Braune „Querdenker-Impulse“

Ein Blick in aktuelle Ausgaben des „Ludendorffer“-Organs „Mensch und Maß“.

Donnerstag, 02. Juli 2015
Magnus Bosch

Die ehemaligen deutschen Ostgebiete haben es Ingo Henn angetan. „Heute wird jeder belächelt, der es für möglich hält, dass die Deutschen Ostgebiete in der Geschichte unseres Landes nochmals eine Rolle spielen können“, schreibt Henn bedauernd in der „Ludendorffer“-Zeitschrift „Mensch und Maß“ (1/2015).

„Aber was wäre denn beispielsweise“, fragt der Autor“, „wenn Deutschland in 10 Jahren eine gewaltige Rezession erleben würde, nicht mehr Exportweltmeister oder Vizeweltmeister wäre und die 80 Millionen Deutschen ihren Hunger nicht mehr durch importierte Bananen und argentinische Steaks stillen könnten. Vielleicht würde man sich ja plötzlich daran erinnern, dass Deutschland einst eine Kornkammer hatte, die völkerrechtlich immer noch unter Deutscher Territorialsouveränität steht.“ Für Henn steht fest: „Man sollte das Thema ,Deutsche Ostgebiete' auch in Zukunft thematisieren, um es im kollektiven Gedächtnis lebendig zu erhalten.“

Doch nicht nur derart revanchistische Passagen sind zu finden, wenn man aktuelle Ausgaben des „Ludendorffer“-Organs durchblättert, das monatlich im Verlag Hohe Warte im oberbayerischen Pähl erscheint.

„Menschenrechte- und Rassismus-Klimbim“

So gibt Wolfgang R. Grunwald Anregungen, die er als „Querdenker-Impuls“ bezeichnet. Das hört sich dann so an: „Marxisten und Liberalisten arbeiten seit mindestens 100 Jahren an der Zersetzung der Völker und Nationen – durch Krieg, Zerstörung der Werte, Schuldgefühl-Gesäusel und Flutung mit Kulturfremden.“ Er appelliert an die Leser, „sich nicht von dem Menschenrechte- und Rassismus-Klimbim und ,Globalen-Dorf'-Geschwafel blenden“ zu lassen. Es existiere „nur im Psychowaffen-Arsenal des Gegners“ (1/2015). Grunwald ist kein Unbekanner im rechten Spektrum. Im Januar sprach der Buchautor bei einem Pegida-Ableger im Schwarzwald, im Frühjahr anlässlich der Ostertagung der „Ludendorffer“ im niedersächsischen Dorfmark.

Einschlägig in Erscheinung getreten ist bereits auch Alois Mitterer aus Wielenbach bei Pähl. So war er etwa Autor in der neonazistischen Zeitschrift „Volk in Bewegung“. 2007 veröffentlichte er im Grabert-Verlag das Buch „Wende zur Wiedergeburt“. 2014 ventilierte er in einem Rundbrief Rassistisches: „Die Verschiedenartigkeit des Blutes und des Seelenerbes der Völker und Rassen, die sich in der Vielzahl der Menschheitskulturen und in deren unterschiedlichen Menschenrechten widerspiegelt, wird geleugnet.“

In „Mensch und Maß“ (2/2015) zitiert Mitterer Mathilde Ludendorff, Begründerin der völkischen Bewegung der „Deutschen Gotterkenntnis“, mit den Worten: „Ist in einem Volk die Volksseele erst verschüttet, ist es durch Blutsmischung und Fremdlehre entwurzelt, so flattert es bald in lauter unzusammengehörige Einzelseelen auseinander, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben.“ Mitterer fragt: „Müssen wir unsere Umerziehung nach der Katastrophe von 1945 als eine ,Fremdlehre' in diesem Sinn verstehen?“

„Durchmischung, Angleichung, Auflösung“

Elke und Dr. Gundolf Fuchs kommen in dem Heft, das im 55. Jahr erscheint, ebenfalls zu Wort. Sie bedauern: „Ein Hoffnungsträger entschwindet“. Sie meinen damit Nigel Farage von der EU-kritischen und rechtspopulistischen UK Independence Party (UKIP). „Aus seinen Theorien spricht Hass gegen Deutschland“, beklagen die beiden.

Zur Feder greift auch Sigrun Poschenrieder. Sie sinniert in der Ausgabe 3/2015 über die multikulturelle Gesellschaft und wettert dabei gegen „Durchmischung, Angleichung, Auflösung“. Pegida-freundliche Bemerkungen enthält die Zeitschrift auch: „Die Volksseele erwacht und schreitet friedlich und unbeirrt in der Todesnot des Volkes ihren Weg“, schreibt ein ungenannter Autor (2/2015).

Verschwörungstheoretisches ist dem Blättchen ebenfalls zu entnehmen. Zum Beispiel ein ins Deutsche übersetzter Artikel des Musikers und umstrittenen, Israel-kritischen Autors Gilad Atzmon. Dieser spekuliert, dass es sich beim Pariser Attentat auf die Satire-Zeitung „Charlie Hebdo“ um eine „False Flag Operation“ gehandelt haben könnte (5/2015). Autor in „Mensch und Maß“ ist auch der in der rechtsextremen Landschaft bekannte Österreicher Richard Melisch. Er schwadroniert über „Albions Sündenregister“ (1/2015) und lässt sich über das Thema „Die USA – ein Garant für Frieden und Demokratie?“ aus (3 und 4/2015).

Im Frühjahr hatte der in Tutzing am Starnberger See ansässige „Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff)“ bei seiner Ostertagung in Dorfmark erstmals auf sein Tagungshotel verzichten müssen. Ihre Veranstaltung konnten die Völkischen trotzdem in dem Örtchen abhalten. (bnr.de berichtete

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