Hannes Ostendorf

Bewegungsunternehmer im Widerstand

Seit Längerem gelingt es dem früheren Sänger der rechtsextremen Hooligan-Band „Kategorie C“, unternehmerische und politische Interessen zu verknüpfen. In seinem neuen Song kooperiert er mit einem Rechtsextremisten, der die Neonazi-Kultband „Stahlgewitter“ mit gründete.

Donnerstag, 10. Februar 2022
Michael Klarmann
Rechtsrock-CDs, u.a. von "Kategorie C"
Rechtsrock-CDs, u.a. von "Kategorie C"

Der neue Song von Hannes Ostendorf, der nun als „Hannes“ oder „Hannes solo“ firmiert, nennt sich „Steh auf“ und wird via Telegram-Kanal als „motivierende Begleitmusik für den Bürgerprotest, der sich jeden Montag in ganz Deutschland in Form von Spaziergängen manifestiert“ angepriesen. Ostendorf , der in Lilienthal im Bremer Umland lebt, und Frank Kraemer aus dem Rhein-Sieg-Kreis, liefern dabei im Duett einen Soundtrack ab, der die „Spaziergänger“ gegen die Corona-Schutzmaßnahmen bestärken und eine Art Hymne für sie darstellen soll.

Kraemer ist überdies als Autor und mit seinem Medien- und Strategieprojekt „Der dritte Blickwinkel“ präsent. Er hat 1995 „Stahlgewitter“, eine Kultband der Neonazi-Szene, mit gegründet, ist überdies vernetzt in der Kraft- und Kampfsportszene und betreibt im Bonner Umland einen Versandhandel für Literatur, Musik und Nahrungsergänzungsmittel. Unterstützt werden beide von dem Rapper Toni Tano. „Steh auf“ verbindet so drei politische beziehungsweise musikalische Stränge unterschiedlicher Szenen, die derzeit auf die „Spaziergänger“ einwirken oder diese zusätzlich radikalisieren und politisieren wollen.

„Bindeglied“ zwischen radikalisierten Szenen

Vor Jahren schon haben Verfassungsschutzämter KC als „Bindeglied“ eingestuft zwischen der Hooligan-Szene und dem Rechtsextremis­mus. Später attestierte man der Band ähnliches in Sachen Rocker-Szene. Zuerst spielten KC, deren Mitglieder sporadisch wechselten und als deren Kopf Ostendorf firmierte, „unpolitische“ Songs aus dem Bereich Fußball und Gewalt. Gleichwohl trug die Band indirekt auch eine rechte Politisierung auf die Ränge und in die Fankurven hinein. Besonders deutlich wurde das, als KC vor einigen Jahre den „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) einen gleichnamigen Soundtrack schrieb, der fortan als eine art inoffizielle Hymne der Bewegung firmierte.

Aktuell unter dem Label „KC die Firma“ haben die Band respektive nun Ostendorf Tonträger und Merchandise über Jahre in Eigenregie vermarktet. Angeboten wurden in einem entsprechenden Online-Shop sporadisch auch Utensilien von und für die Bewegungen. Der Markt expandiert scheinbar und über den Versandhandel wird nun auch eine in den Reichsfarben gestaltete Flagge angeboten mit der Aufschrift „Impfzwang Nein Danke“. Während frühere KC-Musiker sich zurückgezogen haben oder in anderen Musikprojekten aktiv sind, hält „Hannes solo“ den KC-Laden am brummen.

Widerstandshymnen gegen den demokratischen Rechtsstaat

Schon im April 2020, wenige Wochen nach dem Beginn des ersten Lockdown und der Pandemie, veröffentlicht Ostendorf mit anderen Musikern der Szene ein  „Corona-Lied“, in dem der demokratischen Rechtsstaat als Diktatur darstellt wird. Auch hierbei kooperierten schon Rechtsrocker und ein Rapper, erreichten aber noch keine Breitenwirkung. Im Herbst 2020 gab es Pläne, eine Art Neuauflage von HoGeSa im Umfeld der „Querdenken“-Proteste zu initiieren. In Düsseldorf gelang dies zwar nicht wirklich, gleichwohl war Ostendorf anwesend und KC-Utensilien wurden gratis ausgelegt.

Vor rund zehn Monaten hatte Ostendorf angekündigt, KC werde nach der offiziellen Auflösung wieder aktiv sein. Auch wenn seitdem Hinweise auf „Balladenabende“ kursierten, überwiegend trat nur Ostendorf in die Öffentlichkeit, wahlweise als „Hannes“ von KC oder „Hannes solo“. Nachdem der Sänger bei dem Bewegungs-Projekt „Die Konferenz“ rund um Xavier Naidoo mitwirkte und man gemeinsam eine neue Querdenken-Hymne schuf, kooperierten beide vor wenigen Monaten bei einem Song gegen das Impfen. Die „Bindeglied“-Funktion zwischen Hooligans, Rechtsextremisten und Rockern wurde im Begleitvideo sichtbar.

Bewegungsunternehmer als Berufsfeld

Hatte der Verschwörungsideologe Naidoo zuvor schon bei den „Rapbellions“ mitgewirkt, wirkten bei „Deutschland krempelt die Ärmel hoch“ erneut zwei Sänger aus diesem Spektrum mit, darunter auch der „Querdenken“-Rapper Toni Tano. Er hat nun mit Ostendorf und Kraemer auch bei „Steh auf“ seinen Gesangpart beigesteuert. Ostendorf selbst gelingt es so immer wieder, durch Kooperationen auch Menschen anzusprechen, die er vorher mit KC, mit dem rechtsextremen Bandprojekt „Nahkampf“ oder als Solist seltener erreichen kann. Die musikalische Stimme der Bewegungen, die weiterhin politische Botschaften und den Appell zum Widerstand verbreitet, und der Bewegungsunternehmer verschwimmen dabei.

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