Braune Judenhasser
Die Polizei hat zwischen Weihnachten und Silvester zwei Rechtsextremisten der Neonazi-Gruppe „Syndikat 52“ (S52) gefasst, die im Verdacht stehen, den jüdischen Friedhof in Geilenkirchen im Kreis Heinsberg geschändet zu haben.
Die Kleinstadt Geilenkirchen liegt im Westen von Nordrhein-Westfalen im Kreis Heinsberg. Am frühen Morgen des 30. Dezember waren auf dem jüdischen Friedhof gegen 3.00 Uhr mehr als 40 Grabsteine umgeworfen und teilweise mit blauer Farbe besprüht worden. Die gesprühten Symbole glichen teils unfertigen Hakenkreuzen. Zufällig hatte laut Polizei ein Zeuge die zwei mit Sturmhauben vermummten und dunkel gekleideten Personen bei der Tat beobachtet. Während ihre Fahndung griffen die Beamten in unmittelbarer Tatortnähe zwei Verdächtige auf und fanden bei diesen Sturmhauben und Spraydosen mit blauer Farbe.
S52-Aufkleber auch in Gangelt entdeckt
Beide Tatverdächtigen im Alter von 21 und 33 Jahren stammen aus Gangelt (Kreis Heinsberg) und waren der Polizei als Rechtsextremisten schon bekannt. Nach Recherchen von bnr.de steht ein Verdächtiger „Syndikat 52“ (S52) nahe, der andere tritt seit längerem erkennbar als Aktivist von S52 öffentlich in Erscheinung. Nicht nur das, sondern auch ein Zusammenhang mit der an Geilenkirchen angrenzenden Gemeinde lässt die Ermittler aufhorchen.
Erst Mitte Juli 2019 waren auf dem abgelegenen jüdischen Friedhof in Gangelt fast 30 Grabsteine umgestoßen, zerstört oder beschmiert worden. Neben zahlreichen Hakenkreuzen in roter und silberner Farbe wurden in Rot auch eine Art Kreuz aus der esoterischen Szene, ein Anarchie-A sowie zweimal Hammer und Sichel gesprüht. Hinweise auf den oder die Täter lagen zunächst nicht vor. Rund 650 Meter vom Tatort entfernt waren in Gangelt seinerzeit aber auch silbern gesprühte Hakenkreuze und ältere Aufkleber von S52 entdeckt worden.
Für die FDP zum Gemeinderat kandidiert
Als zwei Neonazis von S52 im Mai 2019 in Aachen vermeintliche politische Gegner mit einem Messer bedroht hatten, stammte ein seinerzeit 20 Jahre alter Heranwachsender aus Gangelt. (bnr.de berichtete) 2014 hatte ein Mann, der sich zuvor im Umfeld der verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) bewegte, bei den Kommunalwahlen zum Gemeinderat in einem der Wahlbezirke in Gangelt für die FDP kandidiert.
Derselbe Mann geriet 2017 in die Schlagzeilen, weil er an einem Aufmarsch zu Ehren des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß im Berliner Umland teilnahm. Die FDP-Verantwortlichen im Kreisgebiet waren völlig entsetzt über dessen neuerliche Hinwendung zur Neonazi-Szene und leiteten sofort ein Ausschlussverfahren ein. Bis heute nimmt der unterdessen 33 Jahre alte Neonazi regelmäßig wieder an Aufmärschen teil und ist aktiv bei S52 sowie im Umfeld der Partei „Die Rechte“ (DR). Nach bnr.de-Recherchen ist der Mann einer der beiden in Geilenkirchen durch die Polizei gefassten Tatverdächtigen.
Offen judenfeindliche Parolen
Im Frühjahr 2019 hatte S52 Beiträge in den sozialen Medien veröffentlicht, wonach eigene Mitglieder im Rahmen des „Die Rechte“-Europawahlkampfs Mitte März 2019 unmittelbar an der Synagoge und am Synagogenplatz in Aachen Flyer für die verurteilte und inhaftierte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel verteilt sowie israelfeindliche Aufkleber verklebt hätten. Obschon diese Aktion in der Realität erheblich kleiner ausgefallen war, als es virtuell dargestellt wurde durch die Neonazis, sorgte die Provokation für erhebliche Irritationen bei Polizei, Behörden, Zivilgesellschaft und bei der jüdischen Gemeinde.
Im DR-Wahlkampf waren dann in der Region Plakate aufgehängt worden mit der an die NS-Parole „Die Juden sind unser Unglück!“ erinnernden Losung „Israel ist unser Unglück!“ Trauten sich die Neonazis in Aachen nicht mehr, im Umfeld der jüdischen Gemeinde oder eines jüdischen Friedhofes zu plakatieren, wurden Plakate der DR im Kreis Heinsberg provokativ in Hückelhoven am Schalom-Park und in Heinsberg-Stadt an der abgelegenen Straße „An der Judengasse“ aufgehängt.
Hass auf Juden ist ein tragendes Element bei den zuweilen noch minderjährigen Vertretern von S52, die sich zugleich auch für die DR oder in deren Umfeld engagieren. In der Gemeinde Niederzier im Kreis Düren kam es in den ersten Monaten des Jahres 2019 zu massiven Schmierereien, Sprüh- und Aufkleberaktionen durch Neonazis. Neben Hakenkreuzen und geschmierten Hakenkreuz-Fahnen, durchgestrichenen Davidsternen („Judensternen“) wurden zudem Losungen hinterlassen, die die NSDAP glorifizierten und das Ende des Verbotes der NSDAP forderten. Hinzu kamen offen judenfeindliche Parolen („Boykott den Juden“).