Braune Brauchtumsfeier in Jamel
Auch in diesem Jahr hat die „Dorfgemeinschaft Jamel“ wieder zum rechten Maitanz eingeladen. Trotz der regen Beteiligung von bis zu 200 Neonazis aus dem gesamten norddeutschen Raum wollte keine fröhliche Tanzstimmung aufkommen.
Bereits Tage zuvor bereitete die rechte Dorfgemeinschaft rund um den mehrfach verurteilten Neonazi Sven Krüger das Fest zur Walpurgisnacht am 30. April vor. Es wurden neue Unterstände gebaut, Festzelte aufgestellt sowie der mehrere Meter hohe Maibaum von seiner Rinde befreit. Das gesamte Dorf war erneut mit Girlanden geschmückt und der öffentliche Platz in der Dorfmitte für die parkenden Autos der Neonazis hergerichtet. Eingeläutet wurde der Festnachmittag dann von Regen, sodass sich das Tagesprogramm ein wenig in die Abendstunden verschob.
Nur nach und nach trudelten über den Nachmittag verteilt bis zu 200 Neonazis aus dem norddeutschen Raum im Dorf ein. Unter ihnen waren Kader wie David Petereit, Alf Börm oder der Wismarer NPDler Rainer Schütt. Auch Mitglieder des „Freundeskreis Thinghauses“, der Kameradschaft „Dreiländer Jungs“, des „Kameradschaftsbunds Anklam“ und Personen aus dem Umfeld der „Hammerskins“ wollten sich das Spektakel nicht entgehen lassen. Zu Fuß machte sich auch einige Anwohner aus dem Nachbarort Gressow auf den Weg, um ebenfalls an dem Tanz in den Mai mit Maibaumaufstellung teilzunehmen.
Maibaumaufstellung und Volkstänze
Nachdem der Regen abflaute, konnte das Fest endlich beginnen. Die Zeremonie begann mit dem Aufstellen des Maibaumes, der vom Grundstück Tino Streifs zum Festplatz auf dem Grundstück von Sven Krüger getragen wurde. Mit einer Selbstverständlichkeit wurde dafür die öffentliche Straße genutzt. Gemäß dem Volksbrauch trugen die Männer den Stamm, das Symbol der Männlichkeit, und die Frauen den geschmückten Kranz, Symbol für die Weiblichkeit, des Maibaumes. Mit Eisenstangen hievten sie ihn hoch und ernteten dafür Applaus. Das kulturelle Programm setzte sich dann mit Demonstration einiger Volkstänze fort.
Die Zuschauer wurden nach der ersten Runde animiert, mitzumachen. Die Volkstänzer waren mit Gesang und Klatschen bemüht, eine fröhliche Feststimmung aufkommen zu lassen. Doch so richtig ließ sich die Masse nicht mitreißen. Obwohl der Jameler und Festbedarfsverleiher Steffen Meinecke anwesend war, gab es für die Kinderbespaßung weder eine opulente Hüpfburg noch stundenlanges Treckerfahren. Der Nachmittag wirkte eher steif und angespannt.
Polizeilicher Strategiewechsel
Grund für die verhaltene Stimmung war wohl nicht allein das Wetter. Nachdem es 2017 während des Maitanzes in Jamel zu einer drohenden Auseinandersetzung zwischen Neonazis und Polizeikräften kam, fand in diesem Jahr ein polizeilicher Strategiewechsel statt. Die umfangreichen Anfahrtskontrollen waren aufgrund der örtlichen, neuen Aufstellung wesentlich geordneter und bestimmender. Auch waren mehr Einsatzkräfte vor Ort. Vor allem wurden nicht nur die Personalien kontrolliert, sondern auch die Autos nach illegalen Gegenständen oder Musikinstrumenten durchsucht.
Die Kontrollen fanden nicht, wie es in der Vergangenheit üblich war, vor dem Ortseingangsschild von Jamel oder gar dem Nachbarort Gressow statt, sondern die Einsatzkräfte waren bis in die Dorfmitte platziert. Während die Männer und Frauen den Maibaum auf der öffentlichen Straße zum Festplatz trugen, wurden das gesamte völkisch, nationale Brauchtumsgeschehen kritisch von der Polizei begutachtet.
Rückzug der Zivilgesellschaft
Mit Ausnahme der Eheleute Birgit und Horst Lohmeyer, die alljährlich mit ihrem Forstrock-Festival dem braunen Treiben im Ort die Stirn bieten, hat sich die Zivilgesellschaft nun vollends aus Jamel zurückgezogen. Aktionen des Bündnisses „Wir durchqueren Jamel“ fanden in dieses Mal anlässlich des 1.Mai nicht statt. Im vergangenen Jahr hatten unter anderem Gägelows Bürgermeister Uwe Wandel und seine Stellvertreterin Simone Oldenburg, Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, Obstbäume für mehr Demokratie im Ort gepflanzt. Regelmäßig machten die Neonazis aus den Demokratie-Veranstaltungen eine Farce, mit der kein wirksamer Umgang gefunden wurde. Kritik erntete die Baumpflanzaktion vor allem, nachdem es bei der Veranstaltung an einer klaren Abgrenzung und Ausschluss der rechten Szene fehlte. Mal wieder war am Tag vor dem 1. Mai das Dorf Jamel durch die Neonazis in eine No-Go-Area verwandelt worden. Lediglich die Polizei hatte als letztes Zeichen eines demokratischen Systems Wirkung auf die rechte Brauchtumsfeier.