Braunes Hasspotenzial
Heidenau und Freital sollten Vorbilder sein, als „Die Rechte“ am Wochenende in Dortmund eine Serie von Kundgebungen gegen Flüchtlinge startete. Doch die Neonazi-Truppe musste die Erfahrung machen, wie isoliert sie in ihrer „Hochburg“ im Ruhrgebiet tatsächlich ist. Auch andernorts kündigt die Partei Aktionen an.
Rund 20 Neonazis waren es in der Nacht zum Sonntag, die in der Nähe des Dortmunder Hauptbahnhofs gegen dort eintreffende Flüchtlinge pöbelten. 40 bis 50 von ihnen kamen am Montagabend zu einer zweiten Kundgebung. Knapp 100 Aktivisten schließlich waren es bei der dritten Auflage am Mittwochabend. Doch die gestiegenen Teilnehmerzahlen sind kein Indiz dafür, dass es der Neonazi-Truppe gelungen wäre, an Akzeptanz zu gewinnen. Vielmehr hatte sie es lediglich geschafft, mit mehr zeitlichem Vorlauf die eigene Stammklientel auf die Beine zu bringen – die aus Dortmund selbst und die aus den Nachbarkreisverbänden Hamm und Wuppertal insbesondere.
Der eigene Misserfolg angesichts der Tatsache, dass zeitgleich zu den Neonazi-Kundgebungen Hunderte Dortmunder die per Zug ankommenden Flüchtlinge willkommen hießen, Getränke, Lebensmittel und Kleidung zum Hauptbahnhof brachten oder in der Innenstadt lautstark gegen die braunen Aktionen protestierten, scheint das Hasspotenzial der Szene weiter zu steigern.
Für einen von ihnen könnte sein Auftritt bei der Aktion am Montag ein juristisches Nachspiel haben. „Diese Menschen, die momentan zu Tausenden in unser Deutschland strömen, sind kriminell, haben kein Benehmen und werden hier in unserem geliebten Vaterland ihre kriminelle Ader knallhart ausleben. Diese werden rauben, vergewaltigen und morden“, hatte Christoph Drewer, einer der Drahtzieher der Neonazi-Partei in Dortmund und auf Bundesebene stellvertretender Parteivorsitzender, ins Mikrofon gehetzt. Den Männern unter den „geisteskranken Volksverrätern“ und „geisteskranken Subjekten, die täglich an den Bahnhöfen stehen und die Asylbetrüger begrüßen“, wünschte Drewer, dass sie „brutal zusammengeschlagen und ausgeraubt werden. Und den Frauen unter Euch wünsche ich dazu noch eine Vergewaltigung von den Asylbetrügern“.
„Bevölkerungspolitischer Niedergang unseres Volkes“
Nicht nur in Dortmund hofft die Partei, mit derlei Parolen punkten zu können. In München etwa wettert der dortige „Rechte“-Vorsitzende Philipp Hasselbach: „Deutschland sieht sich mit einer immer größer werdenden Asylflut konfrontiert und verwirrte Multi-Kulti-Fanatiker bejubeln auch noch den bevölkerungspolitischen Niedergang unseres Volkes.“ Seine Partei werde, so Hasselbach vollmundig, „in Kürze ein für alle Welt sichtbares Signal aussenden, dass viele normal gebliebene Bürger diesen Asylwahnsinn ablehnen“. Für den 19. September hat die Partei eine Kundgebung unter dem Motto „Schluss mit dem Asylwahnsinn! Wir sind das Volk!“ am Münchener Hauptbahnhof angemeldet. Ob das das weltweit sichtbare Signal sein soll, ist nicht bekannt: Als Hasselbach am vorigen Samstag bei einer Kundgebungstour seiner Partei schon einmal vor dem Bahnhof Station machte, hatte er lediglich sechs Getreue im Gefolge.
In Sachsen-Anhalt will „Die Rechte“ eine Woche später, am 26. September, unter dem Motto „Alle sagen NEIN zu neuen Asylantenheimen!“ auf die Straße gehen. In der 11 000-Einwohner-Kleinstadt Wolmirstedt im Umland von Magdeburg soll die Anhängerschaft zeigen, was sie von neuen „Asylkaschemmen“ hält. Ende Oktober soll eine weitere Demo des Landesverbandes in Halberstadt folgen. Motto dort: „Perspektiven statt Massenzuwanderung“. Insbesondere dürfte es der Neonazi-Partei darum gehen, bei beiden Gelegenheiten weitere Unterstützungsunterschriften zu sammeln. Im nächsten Jahr will „Die Rechte“ zwischen Stendal und dem Burgenland bei der Wahl des neuen Landesparlaments antreten.