Braune Verschwörungstheorien

Antisemitische Hetzschrift wittert „jüdische Lobby“ hinter den NSU-Verbrechen.

Dienstag, 20. Oktober 2015
Anton Maegerle

Um den rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrund“ NSU ranken sich in rechtsextremen Kreisen die wildesten Verschwörungstheorien. Die antisemitische Hetzschrift „Phoenix“ aus Österreich hat dazu eine neue Variante beigesteuert.

In der aktuellen Ausgabe der Zweimonatszeitschrift „Phoenix“ (Untertitel: „... dem deutschen Volk verpflichtet!“) aus Sibratsgfäll in Vorarlberg im Bezirk Bregenz ist ein mehrseitiger, namentlich nicht gekennzeichneter Artikel mit der Überschrift „Staatsterror unter falscher Flagge“ erschienen. Darin heißt es, dass die Verbrechen des NSU von der „jüdischen Lobby auch deshalb benötigt“ würden, „damit die Deutschen weiterhin blind vor der Wahrheit gehalten werden können“. Weiter ist zu lesen: „Es geht nur darum, ein Schreckensbild des Nationalen zu erzeugen. Und da ist jedes Mittel recht. So wie Israel die islamistische Mordorganisation IS finanziert und mit Waffen ausrüstet ..., so bauten die zionistischen Organisationen Ausländer-Mörder unter dem Schutz des deutschen Geheimdienstes auf.“

Für den unbekannten „Phoenix“-Schreiberling hat sich der „Verdacht erhärtet“, dass das „BRD-System mit den so genannten NSU-Massenmorden die Menschen an einem nationalen Erwachen hindern und gleichzeitig von seinen eigenen Untaten am Volk (Multikultur-Elend und Euro-Tribut) ablenken will“.

Die extrem antisemitisch und fremdenfeindliche Zeitschrift „Phoenix“, die geprägt ist von Solidaritätsbekundungen mit Holocaust-Leugnern und NS-Apologie, erscheint seit dem Jahr 1996. Die sechs Ausgaben pro Jahr im teuren Farbdruck kosten 48 Euro im Abonnement. Leserbriefschreiber finden sich sowohl aus dem deutschsprachigen Raum als auch immer wieder aus den USA, Kanada, Australien, England, Finnland und Mexiko.

„Von Freund und Feind geschätzte Waffen-SS“

Der 91-jährige Herbert Bellschan von Mildenburg gibt in der aktuellen „Phoenix“-Ausgabe kund, dass die Waffen-SS „von Freund und Feind geschätzt und geachtet“ wurde und „gegen den Bolschewismus kämpfte“. Der gebürtige Klagenfurter (Jg. 1924) kehrte vor wenigen Jahren aus seiner Wahlheimat Paraguay nach Österreich zurück. Mildenburg war einst in der Hitler-Jugend (HJ) aktiv und rückte im Januar 1942 freiwillig zur Waffen-SS ein. Seine Beförderungsurkunde zum SS-Untersturmführer, ausgestellt von Reichsführer-SS Heinrich Himmler, besitzt Mildenburg angeblich noch heute im Original. Zum Prozess gegen den Holocaust-Leugner Ernst Zündel 2005 in Mannheim war Mildenburg eigens aus Paraguay angereist. Im September 2012 trat er als Festredner beim ewiggestrigen Ulrichsbergtreffen bei Klagenfurt (Kärnten) auf.

Herausgeber, Verleger, Medieninhaber, Hersteller und Schriftleiter von „Phoenix“ ist der knasterfahrene österreichische Holocaust-Leugner Walter Ochensberger (Jg. 1942). Ochensberger wirkt seit 1983 als Journalist und Herausgeber rechtsextremer Schriften. Er ist rechtskräftig wegen „nationalsozialistischer Wiederbetätigung“ verurteilt.

1980 hatte Ochensberger gemeinsam mit einem Gleichgesinnten ein Handbuch für militante Rechtsextremisten  veröffentlicht, in dem Fragen der Zellenbildung, der Beschaffung und  Einlagerung von Waffen, der Herstellung illegaler Schriften bis hin zur  Kampfführung und Sabotage dargestellt wurden.

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