AfD Bayern
Bayerisches Landtagspräsidium: Fragwürdige Posts einer AfD-Kandidatin
Am Dienstag stellt die AfD-Fraktion im bayerischen Landtag mit Ramona Storm erstmalig eine Frau als Kandidatin für den vakanten Posten im Präsidium auf. Veröffentlichungen auf ihrer Facebook-Seite zeigen die extreme Seite der Abgeordneten, beginnend mit krudem Rassismus, Islamfeindlichkeit bis hin zu Reichsbürger-Inhalten und Nähe zu Shoahleugnern.
Frauen in der extremen Rechten werden in ihrer Radikalität oft unterschätzt. Das dürfte auch auf die drei Frauen in der bayerischen AfD-Landtagsfraktion zutreffen. Im Januar porträtierte die Bayerische Staatszeitung (BSZ) Ramona Storm noch als „die Undogmatische“. Sie sei die erste Abgeordnete, die in der ehemaligen DDR geboren sei. In die Politik gebracht habe sie angeblich die Sorge um die Absicherung älterer Menschen. Einigen Raum nimmt auch die Formulierung ein, die Storm nach ihrer Wahl in die Schlagzeilen brachte, als sie sich Medien gegenüber bei der Gestalt der Erde nicht festlegen wolle. Vom Flugzeug aus sehe sie flach aus, war zu lesen. Das sei „Ironie“ gewesen, so die Krankenschwester im Ruhestand, die über die unterfränkische Liste der AfD in den Landtag einzog, bislang eine Rede hielt und von der Fraktion zur Sprecherin für die „Aufarbeitung des Corona-Diktats“ ernannt wurde.
Sie sei nicht so, wie man sich eine Rechtspopulistin vorstelle, schrieb die BSZ. Im Gespräch sei kein überdrehtes oder schrilles nationalistisches Pathos festzustellen gewesen oder sprachliche Geschmacklosigkeiten gegenüber Migranten. Lediglich ihre Ablehnung des Islams kam zur Sprache, wohlgemerkt ohne den oft bei geübten Islamgegnern gemachten Zusatz „politischer“. Sie sei überzeugt, langfristig würden „die Muslime die Islamisierung der gesamten Welt“ anstreben. Das wisse sie, habe sie doch bei ihrer inzwischen geschiedenen Ehe mit einem Türken einen Koran geschenkt bekommen und gelesen. Von dieser Einstellung zeugen auch frühere Posts des mittlerweile verstorbenen Islamhassers Michael Mannheimer (bürgerlich Karl-Michael Merkle), die noch heute auf ihrem Facebook-Profil zu finden sind.
Fake News auf Facebook
Auch die Aussage von den fehlenden sprachlichen Geschmacklosigkeiten gegenüber Migranten ist keinesfalls mit ihren Facebook-Posts in Einklang zu bringen. Ihr erfolgreichster Beitrag stammt vom 7. August 2023, wurde über 2.850 Mal geteilt und zog über tausend Kommentare nach sich. Das offenbar aus dem Netz heruntergeladene Video beginnt mit einer Falschnachricht aus Pforzheim, wonach der zu Wort kommende Sprecher wissen wolle, dass Muslime mit Hilfe von Drohungen eine angeblich zuvor verbotene Demonstration erzwungen hätten, Szenarien, wie sie bei den Corona-Leugnern immer wieder vorkamen.
Die Stadt hatte dazu aber bereits drei Tage vor dem Post von Storm Stellung bezogen und die Gerüchte als falsch zurückgewiesen. Es handelte sich laut Stadt um eine ordnungsgemäß angezeigte und friedlich verlaufene religiöse Prozession von Aleviten und Schiiten, die deshalb hauptsächlich in schwarz erschienen. Für ein Verbot hätte es zu keinem Zeitpunkt einen Anlass gegeben. Das Video endet mit einer Szene einer "Planet der Affen"-Verfilmungen, über die eine rassistische Botschaft gelegt wird. Ein Schimpanse flüstert in der Bearbeitung seinem menschlichen Gegenüber die Worte „Ich bin jetzt Deutscher“ ins Ohr.
„Volkstod“-Narrativ
Als „sehr sehenswert“ empfahl sie am 11. August einen Videobeitrag des Kanals „MarkMobil“. Wer hinter dem Namen Reisetipps vermutet, geht komplett fehl. Lediglich die Anmoderation und der Upload passiert aus unterschiedlichen Orten, ansonsten verbreitet der Kanal hinter der harmlosen Fassade Propaganda von Trump und Putin, unter Einschluss rassistischer Narrative. Die von Storm empfohlene Folge startet dann auch mit „Nachrichten“ zum Migrationsthema. Auf den Titel der Folge mit dem bezeichnenden Namen „Der Ausrottungtrick“ wird dann nach gut sieben Minuten Bezug genommen. Über ein „böswillig unterwandertes Schulsystem“ würde den jungen Deutschen eine angebliche Unterscheidung nach „gut oder böse“ anhand seiner Haltung „für oder gegen Ausländer“ beigebracht. „Tatsächlich wird das deutsche Volk ausgerottet“, tönt es dann aus dem Off und als „Beleg“ werden Zahlen der Bevölkerungsanteile mit Migrationshintergrund in Deutschland, Österreich und der Schweiz eingeblendet. Der Beitrag reproduziert so nichts anderes als das neonazistische „Volkstod“-Narrativ, das einen Angriff auf Menschenwürde und Demokratieprinzip darstellt.
Warnung vor „nicht westlichen Migranten“
Storm teilte auch eine Kachel des „Deutschlandkuriers“ mit einer Aussage des Franzosen Renaud Camus, der als Erfinder der rassistischen wie mörderischen Verschwörungserzählung „Der Große Austausch“ gilt, die vor allem die Identitäre Bewegung verbreitete und auf die sich etwa der Attentäter von Christchurch bezog. Storm teilte zudem das „Manifest“ aus Kandel, in dem von „unüberwindlichen kulturellen Unterschieden zwischen Europäern und nicht westlichen Migranten“ die Rede ist und besonders Kinder und Jugendliche vor dieser Gruppe gewarnt werden sollten.
Aus welchen ideologischen Szenen Storm kommt und trotzdem bis zur AfD-Landtagsabgeordneten und Kandidatin für das Präsidium aufsteigen konnte, zeigen eine Reihe von früheren Veröffentlichungen. Storm trat laut Webseite des Landtages 2018 der AfD bei. An dem, was die Politikerin auf ihrem Facebook-Profil geteilt hat, stört sich bislang offenbar niemand.
Deutschland ohne Schuld am Zweiten Weltkrieg?
Dort ist auch weiterhin ein Post aus dem Jahr 2015 zu lesen. „Der Holocaust ist die größte Lüge“, steht dort als Vorschau eines Artikels mit einer dem Holocaustleugner Gerard Menuhin zugeschriebenen Aussage. Der Zusatz im Artilkel, dass der Autor Jude sei, soll dem ganzen wohl mehr Glaubwürdigkeit verleihen. Storm teilte den Beitrag damals kommentarlos. Er stammt allerdings vom Verein „honestly concerned“, der sich gegen Antisemitismus einsetzt und unverdächtig ist, die Shaoh leugnen zu wollen.
Fragwürdig ist die Aufmachung allerdings in höchstem Maße. Der Link ist noch heute aktiv und bezeichnet die Leugnung der Shoah als vermeintlich „größte Lüge der Geschichte“. Deutschland trage keine Schuld am Zweiten Weltkrieg und Hitler habe als „einziger Staatsmann der Welt“ die Welt „vor der plutokratisch-jüdischen Gefahr“ bewahren wollen. Die nächste Verlinkung zu einer Seite „MZW-WIDERSTAND“ führt dann jedoch ins Nichts.
Mit welcher Motivation Storm den Beitrag geteilt hat, eher mit Blick auf die Aussage Menuhins oder im Sinne von „honestly concerned“, ist nicht bekannt. Allerdings gibt es weitere Einträge von einschlägigen Personen, wie etwa die des inzwischen verstorbenen Bloggers und Shoahleugners „Der Honigmann sagt“, allerdings mit einem anderen Thema.
Holocaustleugner Horst Mahler
Im April 2017 teilte die AfD-Politikerin – wieder kommentarlos – einen Blogbeitrag, der die Stellungnahme von Horst Mahler anlässlich eines erneuten Haftantritts wiedergibt und deshalb Sätze enthält wie „Das Buch zerstört die geistigen Wurzeln der Weltherrschaftsambitionen der Judenheit“ oder „wenn die von mir entwickelten Gedanken sich im allgemeinen Bewußtsein durchsetzen, das strafbewehrte Verbot der „Holocaust-Leugnung“ (§ 130 Abs. 3 StGB) nicht mehr zu halten“ sei.
Storm war schon vor Corona radikale Impfgegnerin und mit den von Querdenkern verbreiteten Narrativen vertraut. Gleich zwei Mal teilte sie im Juli 2015 bereits einen Artikel, wonach die Menschheit zwangsweise gechipt werden solle. Der Blog „Lupo Cattivo“, von dem Storm den Beitrag hatte, führt als Kategorien etwa „Rothschild“, „Rothschild Finanzsoldaten“ oder „D(e)ämonkratie“ und sieht neben Juden hauptsächlich Freimaurer am Werk.
Reichsbürger-Inhalte
Auch zu Reichsbürger-Themen gab es eine gewisse Affinität bei Storm. So teilte sie August 2016 einen Beitrag des früheren AfD-Bundestagskandidaten Franz-Josef Ferme, der den „faschistoiden und lebensgefährlichen Angriff auf den Besitz („Staat Ur“) von Adrian“ beklagte. Damit war der Polizeieinsatz gegen den früheren Reichsbürger Adrian Ursache gemeint, der dabei schwer verletzt wurde. Der Beitrag enthält auch Verlinkungen zu angeblich erklärenden Videos, weshalb „die BRD […] kein Staat“ sei.
Storm kannte auch lange vor den Razzien beim mutmaßlichen Kopf eines Umsturzversuchs, Heinrich XIII. Prinz Reuß und dessen Thesen. Mit dem Kommentar „Sehr interessant und wichtig zu wissen“ teilte sie im Februar 2019 ein Video von dessen Vortrag beim Worldwebforum 2019 in Zürich, wonach Juden in der Finanzwelt und freimaurerische Logen nicht nur das englische Königshaus kontrollieren würden, sondern auch den Ersten Weltkrieg, die Russische Revolution und den Sturz der deutschen Monarchien mit initiiert hätten.
„Wie die „BRD“ ihr „Personal“ verschaukelt
Aus der gleichen Ecke stammt wohl ein weiterer Post aus dem Januar 2017. Die Seite, die sie geteilt hat, trägt den bezeichnenden Namen „BRD-Schwindel“. Untertitel „Wie die „BRD“ ihr „Personal“ verschaukelt. Der Link führt mittlerweile ins Leere, in Webarchiven ist noch die Seitenleite zu sehen mit „schwarzen Sonnen“ und einem aus der NS-Szene bekannten Spruch „Opa war in Ordnung“, womit meist die NS-Kriegsverbrechen geleugnet werden sollen. Storm teilte einen Artikel, wonach „Rudolf Hess […] im britischen Regierungsauftrag ermordet“ worden sein soll, um die angebliche „Wahrheit über Hitler und das Deutsche Reich zu vertuschen“. Der Artikel ist nicht erhalten, bei Psiram findet sich jedoch ein Screenshot, in dem auf besagten Artikel Bezug genommen wird und der mit den bekannten „Friedensflieger“-Narrativen spielt, aber auch mit antisemitischen Rechtfertigungsversuchen für die mörderischen Aktionen der Nazis.
Den gleichen Artikel hatte bereits ihr Fraktionskollege Harald Meußgeier im Juli 2016 für teilenswert empfunden. Der war von seiner Fraktion am 30. Januar für das Landtagspräsidium vorgeschlagen worden, aber deutlich gescheitert, wie bisher alle Kandidierenden aus den Reihen der AfD.