Brauner Spuk im Parkhotel
Neonazis feiern Sonnenwende und Silvester. Die Auseinandersetzungen innerhalb der niedersächsischen Szene verstärken sich sichtbar.
Rund 80 Neonazis feierten hoch über dem niedersächsischen Kurort Bad Essen, im Parkhotel, ihre traditionelle Wintersonnenwende. Der neue Pächter, NPD-Funktionär Gustav Eggerking, hatte Parteikameraden aus dem Großraum Osnabrück, Münster, Minden, Steinfurt und Vechta geladen, unter den Gästen waren auch junge Anhänger aus dem Umfeld der „Autonomen Nationalisten“. Der Hamburger Rechtsextremist Reinhold Oberlercher referierte zum Thema „Wenn Systeme zerbrechen – Klassenkampf, Rassenkampf und Volkssieg?“
Polizeibeamte aus Georgsmarienhütte kontrollierten bereits am Ortseingang die ankommenden Fahrzeuge. Das Parkhotel liegt abgelegen, eine gewundene, nur spärlich beleuchtete Auffahrt führt durch den Kurpark hoch zum Veranstaltungsort auf dem Essener Berg. Vor dem Hotel hatte die NPD Flaggen hissen lassen. Die große Hotelanlage war hell erleuchtet. Für den Sicherheitsdienst der Rechtsextremisten sorgten Anhänger der Jungen Nationaldemokraten in Tarnklamotten, sie schirmten auch ankommende Gäste aus Werningerode und Hoyerswerda ab. „Was drinnen abgeht, können wir nicht beurteilen“, sagte ein Polizeibeamter, „wir müssen uns auf die Außenwirkung beschränken“. In einem Flugblatt, das im Ort verteilt wurde, höhnt die NPD bereits: „Auf gute Nachbarschaft! NPD-Unterbezirk Osnabrück findet neues Zuhause in der Gemeinde Bad Essen“. Mit einem zuvor geplatzten Neonazi-Konzert im Parkhotel wollen die Nationaldemokraten allerdings nichts zu tun haben, wie es heißt. Eggerking dagegen schlägt härtere Töne an, eines seiner Flugblätter endet mit der szenetypischen Grußformel „Heil Dir mein Deutschland“ und „wenn wir fallen, dann fällt Deutschland.“
Zumindest das traditionelle Sonnenwendfeuer konnten Eggerking und der NPD-Unterbezirksvorsitzende Kurt Muschiol nicht durchsetzen, es wurde von der Kommune mit Bezug auf die Gemeindesatzung verboten. NPD und Junge Nationaldemokraten organisierten daraufhin einen Fackelmarsch vor dem Hotel. „Dabei sangen sie, alles erlaubte Lieder“, wie die Einsatzleiterin der Polizei Bramsche berichtet. Ihren Angaben zufolge soll Gustav Eggerking bereits „60 weitere gebuchte“ Veranstaltungen für das Jahr 2006 angekündigt haben.
Parallel zur Neonazi-Feier in Bad Essen besuchten führende niedersächsische NPD-Anhänger die Jahresabschlussfeier des nationalpatriotischen Bündnisses unter der Leitung von Hans-Gerd Wiechmann in Reppenstedt bei Lüneburg. Dort begrüßten sie „hocherfreut“ nicht nur den stellvertretenden Landesvorsitzenden der NPD, Adolf Dammann, „nebst Gattin“, sondern auch Gäste aus Dresden. NPD-Bundesvorstandsmitglied Frank Rohleder und Fraktionsgeschäftsführer Peter Marx waren angereist, wohl auch um dem niedersächsischen NPD-Landesverband im Hinblick auf die anstehenden Kommunalwahlen die Leviten zu lesen. Uneinigkeit und Streitereien prägen das rechtsextreme Lager in Norddeutschland. So blieb die Zahl der Gäste weit unter den erwarteten und auch der führende Lüneburger Funktionär Manfred Börm, NPD-Bundesvorstandsmitglied, war nicht erschienen.
Die Auseinandersetzungen innerhalb der niedersächsischen Neonazi-Szene, ausgelöst durch das von der Landes-NPD verfügte Auftrittsverbot von Dieter Riefling, zusätzlich angeheizt durch die kritische Linie der Bremer NPD, verstärken sich zur Zeit sichtbar. So war es auch kaum verwunderlich, dass Pächter Eggerking für seine „nationale Silvesterfeier“ im Parkhotel in Bad Essen mit dem vorbestraften NPD-Barden Frank Rennicke nur etwa 50 Anhänger, überwiegend aus dem regionalen Spektrum, Minden, Herford und Stade, begeistern konnte. Über 100 aufgebrachte Bürger und junge Antifaschisten demonstrierten friedlich gegen den braunen Spuk. Doppelt enttäuschend für den rührigen Unternehmensberater, denn aufgrund der Gefahrenlage konnte die Kommune auch noch ein Auftrittsverbot für Frank Rennicke durchsetzen. Dabei hatte Gustav Eggerking prominenten juristischen Beistand: die Rechtsanwälte Gisa Pahl und Jürgen Rieger.