten Motiven. So wurde der abgebildete Stahlhelm als Symbol immer wieder an der Spitze des Aufmarsches durch die Straßen Wunsiedels getragen, während die ebenfalls auf das Banner gedruckte schwarze Fahne auf weißem Grund als Logo der selbst ernannten „Nationalen Sozialisten Deutschlands“ auch beim FNS Verwendung fand.

„Der III. Weg“, dessen bayerische Stützpunkte maßgeblich von ehemaligen FNS-Kadern verankert worden sind, etabliert sich damit im Freistaat weiter als Nachfolgeorganisation für das Neonazi-Netzwerk. Hat die Partei bislang lediglich ein Dach für Aktionen mit kleinerer Reichweite geboten, versucht sie sich jetzt offenbar auch an größeren bayerischen Szene-Events. Zusammen mit der zuletzt noch vom FNS-nahen „Nationalen und Sozialen Bündnis 1. Mai“ organisierten jährlichen 1.-Mai-Demonstration zählt das „Heldengedenken“ in Wunsiedel  – trotz rückläufiger Teilnehmerzahlen – immerhin seit jeher zu den größten und bedeutendsten Neonazi-Aktionen im Freistaat.

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