Braunes Happening in der ostdeutschen Provinz
Am 20. und 21. April soll unter dem Namen „Schild- & Schwert-Festival“ eine Veranstaltung in der Oberlausitz stattfinden - auf der Agenda stehen Kampfsport, Rechtsrock sowie politische Ansprachen. Maßgeblicher Kopf des Neonazi-Events ist der umtriebige Thüringer NPD-Funktionär Thorsten Heise.
Erst Themar in Thüringen, demnächst Ostritz in der Oberlausitz von Sachsen: Immer öfter wird die ostdeutsche Provinz Schauplatz für Großveranstaltungen der braunen Szene. Die rechnet sich aus, dass in weitgehend ländlichen Gegenden ein zivilgesellschaftlicher Gegenprotest überschaubar bleibt. Beide Orte zählen gerade einmal knapp 3000 Einwohner. Seit kurzem wird die zweitägige Veranstaltung „Schild & Schwert-Festival“ am 20. und 21. April 2018 propagiert, die auf dem Gelände des Hotels „Neißeblick“ in Ostritz (Landkreis Görlitz) unmittelbar an der polnischen Grenze stattfinden und eine Fortsetzung am 2. und 3. November finden soll. Dass der erste Termin des offiziell bei den Ordnungsbehörden angemeldeten Meetings auf Hitlers Geburtstag fällt, dürfte dabei keinesfalls Zufall sein.
Als Kopf der Veranstaltung entpuppt sich der umtriebige Thorsten Heise, seines Zeichens Thüringer Landesvorsitzender und Bundesvize der NPD, der sich bestens darauf versteht, erlebnisorientierten Neonazis ein mit Rechtsrock-Musik garniertes Programm zu präsentieren, wie er es seit 2011 bereits jährlich beim so genannten „Eichsfeldtag“ im thüringischen Leinefelde praktiziert. Der zuständigen Versammlungsbehörde liegt für 2018 derzeit noch keine Anmeldung für einen „Eichsfeldtag" im kommenden Jahr vor.
Werbeflyer auf der „Blood&Honour“-Homepage
Auf der Ostritz-Agenda stehen Musik, Kampfsport, Tattoo-Angebote, Info- und Verkaufsstände sowie politische Ansprachen. Dabei kommt es zum Schulterschluss zwischen NPD und der Konkurrenzpartei „Die Rechte“ , während Vertreter von „Der III. Weg“ außen vor bleiben. Für das braune Happening wird mit unmittelbarem Bahnanschluss und Campingmöglichkeiten geworben. Im Vergleich zu den bisherigen „Eichsfeldtagen“ wird das Festival im April wesentlich umfangreicher promotet.
Die Werbung und der Ticketverkauf laufen über den 48-jährigen Heise aus Fretterode und den Verlag W + B Medien. Von dort aus ist seit vielen Jahren ein florierender Versandhandel zu beobachten. Die dazugehörige Internetseite ist mit der Losung „Kampf, Aktion und Widerstand!“ versehen. Kontakte zum im Jahr 2000 in Deutschland verbotenen „Blood&Honour“-Netzwerk hat Heise stets gepflegt und offenbar nie abgebrochen. So besuchte er Ende August des Vorjahres die B&H-Sektion Skandinavien in Südschweden. Auch die Zusammenstellung der Combos und Solisten für das „Schild- und Schwert-Festival“ lässt aufhorchen, haben etliche Akteure doch ebenfalls über viele Jahre Verbindungen zur B&H-Bewegung. Daher erstaunt es also nicht, dass auf der zentralen „Blood&Honour“-Homepage aus Großbritannien das April-Großereignis mit Werbeflyer auftaucht.
„Kategorie C“ mit dabei
Das vorgesehene Musikprogramm ist zweigeteilt. Am 20. April gibt es Balladen in kleiner Besetzung, am Folgetag sollen die Acts in Bandstärke aufspielen. In der Auflistung sind dabei für den ersten Tag „Amok“ (Schweiz), „Die Liebenfels Kapelle“ (Solo) aus Mecklenburg-Vorpommern, „Nahkampf“ , das Parallelprojekt von „Kategorie C – Hungrige Wölfe“ , sowie „Griffin“ , der gern mit Dudelsack auftritt und in Berlin als Tätowierer lebt, aufgeführt. Bürgerlicher Name des Kanadiers ist David Allen Surette. Er war der Kopf der ursprünglich in Toronto ins Leben gerufenen Band „Stonehammer“ .
Für das Band-Line-Up werden genannt: „Amok“ um Sänger Kevin Gutmann, „Oidoxie“ (Raum Dortmund), „Die Lunikoff Verschwörung“ des in der rechten Szene Kultstatus genießenden Michael Regener aus Berlin, „Kategorie C – Hungrige Wölfe“ mit dem Bremer Frontmann Hannes Ostendorf, „Sturmwehr“ (Gelsenkirchen), „Bataillon 500“ aus Rostock, die dem 2009 verstorbenen Hamburger Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger einen eigenen Musiktitel gewidmet haben, sowie die Combo „Sons of Odin“ , die am 13. Januar neben diversen italienischen Bands in Rom aufspielen soll.
NPD- und DR-Funktionäre auf der Rednerliste
Auf der geplanten Rednerliste tauchen bisher folgende unter der NPD-Fahne segelnde Akteure auf: Udo Voigt als Einzelkämpfer aus dem Europaparlament, NPD-Bundesorganisationsleiter Sebastian Schmidtke, das NPD-Bundesvorstandsmitglied Tobias Schulz alias Baldur Landogart aus Bayern, Gianluca Bruno vom niedersächsischen NPD-Landesverband, Matthias Fiedler (stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes Eichsfeld), Markus Walter (Landeschef von Rheinland-Pfalz), Ricarda Riefling vom „Ring Nationaler Frauen“ , Uwe Meenen, Landesvize in Berlin und Vertreter des europäischen Parteienzusammenschlusses „Alliance for Peace and Freedom“ . Außerdem will auch Heise selbst ans Mikro treten. Für „Die Rechte“ (DR) sind Ansprachen von Michael Brück und Sascha Krolzig (beide Dortmund) vorgesehen.
Eine sechste Auflage unter dem Titel „Kampf der Nibelungen“ soll in Ostritz ebenfalls stattfinden. Dabei handelt es sich um eine Bühne für Neonazi-Kampfsportler, die in den Disziplinen K 1 und MMA gegeneinander antreten. Zuletzt kamen am 14. Oktober Kämpfer aus mehreren Ländern in der Schützenhalle des sauerländischen Ortes Kirchhundem zusammen, nachdem der dortige Besitzer zuvor über den wahren Charakter des Treffens getäuscht wurde. 500 Neonazis pilgerten so zum „Kampf der Nibelungen“ , ohne dass die Polizei sich zum Einschreiten genötigt sah. Zur Premiere der Kampfreihe 2013 kamen gerade einmal 150 Teilnehmer ins rheinland-pfälzische Vettelschoß, wo auch 2014 gekämpft wurde. 2015 sammelte man sich konspirativ in Hamm, ein Jahr später im hessischen Gemünden. Die Sparte Kampfsport ist in den vergangenen Jahren in der rechten Szene zu einem durchaus bedeutsamen geschäftlichen Faktor geworden, weil viele Versandhändler eigene Bekleidungsmarken und Fitnesslabel in ihrem Verkaufssortiment aufgenommen haben.
„Sportfest“ mit Rechtsrock schon im August in Ostritz
Der nunmehr ausgeguckte Festivalort, der von den Organisatoren offiziell noch nicht publiziert wurde, ist sicherlich mit Bedacht gewählt. Der Hotelkomplex mit mehreren Veranstaltungsräumen, mit nach eigenen Angaben bis zu 3000 möglichen Teilnehmern, beherbergte bereits in der Vergangenheit rechtsextreme Protagonisten. So fanden dort 1998 und 1999 so genannte „Mitteldeutsche Vortragstage“ statt, zu denen Neonazi-Anwalt Rieger unter anderem für den Verein „Nordischer Ring e.V.“ eingeladen hatte, weil ihm zuvor regelmäßig dafür genutzte Versammlungsmöglichkeiten im niedersächsischen Hetendorf bei Celle durch ein verhängtes Vereinsverbot genommen wurden. 2012 wurde das Hotel direkt an der polnischen Grenze für einen Parteitag der NPD Sachsen genutzt. Ein Werbetext in der NPD-Parteizeitung „Deutsche Stimme“ vom Hotel „Neißeblick“ im gleichen Jahr verwundert da dann auch nicht mehr.
Der Veranstaltungs-Prototyp in Kombination mit Rechtsrock fand am 12. August dieses Jahres statt, als auf dem Ostritzer Hotel-Gelände tagsüber das von Neonazis organisierte „2. Ostsächsische Sport- und Familienfest“ ausgerichtet wurde und abends bei allerdings mäßigem Besuch die Bands „Exzess“ (Strausberg), „TreueOrden“ (Gotha) und „Feuerbefehl“ (Wittenberg) aufspielten. Im Übrigen nutzt auch die AfD besagtes Hotel als Veranstaltungsort.