Brandenburg: Über 100 rassistische Attacken
Der Verein Opferperspektive vermeldet 130 rechte Angriffe Brandenburg. Der leichte Rückgang gibt jedoch keinen Grund zur Entwarnung.
In Brandenburg ist im vergangenen Jahr die Anzahl rechter Gewalttaten leicht zurückgegangen. Das geht aus einem von der Beratungsstelle "Opferperspektive" heute vorgestellten Rückblick hervor. Demnach kam es 2020 insgesamt zu 130 rechten Angriffen im Bundesland, was einen Rückgang von 12 Fällen im Vergleich zum Vorjahr ausmacht. Betroffen waren 373 Menschen, darunter 26 Kinder und 72 Jugendliche. Auffällig ist ein Anstieg der Angriffe auf Frauen, die 26 Prozent der Betroffenen ausmachen. In den Vorjahren waren dies 18 (2019) bzw. 19 Prozent (2018).
Die Beratungsstelle erklärt dazu, dass der Rückgang der Fallzahlen möglicherweise durch die Kontaktbeschränkungen im Zuge der Pandemiebekämpfung im vergangenen Jahr zu erklären ist, weist aber auch darauf hin, dass ihre Arbeit durch die Maßnahmen deutlich erschwert wurde und sie deswegen womöglich von weniger Fällen erfuhr. Langfristig gesehen bleiben die Fallzahlen auf einem hohen Niveau, verglichen mit dem Zeitraum zwischen 2008 und 2014, fallen aber geringer aus als in den Zeiträumen rassistischer Mobilisierungen gegen Geflüchtete zwischen 2015/2016, in deren Verlauf die Angriffszahlen ein Rekordhoch erreichten.
Hauptmotiv Rassismus
Wie im Nachbarland Berlin ist Rassismus das Hauptmotiv bei den Attacken mit 101 Fällen, was 78 Prozent der Taten ausmacht. Schwerpunkte rechter Gewalt sind die Uckermark um Prenzlau (18 Vorfälle), die Landeshauptstadt Potsdam (15 Taten) sowie Cottbus im Süden Brandenburgs (12 Angriffe).
Traurige Höhepunkte stellten im vergangenen Jahr ein rassistisch motivierter Brandanschlag auf die Privatwohnung eines Mannes mit Fluchthintergrund in Wittstock/Dosse im Juli sowie zwei versuchte Tötungsdelikte am 22. Mai in Guben dar, wo die Täter versuchten, Geflüchtete mit ihrem Auto zu überfahren.
Kein Grund zur Entwarnung
Die Opferperspektive erklärt, mehrere der besonders brutalen rassistische Angriffe wurden von "aus den 1990er und frühen 2000er Jahren bekannte recht Täter gemeinsam mit ihren Söhnen" verübt. Offenbar werden Gewaltbereitschaft und Rassismus in bestimmten Milieus tradiert, weswegen davon ausgegangen werden müsse, dass diese Prägung auch in Zukunft nachwirken wird.
Zudem belegen bekannt gewordene Vorbereitungshandlungen für rechtsterroristische Straftaten durch Neonazis der angeblich aufgelösten "Freie Kräfte Prignitz", die Anschläge auf die muslimische Gemeinde in Wittenberge sowie auf migrantische Gewerbetreibende planten, dass es keinen Grund zur Entwarnung gibt.
Der Verein kritisiert auch eine mangelhafte juristische Aufarbeitung rechter Gewalt in Südbrandenburg. Betroffenen vermittle die "Unfähigkeit, rassistischer Gewalt auf juristischer Ebene zu begegnen" ein Signal, dass der Staat sie nicht schütze. Der Rückgang der Vorfälle in diese Region könne insofern auch darauf zurückzuführen sein, "dass desillusionierte Betroffene rechter und rassistischer Gewalt mittlerweile von Anzeigen absehen."